Webers Konzerte der Reisejahre 1810 bis Anfang 1813

Der erste Jahrgang des von Weber nach der Ausweisung aus Württemberg am 26. Januar 1810 begonnenen kontinuierlichen Tagebuchs ist im Untertitel als „Erstes Reisejahr“ bezeichnet – die Zählung geht danach weiter bis „vier“, aber dieses vierte Reisejahr 1813 führte nicht, wie geplant, nach Italien, sondern endete gewissermaßen schon im Januar mit dem Kontrakt in Prag (der allerdings großzügige Urlaubszeiten einräumte). Die eigentlichen Reisejahre von 1810 bis 1812 waren für Weber vor allem eine Zeit der Suche nach neuen VerdienstmöglichkeitenT an unterschiedlichen Orten, wobei neben dem Verkauf von Kompositionen oder dem KlavierunterrichtT das Konzertieren eine der – nicht in allen Fällen lukrativen – Möglichkeiten für ihn war, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und gegen die in Stuttgart hinterlassenen SchuldenT anzugehen.

Während Weber sich im Jahr 1810 (bis zu seiner Abreise nach München am 14. Feburar 1811) ausschließlich im Dreieck Mannheim-Heidelberg-Darmstadt aufhielt (mit kürzeren Abstechern nach Aschaffenburg, Offenbach, Frankfurt, Karlsruhe und Baden-Baden), ließ er sich auf der Reise nach München an etlichen Zwischenstationen ausreichend Zeit, um möglichst nicht ohne eine Einnahme weiterzureisen. Immerhin konnte er bei den mehrtägigen Zwischenaufenthalten in Frankfurt, Gießen, Würzburg, Bamberg und Augsburg geschäftliche Erfolge verbuchen, indem er teils seine Kompositionen verkaufte, aber auch in einem eigenen Konzert in Gießen auftrat. Der längere Aufenthalt in München (14. März bis 1. Dezember 1811), während dem Weber am 5. April und 11. November selbst Konzerte veranstaltete, wurde unterbrochen durch eine Reise in die Schweiz (9. August bis 23. Oktober) mit Konzerten in Winterthur (28. August), Zürich (3. September) und Basel (13. Oktober).

Am 1. Dezember 1811 verließ Weber München zusammen mit dem Klarinettisten Heinrich Joseph Baermann zu einer gemeinsamen Konzertreise mit Auftritten in Prag (20. Dezember), Leipzig (14. Januar 1812), Gotha (Hofkonzert am 23. Januar, eigenes Konzert am 25. Januar), Weimar (Hofkonzert am 2. Februar), Dresden (14. Februar) und Berlin (15. und 25. März). Als Baermann Ende März von dort nach München zurückreiste, blieb Weber in Berlin, wo am 10. Juli 1812 seine Silvana aufgeführt wurde. Der Berlin-Aufenthalt endete am letzten August, und Weber reiste nun über Leipzig und Weimar weiter nach Gotha; bis Mitte Dezember hielt er sich dann am Hof des Herzogs von Gotha auf, lediglich unterbrochen durch einen Abstecher nach Weimar (26. Oktober bis 6. November). Während dieser Zeit trat Weber zwar in Konzerten (am Hof und in der Stadt) auf, veranstaltete aber kein eigenes. Am 20. Dezember musste er mitten in der Probenphase zur Aufführung seines Einakters Abu Hassan nach Weimar aufbrechen, um dort am 23. Dezember bei Großfürstin Maria Pawlowna sein erst wenige Tage vorher vollendetes neues Klavierkonzert in Es-Dur zu spielen und weiter nach Leipzig zu reisen, denn dort war zum Neujahrskonzert die Erstaufführung seiner neu komponierten Hymne auf einen Text von Friedrich Rochlitz geplant. Im selben Konzert spielte Weber dort dann wiederum sein Es-Dur-Klavierkonzert.

Es erstaunt wenig, dass Weber in dieser Phase der Konzertreisen, die mit großen organisatorischen Mühen vor Ort verbunden waren, die Idee zu einer Art musikalischem „Baedeker“ fasste, um mit einem „Noth- und Hülfsbüchlein für reisende Tonkünstler“T diesen gewissermaßen die Insider-Informationen für eine reibungslose Konzertplanung bereitzustellen – leider blieb es trotz ein paar wenigen entsprechenden Artikeln beim bloßen Plan. Zu den notwendigen Aufgaben gehörte der Schriftwechsel zum Einholen der Konzertgenehmigungen (belegt z.B. für die Konzerte in Mannheim im März 1810 durch die Schreiben an den Intendanten Freiherr von Venningen und dessen Antworten) oder die Auflage von Konzertsubskriptionen, für die beispielhaft einige entsprechende Einträge im Tagebuch genannt seien. Auch die häufigen Klagen über das nötige „Visiten schneiden“ gehören teils in diesen Kontext.

Weber selbst zählte in seinem Tagebuch nur die eigenen (öffentlich angekündigten) Konzerte: 1810 waren es derer sechs (in seiner Moralischen Übersicht des Jahres 1810 heißt es dazu: „Ich habe in diesem Jahre Sechs öffentliche Concerte gegeben, und achtmal öffentlich gespielt“, 1811 dann acht (davon eins zusammen mit Baermann), 1812 fünf (alle mit Baermann). Darüber hinaus sind aber zahlreiche weitere Auftritte zu verzeichnen – einerseits in den (nicht öffentlichen) Hofkonzerten, andererseits aber auch in Konzerten anderer Veranstalter (wie z. B. dem Mannheimer Museum und dem Leipziger Gewandhaus) oder anderer reisender Künstler bzw. jeweils vor Ort ansässiger Musiker. Über die genannten Konzerte hinaus kommen damit für die Jahre 1810 nochmals sechs Auftritte hinzu, 1811 waren dann nur interne Auftritte bei Hof zu verzeichnen, und 1812 trat er schließlich bei neun weiteren Gelegenheiten auf. Als Solist präsentierte sich Weber dabei nicht nur mit seinen beiden Klavierkonzerten, mit Variationen, freien Fantasien oder (seltener) Kammermusikwerken, sondern auch mit Klavierkonzerten von Ludwig van Beethoven und Anton Eberl; im Mai 1812 spielte er in Berlin zusammen mit Friedrich Wilhelm Berner, seinem Freund aus Breslauer Zeiten, Mozarts Konzert für zwei Klaviere und Orchester KV 365.

Über diese Liste hinausgehend sind auch etliche nicht zustande gekommene bzw. abgesagte Konzerte zu nennen. Jene Konzerte, für die es bereits ein festes Veranstaltungsdatum gab (wie das am 30. April 1810 in Darmstadt oder am 29. Dezember 1810 in Mannheim geplante) sind dabei in die nachfolgende Übersicht aufgenommen. In den Briefen sind weitere misslungene Konzertvorhaben im Sommer 1810 in Darmstadt und Baden-Baden erwähnt, für Oktober 1810 ist mehrfach von Konzertplänen für Frankfurt am Main die Rede, die dann wegen der politischen Ereignisse nicht umsetzbar waren, außerdem gab es vergebliche Hoffnungen auf ein Konzert in Mainz Anfang 1811. Auch die Pläne für Konzerte auf der Reise nach München in Bamberg, Nürnberg und Augsburg zerschlugen sich ebenso wie auf der Schweizreise 1811 ein für Luzern geplantes Konzert.

Schließlich sei nochmals betont, das das (teils im Tagebuch und den Briefen dokumentierte) Musizieren in häuslichen Zirkeln in dieser Zeit ebenfalls eine große Rolle spielte. Welche Bedeutung dies für Weber hatte, geht aus einem Brief an Gottfried Weber vom 3. Juli 1811 aus München hervor, in dem es heißt: „So viel Sinn für Kunst man im Theater und Concerten zeigt, so wenig häuslichen MusikSinn, /: möchte ich es nennen :/ haben die Münchner. man macht keine Quartetten, nichts. seit Danzi hier ist, haben wir vorgestern einmal ordentlich Musik gemacht [...]“.

Hinweis: In der folgenden Übersicht sind die Programme, wenn nichts anderes vermerkt ist, nach den in diesen Fällen erhaltenen Konzertzetteln wiedergegeben. – Ein herzlicher Dank gilt Charlene Jakob für das Ermitteln und Zusammenstellen der Daten.

Konzertnachweise

2. März 1810

Mannheim (Nationaltheater, Großer Saal)
Konzertgeber: 9. Hofmusikakademie

  • Konzertzettel:
  • Mannheim, Reiß-Engelhorn-Museum (D-MHrm), 18/2016_00030, Bl. 155, vgl. Marchivium (A100442)

9. März 1810

Mannheim (Nationaltheater, Großer Saal)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (1. Konzert 1810 in Webers Zählung)

  • Konzertzettel:
  • Mannheim, Reiß-Engelhorn-Museum (D-MHrm), 18/2016_00030, Bl. 163, vgl. Marchivium (A100443)

28. März 1810

Mannheim (Nationaltheater, Kleiner Saal)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (2. Konzert 1810 in Webers Zählung)

  • Konzertzettel:
  • Mannheim, Reiß-Engelhorn-Museumv (D-MHrm), 18/2016_00030, Bl. 164, vgl. Marchivium (A100444)
  • Faks. bei: Friedrich Walter, Karl Maria von Weber in Mannheim und Heidelberg 1810 und sein Freundeskreis, in: Mannheimer Geschichtsblätter, Jg. 25 (Jan./Febr. 1924), Sp. 38 (Herkunft noch unklar)

2. April 1810

Mannheim (Museum)
Konzertgeber: Museum

15. April 1810

Aschaffenburg (im Saale zum römischen Kaiser)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (3. Konzert 1810 in Webers Zählung)

[30. April 1810, abgesagt]

Darmstadt (im Saal des Gasthauses zum Erbprinzen)
Konzertgeber: C. M. v. Weber

9. Mai 1810

Aschaffenburg
Konzertgeber: Hofkonzert (bei Karl Theodor von Dalberg)

13. Mai 1810

Amorbach
Konzertgeber: privates Konzert bei Fürst Emich Carl zu Leiningen

  • Programm:
  • „gespielt allein und mit A. Uber“ (TB)

26. Mai 1810

Mannheim (Museum)
Konzertgeber: Museum

30. Mai 1810

Heidelberg (Widderscher Saal)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (4. Konzert 1810 in Webers Zählung)

4. August 1810

Mannheim (Museum)
Konzertgeber: Museum

13. August 1810

Heidelberg (Widderscher Saal)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (5. Konzert 1810 in Webers Zählung)

19. November 1810

Mannheim (Museum)
Konzertgeber: Museum

21. Dezember 1810

Karlsruhe (Museums-Saal)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (6. Konzert 1810 in Webers Zählung)

[29. Dezember 1810, abgesagt]

Mannheim (kleiner Redoutensaal)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (geplantes Abschiedskonzert)

31. Dezember 1810

Mannheim (Museum)
Konzertgeber: Museum

6. Februar 1811

Darmstadt (Frey’scher Saal)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (1. Konzert 1811 in Webers Zählung)

22. Februar 1811

Gießen (Collegiengebäude)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (2. Konzert 1811 in Webers Zählung)

  • Konzertzettel:
  • Kiel, Institut für Literaturwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität, Theatergeschichtliche Sammlung, Sign.: I 00747 (A100446)

28. August 1811

Winterthur (Ratsstube)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (4. Konzert 1811 in Webers Zählung)

  • Anmerkungen:
  • Zum Konzertflügel (Walther statt Goll benutzt) vgl. Webers Tagebuch-Notiz vom 27.08. sowie Max Fehr, Das Musikkollegium Winterthur 1629-1837. Nach den Quellen dargestellt (Musikkollegium Winterthur. Festschrift zur Feier des dreihundertjährigen Bestehens 1629-1929, 1), Winterthur 1929, S. 128, 244f.

3. September 1811

Zürich (Casinosaal)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (5. Konzert 1811 in Webers Zählung)

11. November 1811

München (Redoutensaal)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (7. Konzert 1811 in Webers Zählung)

  • Konzertzettel:
  • Theatermuseum München (A100447)

14. Januar 1812

Leipzig (Gewandhaus)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (1. Konzert 1812 in Webers Zählung) und H. Bärmann

  • Konzertzettel:
  • Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum, MT/178/2002 und MT/674/2007 (A100440)
  • Abb. bei: Forner, Johannes Forner: Die Gewandhaus-Konzerte zu Leipzig 1781-1981. Mit einem zusammenfassenden Rückblick von den Anfängen bis 1781, Leipzig 1981, Abb. 46-47

23. Januar 1812

Gotha (Spiegelsaal Schloß Friedenstein)
Konzertgeber: Hofkonzert

  • Sonstige Quellen:
  • Weber-Tagebuch, 23. Januar 1812 (Probe und Konzert)
  • Eintrag im Gothaer Fourierbuch: „ist nach gehaltenem Concert im Spiegelsaal zu Spiel Tischen gespeiset worden“

25. Januar 1812

Gotha (im Saal des Mohren)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (2. Konzert 1812 in Webers Zählung) und H. Bärmann

2. Februar 1812

Weimar (Schloss)
Konzertgeber: Hofkonzert

15. März 1812

Berlin (Schauspielhaus)
Konzertgeber: C. M. v. Weber (4. Konzert 1812 in Webers Zählung) und H. Bärmann

8. Oktober 1812

Gotha (Schloß Friedrichsthal)
Konzertgeber: Hofkonzert

3. November 1812

Weimar (vermutlich Schloss)

  • Sonstige Quellen:
  • Weber-Tagebuch, 3. November 1812
  • laut Lobe (zitiert bei Bode, S. 184-186) Hofkonzert in der sogen. langen Galerie des Schlosses, gespielt wurde danach das 2. Klavierkonzert Es-Dur (da zu diesem Zeitpunkt aber nur der III. Satz fertig war und gerade die gedruckten Stimmen zum Konzert Nr. 1 vorlagen, ist eher von diesem Konzert und auch nicht von einer Mischfassung wie am 11. November 1811 in München auszugehen)

28. November 1812

Gotha (Schloß Friedenstein)
Konzertgeber: Hofkonzert

17. Dezember 1812

Gotha (Spiegelsaal Schloß Friedenstein)
Konzertgeber: Hofkonzert

  • Sonstige Quellen:
  • Weber-Tagebuch, 17. Dezember 1812 (Probe und Konzert)
  • Eintrag im Gothaer Fourierbuch: „ist im Spiegelsaal nach gehaltenem Concert gespielet, und an Spieltischen gespeißet worden“

1. Januar 1813

Leipzig (Gewandhaus)
Konzertgeber: Gewandhaus

  • Konzertzettel:
  • Stadtgeschichtliches Museum Leipzig MT/201/2002 (A100448) sowie MT/282/2002

Einzelnachweise

  1. 1Vgl. dazu den Kommentar zum Tagebuch-Eintrag vom 28. August 1811

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