Carl Maria von Weber an Helmina von Chézy in Berlin
Dresden, Sonntag, 22. Dezember 1822

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An die Hochwohlgebohrene

Freyfrau Helmina v: Chezy.

gebohrene Freyin v: Klenke

zu

Berlin.

Jerusalemer Straße 35.

Theuerste Freundin!

Bereits am 4t Xb habe ich an H: Richter die Summe von 37 rh: Pr: Cour: laut in Händen habender Quittung bezahlt*. von Schleßinger haben Sie für meine Rechnung 38 rh: bekommen*, in Summa also 75 rh: Ordnen Sie Ihre Angelegenheit mit Wallishauser nach Gefallen*; Nur muß ich Sie beschwören, und dringendst darauf bestehen, daß der Druk nicht eher begonnen werde als bis die Oper in Wien aufgeführt worden ist.      Sie wißen nicht liebe Freundin welch unabsehbaren Schaden mir es bringen könnte, geschähe es anders.      Kind hatte erst nach 5 Jahren das Recht, seine Dichtung drukken zu laßen*.      Ich verlaße mich hierin ganz auf Ihre Vorsorge.      Sie böse Frau! wollen Sie wohl ordentlich ein Datum in Ihre Briefe sezzen; unter 3 Briefen fehlt es gewiß bei 2. Auch macht das Beischließen bei Freunden, immer Confusion.      so erhalte ich am 12t einige Zeilen von Ihnen, wo Sie an Schleßingers Zahlung zweiflen. ich will ihm schon grimmig schreiben, da erhalte ich Einen Brief d: 14t, vom 6t wo Sie den Empfang anzeigen.      Ich antwortete Ihnen auf beide nicht mehr, weil Sie den 15t abreisen wollten.      Nun haben Sie es auf gelinderes Wetter gestellt. ich kann es Ihnen nicht verdenken; aber der Winter kann lange dauern.      doch ist in diesem Augenblikke nichts verlohren, da Schubert und Morlachi krank sind, und ich seit 4 Wochen, und wer weiß wie lange noch, allen Dienst allein thun muß.      Wie lange ich das aushalte weiß Gott.      Ich schreibe Ihnen daher jezt auch nichts über Euryanthe, da jeder Federzug mir ein SchmerzensOpfer istT.      Schleßinger ist ein Jude in dem Sinne des Wortes den ich so haße, und deßen Gegentheil ich so oft zu meiner Freude bewährt gefunden habe.      Er bildet sich ein meinen Ruf begründet zu haben, spielt den gnädigen Beschützer, und spricht von Aufopferungen um mich bekannt zu machen.      ich frage Sie meine theure Freundin, ob man sich das gefallen laßen kann?      Sie sind so gut, so glauben [Sie] alle Menschen müßten auch so sein.

Der Seeräuber mag gut sein*. ich kann aber wohl vor geraumer Zeit an nichts Neues denken.      Man macht mir Anträge von London*. —      die Libussa hat in Wien sehr gefallen.      Nun, wir werden schon was anderes finden*; und Sie haben ja schon gefunden, wie Sie schreiben.

     Max und Lina sind Gesund. Leztere vereinigt ihre besten Wünsche beim Jahreswechsel mit den meinigen. Gott erhalte Sie gesund und froh, undmir Ihre Freundschaft, wie sie
gewiß immer und immer für Sie hegt
Ihr W:

Apparat

Zusammenfassung

betrifft den Textbuchdruck bei Wallishauser, den Weber bis nach der Aufführung der Euryanthe zu verschieben bittet; bittet sie um Datierung ihrer Briefe, klagt über Arbeitslast durch Krankheit der Kollegen; vorläufige Ablehnung eines neuen Opern-Sujets

Incipit

Bereits am 4t Xb habe ich an H: Richter die Summe

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Krakau (PL), Uniwersytet Jagielloński. Biblioteka Jagiellońska (PL-Kj)
    Signatur: Slg. Varnhagen, MS. 273

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt: DRESDEN | 23. Dec. 22
    • am oberen Rand Bl. 1r von fremder Hand (Tinte): „Karl Maria v. Weber.“

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Chezy, H.v.: Carl Maria von Weber’s Euryanthe. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Oper in: NZfM 13.Jg., Nr. 10 (1. August 1840), S. 38

    Einzelstellenerläuterung

    • „… in Händen habender Quittung bezahlt“Vgl. Tagebuch.
    • „… meine Rechnung 38 rh: bekommen“Vgl. die Anweisung vom 28. November 1822.
    • „… Angelegenheit mit Wallishauser nach Gefallen“Verhandlungen über den Erstdruck des Euryanthe-LibrettosT.
    • „… seine Dichtung drukken zu laßen“Kind publizierte das Freischütz-Libretto erstmals selbständig um den Jahreswechsel 1821/22 bei Göschen in Leipzig (Druck auf 1822 datiert, Vorwort vom 28. November 1821).
    • „… Der Seeräuber mag gut sein“Vorschlag für ein neues Sujet einer gemeinsamen Oper.
    • „… macht mir Anträge von London“Laut Tagebuch verhandelte Weber am 14. Dezember 1822 mit Barham Livius „wegen neuer Oper für London“ – allerdings vergeblich.
    • „… werden schon was anderes finden“Offenbar war der Libussa-Stoff auch von Chézy und Weber als mögliche Opernvorlage ins Auge gefasst worden, wie zuvor bereits von Gubitz und WeberT.

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