Carl Maria von Weber an Johann Gänsbacher in Prag
Gotha, Mittwoch, 25. November 1812
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S: Wohlgebohren
Herrn Johann Gänsbacher
berühmten Componisten
zu
im Palais des Fürsten
Kinsky, bey S: Exellenz
dem Grafen Firmian
zu erfragen.
Theuerster Bruder!
Ich antworte dir in großer Eile und kurz auf deinen lieben Brief vom 17t huj: der mir in jeder Hinsicht große Freude machte. auch deinen Brief von Brunnersdorf vom 25t 8ber habe ich über Berlin endlich erhalten und du muß[t] unterdeßen auch einen vom 11t Nov: von mir haben mit einem Einschluß an Spohr. die Anstalten zu meinem Einzug in Prag sind also alle getroffen. Illuminationen, Feuerwerk, und sonstige Kosten verbitte ich. übrigens ist es eine verfluchte Geschichte daß ich hier gar nicht loskommen kann, der Prinz Friedrich ist nun auch angekommen*, und nun muß ich bald ihm bald dem Herzoge eine Woche mehr versprechen. doch werde ich so sehr eilen wie möglich, ich lechze eben so sehr wie du, einmal wieder an Freundes Brust zu ruhen. von hier gehe ich über Weimar und Leipzig. so eben habe ich die lezte Note an der Hymne von Rochliz geschrieben, ich hoffe sie soll dir Freude machen, s’‡ist in an klanes Fugerl drinen, am Schluß. der Portraitmaler bleibt hier. das ist eine dumme Geschichte mit der Victorine. das Mädel hat nirgends Ruhe, sie sollte eine so angenehme Existenz nicht so einer Grille wegen opfern*, auch mische ich mich nicht gerne in dergl: Theatergeschichten. Es wird sich wohl wieder arrangiren*. dein Urtheil über Spohr unterschreibe ich ganz. Schönbergers grüße vielemal von mir*, und sage ich hätte ihr Portrait von Bertuch zu meiner Freude erhalten*. Gestern gab ein Schüler von Spohr Concert*, worinn Mlle Schlik meine SchülerinT mein Concert aus C: spielte, sehr brav. Wenn ich ein gutes Subject für eure Bühne weiß, will ichs schon aufgabeln. die Harlas kömt schwerlich wegen dem Bärmann, auf Gastrollen wohl wahrscheinlich. um die Requiem-Correctur* beneide ich dich nicht, habe auch dergleichen genoßen*, und genieße es noch. Es ist gut das wenigstens die Kosten gedekt sind, und man nun davon‡ reden kann. nun lebe wohl, du kannst mir noch einmal schreiben.
Empfiehl mich allen Freunden aufs Beste und behalte lieb deinen
ewig‡ treusten
Bruder Weber.
Gotha d: 25t Nov: 1812.
von Beer Mündlich.
Apparat
Zusammenfassung
betrifft Reise nach Prag; teilt mit, dass er soeben die Hymne vollendet habe
Incipit
„Ich antworte dir in großer Eile und kurz auf deinen lieben Brief“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Wien (A), Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Bibliothek (A-Wgm)
Signatur: Weber an Gänsbacher 23Quellenbeschreibung
- 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
- am rechten Rand der Adressenseite von F. W. Jähns Echtheitsbestätigung: „Eigenhändig von C. M. v. Weber.“
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Nohl 1867, S. 219–220 (Nr. 22)
Themenkommentare
Textkonstitution
-
„s’“über der Zeile hinzugefügt
-
„… sind, und man nun davon“unleserlicher, gestrichener Wortbeginn
-
„… und behalte lieb deinen ewig“unleserlicher, gestrichener Wortbeginn
Einzelstellenerläuterung
-
„… Friedrich ist nun auch angekommen“Der Prinz hatte Gotha am 20. Juni 1812 verlassen, um zunächst nach Karlsbad (dort ab 22. Juni), dann nach Spa zu reisen (dortiger Aufenthalt vom 12. August bis 9. September), fuhr dann über Metz, Straßburg, Karlsruhe und Stuttgart nach München (dortiger Aufenthalt vom 30. September bis 17. November, mit Abstechern nach Starnberg und Innsbruck) und traf schließlich am 19. November wieder in Gotha ein; vgl. Dagmar Beck in Weber-Studien 9, S. 160.
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„… Schönbergers grüße vielemal von mir“Das Ehepaar Schönberger reiste im Herbst 1812 von Weimar über Prag nach Wien. In Prag wirkte die Sängerin u. a. gemeinsam mit Spohr im Konzert von F. Westenholz am 23. November mit; vgl. Musikalische Zeitung für die oesterreichischen Staaten, 1812, Nr. 18 (31. Dezember), S. 139.
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„… Bertuch zu meiner Freude erhalten“Vgl. die Tagebuchnotizen vom 23. November 1812.
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„… ein Schüler von Spohr Concert“Vgl. die Anzeigen in der Gothaischen Zeitung vom 20. und 24. November 1812.
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„… wahrscheinlich. um die Requiem -Correctur“Korrekturen für die geplante Druckausgabe; vgl. den Subskriptionsaufruf.
-
„… nicht, habe auch dergleichen genoßen“Weber hatte aus Berlin die Korrekturfahnen seiner 1. Klaviersonate erhalten; vgl. die Tagebucheinträge vom 7. bis 9. November 1812.