Robert Hein an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Danzig, Freitag, 27. April 1883
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Brodbänkengasse
N° 15
Hochgeehrtester Herr Professor!
Ihre gütige, überaus liebenswürdige Antwort v. 25sten d. M. habe ich gestern mit herzlichem Dank erhalten und freue mich, daß Sie meine kleinen Mittheilungen so aufnehmen, wie sie gemeint sind. Manche Leute ärgern sich, wenn man Ihnen etwas mittheilt, das ihnen selbst entgangen ist; Egoismus und kleinlicher Neid sind wol nirgends so groß als in der Gelehrtenrepublik, ich | habe in dieser Beziehung traurige Erfahrungen gemacht, um so erfreulicher ist das Gegentheil und spornt an, im Suchen und Forschen nie zu ermüden, gleichviel ob man Dank oder Undank erndtet. Es freut mich aufrichtig, daß meine Notiz über Gramberg nicht zu spät kommt; wenn Sie die „Sängerfahrt“ selbst einsehen, würden Sie vielleicht auch an Frdr. Försters Autorschaft von Weber’s Liede N° 278 (S. 326)‡ glauben.
Hoch‡ Sehr‡ interessant ist mir der Brief meines hoch‡ geschätzten Lehrers H. Prof. Brandstäter, der leider nach schwerer Krankheit am 31sten Januar d. J. hier verstorben ist. Die 100ste Freischütz-Aufführung hier | am 16ten April d. J. stellt sich, wie es scheint,‡ als ein ganz gewöhnlicher Theaterkniff heraus, der seine Absicht nicht einmal erreicht hat, denn das Theater ist schlecht besucht gewesen. Ich setzte mich sofort mit dem Musikreferenten der Danziger Zeitung‡ H. Musikdirektor F. W. Markull in Verbindung, der zu dem „frommen Betruge“ des derzeitigen Theaterdirektors H. H. Jantsch* absichtlich stillgeschwiegen und von der angeblich 100sten Freischütz-Aufführung in der Zeitung keine Notiz nahm. H. Markull bat mich, die Ihnen verdankte Berichtigung selbst der Danziger Zeitung mitzutheilen und wird Ihnen auf meinen Wunsch die betreffende Nummer zugeschickt werden; vielleicht war 16. April die 200ste Aufführung hier, was | um so leichter möglich, da der Freischütz hier in jeder Saison 2–3 mal gegeben wird. Dann hätte die Direktion oder ihr Gewährsmann sich nur in der Zahl (200ste u. nicht 100ste) geirrt.
Vielleicht kann ich Ihnen, hochgeehrter Herr Professor, darüber mündlich Näheres sagen, auch behalte ich mir vor, falls Sie nichts dagegen haben, den Brief des Herrn Prof. Brandstäter, den ich selbstverständlich nicht aus Händen gebe, Ihnen persönlich zu überreichen mit verbindlichstem Danke, wenn ich Anfang Mitte‡ Mai nach Berlin (Besselstr. 10) zurückkehre. Wünschen Sie denselben sofort zurück, so bitte um Postkarte u. ich schicke ihn Ihnen eingeschrieben.
Für Ihren gütigen Brief nochmals herzlich dankend bin ich mit ganz vorzüglichster Hoachachtung Ihr ergebenster Rob. Hein
‡Das schmerzliche Ereigniß, das mich jetzt hieherführte, ist der Tod meiner lieben Mutter, einer Schwester des Malers u. Dichters Robert Reinick.
Apparat
Zusammenfassung
J. hatte offensichtlich Zweifel an der 100. Aufführung des Freischütz geäußert und um eine Berichtigung gebeten; Hein hat ermittelt, dass es sich um einen Theaterkniff gehandelt habe, es sei aber trotzdem eine schlecht besuchte Aufführung gewesen; er wird eine Berichtigung an die Danziger Zeitung senden nach Rücksprache mit dem Musikreferenten, Herrn F. W. Markull
Incipit
„Ihre gütige, überaus liebenwürdige Antwort v. 25sten d. M.“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Frank Ziegler
Überlieferung
Textkonstitution
-
„(S. 326)“unter der Zeile hinzugefügt
-
„Hoch“durchgestrichen
-
„Sehr“über der Zeile hinzugefügt
-
„hoch“über der Zeile hinzugefügt
-
„wie es scheint,“über der Zeile hinzugefügt
-
„Mitte“am Rand hinzugefügt
-
„… “Fortsetzung am Seitenrand, quer zur Schreibrichtung:
Einzelstellenerläuterung
-
„… derzeitigen Theaterdirektors H. H. Jantsch“Heinrich Jantsch (1845–1899), von 1882 bis 1886 Direktor des Danziger Stadttheaters.