Julius Káldy an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Budapest, Mittwoch, 5. Februar 1879

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Hochgeehrter Herr und Freund!

Ich muss vielmals um Entschuldigung bitten, dass ich auf Ihren lieben Brief erst jetzt zu antworten im Stande bin – ich hatte aber 2 grosse Concerte und einige Matinée vorzubereiten, darunter eines zur silbernen Hochzeitsfeierlichkeit unseres Königspaares – mit einem Worte ich war vollauf beschäftigt, und dies mag als Entschuldigung gelten, da nun aber die Concert Saison vorüber, so be[e]ile ich mich meiner Pflicht so schnell als möglich nach zu kommen.

Empfangen Sie vorerst meinen herzlichsten Dank für die überschickten Lieder und Chöre; Sie haben mir grosse Freude gemacht. Die 4 Gesänge op 19 sind äuserst zart componirt, und müssen gut studirt, fein nuancirt schönen Erfolg haben*. Ich werde mit Ihrer Erlaubniss einige Chöre daraus in meinen nächsten Winter Concerten aufnehmen. |

Aus den 6 Gesängen (op 16) sind 2 – 4 – 5 voll Feuer, und es ist Weber-scher Geist darinn, 1 und 6 wieder sehr weihevoll gehalten, und von vielen Effect*; auch von diesen Gesängen werde ich mir einige aufzuführen erlauben. Die Lieder op 47 sind sehr stimmungsvoll, alle drei gefallen mir besonders gut*. Nochmal meinen schönsten Dank für Ihre liebe Gabe, ich werde sie als ein werthes Andenken an Sie sehr geehrter Freund stets bewahren.

Beiliegen[d] erhalten Sie Ihren Wunsche gemäß den Original Brief Weber’s. Hr. Aigner war äuserst liebenswürdig, er überlässt Ihnen den Brief, trotzdem ich ihm Ihr letztes Schreiben vorlas um 10 Gulden, also um denselben Preis um welchen er ihn selbst kaufte. Hr. Aigner auch ein passionirter Autographen-Sammler, begreift sehr gut die Sehnsucht, die Sie nach diesem Briefe haben mussten, und eben nur aus dieser U[r]sache war er gleich bereit Ihnen das Original zu überlassen, und ich bin nun so glücklich Ihnen denselben zu übermachen zu können. Es wäre sehr liebens|würdig, wenn Sie H. Aigner mit einigen Zeilen beehren würden. Seine Adresse: Ludwig Aigner Buchhändler Budapest Rathhaus platz. Ich muss noch bemerken dass Aigner unter dem Pseudonym „Abafi“ ein sehr geschätzter Schriftsteller ist.      Sehr geehrter Freund!      Vor Kurzem noch standen wir uns persönlich vollkommen fern: zwar kannte ich Ihr Werk, und schätzte es hoch, doch dachte ich wohl nie das Glück zu haben mit dessen Verfasser in nähere Verbindung treten zu können – und siehe da! Unsere gegenseitige grosse Verehrung für den unsterblichen Weber brachte uns einander näher, wir lernten uns kennen trotzdem hunderte von Meilen uns trennen, haben uns vertanden, und glaube auch lieb gewonnen.      Da es doch so bald nicht möglich sein dürfte uns persönlich kennen zu lernen, so erlaube ich mir meine Photographie bei zu schliessen, in der angenehmen Hoffnung dass Sie meiner Bitte, mich mit Ihrem Bildnisse zu beehren, freundlichst willfahren werden.

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In Erwiederung Ihrer Nachfrage über die ungarischen Titeln theile ich Ihnen mit dass
Nro 1. und 2 „Büvös vadász“

                     und „Bűbájos“       ganz dasselbe

nähmlich: „Zauberschütze“ bedeuten nur ist Nro I die neuere Nr II aber die alte Übersetzung (Freischütz wurde in 3 Varianten ins Ungarische ubersetzt). Nro III „A Bűbájos vadázból“ heisst aus dem Zauberschützen. ból ist eine ungarische postposition und entspricht dem deutschen Vorworte aus. Ich grüße Sie freundlichst in der angenehmen Hoffnung dass ich als ein Zeichen der Fortdauer unserer freundschaftlichen Beziehungen baldigst ein Schreiben von Ihnen werther Freund erwarten darf.

Ihr Sie hochverehrender
Prof.
Julius Káldy.

Apparat

Zusammenfassung

dankt für übersandte Kompositionen von J.; vermittelt ihm den Kauf eines Weber-Briefes für 10 Gulden von Ludwig Aigner, Buchhändler in Budapest: schickt ihm Fotografie von sich und erbittet Gegengabe; erklärt, dass der Freischütz dreimal ins Ungarische übersetzt worden sei: Büvös vadász oder Bübájos vadász = Zauberschütze

Incipit

Ich muss vielmals um Entschuldigung bitten

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 314

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • komplett in lateinischer Schrift
    • am Briefkopf gestempelt: „an Jähns“

Textkonstitution

  • „ich“über der Zeile hinzugefügt
  • „zu“durchgestrichen
  • „… und Bűbájos“Klammer zur Weiterführung „vadász

Einzelstellenerläuterung

  • „… fein nuancirt schönen Erfolg haben“Jähns’ Vier Gesänge für gemischte Stimmen op. 19; vermutlich hatte Jähns die neue, von ihm 1876 umgearbeitete und 1877 bei Bote & Bock in Berlin publizierte Ausgabe (VN: 4) übersandt.
  • „… gehalten, und von vielen Effect“Jähns’ Sechs Gesänge für vier Männerstimmen, vermutlich in der vom Komponisten umgearbeiteten Ausgabe, erschienen 1877 bei Bote & Bock in Berlin (VN: 1537).
  • „… drei gefallen mir besonders gut“Jähns’ Drei Gesänge für Mezzosopran (hohen Alt bzw. Bariton) und Klavier, 1867 erschienen bei Schlesinger/Lienau in Berlin (VN: S. 5650).

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