Julius Káldy an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Budapest, Montag, 16. Dezember 1878

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Hochgeehrter Herr Professor!

Ich habe die Ehre Ihnen beiliegend die räthselhaften 12 Tacte ( ) zu übersenden, sie befinden sich in der Parthie des Eremiten. Ich muss auch bemerken, dass diese Tacte in vielen Städten Öestreich Ungarns noch jetzt gesungen werden, ich sie selbst gehört und in allen geschriebenen Partituren, aus welchen ich in der Zeit meiner zwanzigjährigen Theaterkapellmeisters Laufbahn zu dirigiren hatte, vorgefunden habe. Auch die Partitur, aus der ich Ihnen die beiden Abschriften sende*, ist eine jener aus | den 20er Jahren stammenden Copien; ob dieselbe von Weber selbst an die hiesige Bühne gesendet wurde, dafür kann ich nicht bürgen. Jedenfalls ist es eines der ältesten Exemplare. In allen diesen geschriebenen Partituren kommt die Stelle im 68Tact (H mol) gar nicht vor sondern nur die von mir gesendeten Tacte. Durch Ihren sehr lieben Brief aufmerksam gemacht, durchforschte ich die alte Partitur aufs Genaueste, und fand zu meiner grossen Freude noch einige eingebogene Blätter, auf welchen abermals circa 27 Tacte vorkamen, die ich noch nie gekannt, und deren Abschrift | ich ebenfalls übersende; sie scheinen dazu zu dienen, um in Ermangelung eines Darstellers des Eremiten gesungen zu werden – Sind nun diese Tacte von Weber? Es spricht viel dafür, dass die Schrift in der Partitur durchwegs ein und dieselbe, und die Melodie der letzten Tacte „Und bleibst du dann wie man dich stets erfand“ ganz identisch mit jener in H mol 68 Tact ist. Ich wäre sehr erfreut, wenn diese beiden Fragmente Ihnen für den Nachtrag Ihres ausgezeichneten Werkes von einigem Belang schienen. Erlauben Sie mir gleichzeitig die Bemerkung, dass ich Ihr Buch | bei dessen Erscheinen mit grossem Interesse begrüsste und es mich, da ich auch ein glühender Verehrer des unsterblichen Meisters, in grösstem Masse entzückt hat, und ich sehr begierig auf den in Aussicht gestellten Nachtrag bin. Da sich hier im Archive des deutschen Theaters, noch eine alte Partitur der Oper befindet, so werde ich nicht unterlassen dieselbe baldmöglichst durch zu sehen. Vielleicht bin ich so glücklich in derselben die von Ihnen gesuchten 22 Tacte „Leicht kann des Frommen Herz etc“* zu eruiren.

Ich verbleibe in ausgezeichnetster Hochachtung Ihr
ergebener
Julius Káldy
Professor

Apparat

Zusammenfassung

übersendet ihm die räthselhaften 12 Tacte aus der Eremiten-Stelle und weitere aufgefundene 27 Takte in Abschrift aus einer alten Partitur des Freischütz; Lob des WV und Zusagung von Unterstützung für den Nachtrag

Incipit

Ich habe die Ehre Ihnen beiliegend

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 313

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • durchgehend in lateinischer Schrift
    • am Briefkopf gestempelt: „an Jähns“

Textkonstitution

  • „sich“über der Zeile hinzugefügt
  • G„g“ überschrieben mit „G

Einzelstellenerläuterung

  • „… Ihnen die beiden Abschriften sende“Es handelte sich um die Freischütz-Partitur des ungarischen Nationaltheaters in Pest. Die beiden übersandten Auszüge befinden sich heute in D-B, Weberiana Cl. IV B [Mappe XVII], Nr. 1349 K und 1349 L.
  • „… kann des Frommen Herz etc“Der Freischütz, Finale III, Nr. 16 die T. 231‒252.

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