Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Berlin, Freitag, 9. Dezember 1825 (Folge 2, Nr. 3)
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Guten Morgen mein geliebtes Leben. habe gut geschlafen, mein Gesezzel gehustet, aber nicht arg, bin übrigens recht wohl, und komme nun dir Bericht zu erstatten. d: 7t nach dem ich an dich geschrieben hatte, ging es zu Tische, dann fuhr ich zu Brühl, der mir alles sehr leicht machte, welchem ich aber wie gewöhnlich nicht ganz glauben konnte, ich machte noch mehrere Besuche ab*, sah meine guten Lichtensteins, die recht munter sind, und fuhr um 8 Uhr in das Concert der Sonntag. /: es war ungeheuer voll, sie soll über 3000 rh: eingenommen haben :/ hier wurde ich nun von Allen mit unverkennbarer Freude empfangen*, sprach die Wolf, deren Mann Nizza gar nicht bekömt, und die in künftiger Woche zu ihm nach Carlsruhe reißt, und viele Andere. um 9 Uhr nach Hause, und bald in Bett.
Gestern d: 8t natürlich wieder Visiten gefahren*. Mittag im Thiergarten, bei der Mutter Beer*. Das war ein betrübtes Wiedersehen*. und um 5 Uhr Probe mit Orchester von der Euryanthe. Von den Sängern hatte ich noch Niemand gesprochen weil sie früh GeneralPr:‡ von Euphrosine hatten die heute ist*. Da war denn wieder die alte Freyschütz W‡irthschaft. da ich mir aber heilig vorgenommen hatte mich nicht zu ärgern, so nahm ich mich tüchtig zusammen. Die Sänger haben noch keine Probe zusammen gehabt. Orchester Proben ohne Sänger haben sie gemacht. es ist unmöglich die Verkehrtheit weiter zu treiben. an ein Ensemble war also gar nicht zu denken, und ich ließ alles vorübergehen um nur zu wißen, was sie können oder nicht. Da kam denn nun folgendes Resultat heraus. Die Chöre recht brav. manches schon ausgezeichnet. Die Seidler fast alles auswendig, und zwar trefflich. voll Ausdruk, und, — gehorsamer Diener, das ist doch eine Sängerin. und trefflich bei Stimme. die Schulz in den Ensembles natürlich noch ganz unsicher, ihre Arie aber auswendig und ganz vorzüglich, wie ein Satan schmettert sie das heraus. Bader durchaus herrlich. Blume — kann den Text noch nicht lesen, wird aber gut werden. Devrient, nun so — . Alle aber voll des besten Willens, und ich kann wohl sagen Enthusiasmus für die Sache*. Es wird also hoffentlich alles gut gehen, wenn es nicht übereilt wird. und darin sizt nun für mich das Entsezliche. Jeder Sänger hat mich flehentlich gebeten es mit ihm durchzugehen und ich muß also die ganze Oper erst von Grund aus herstellen. bis wann es dann gehen wird kann ich erst in 6-8 Tagen klar sehen. ich werde nun suchen die Proben immer Abends zu machen. spät wird zu Mittag gegeßen, da muß ich also suchen Vormittags zu arbeiten so viel mir Gott Kraft schenkt, und, so viel ich dies jezt auch fühle, hoffe ich auch daß es gehen wird. Uebrigens werde ich hier im Hause und überall | mit solcher Sorgfalt behandelt, gehätschelt und gepflegt, daß ich es nicht beßer wünschen kann. ich habe meine eigene Equipage zur Disposition und alle Bequemlichkeiten die Reichthum und die größte Aufmerksamkeit nur geben können. Die Königsstädter Direktion hat mir aufs verbindlichste eine Loge im 1t Rang zur Disposition gestellt. und, so fort. Du kannst also über mich ganz ruhig sein und glauben daß ich aufs beste versorgt bin. Michael Beer ist in 7 Tagen von London hieher gereißt. Meyerbeer weiß alle Pariser Verhältniße aufs genauste. Du kannst also denken wie intereßant das alles für mich ist. Heute bekomme ich vielleicht ein Briefel von dir, , Nein, Morgen erst, wahrscheinlich. Gott gebe nur daß bei Euch alles gesund ist. Alle Leute rühmen mein Aussehen. und Dr: Stosch der LeibArzt der Kronprinzeßin den ich in Ems sah*, findet meine Sprache und alles ohne Vergleich beßer.
Doch nun Puntum für Heute. und nur noch die Bitte daß du was ich dir geschrieben habe nicht zu schwer nimmst. Du weißt da߇ ich immer ungeschminkt die Wahrheit sage, und dir also nichts ins Schöne gemahlt habe, du weißt aber auch was Eifer, und meine alte Feldherrn Kraft zu wege bringen können. also, — guten Muthes alter Muks. ich gebe Euch Allen gute + + + Gott segne Euch. und behaltet lieb Euren treuen, Euch über Alles liebenden
alten
Vater und
Carl.
[im Kußsymbol:] 1000000
gute Bußen.
Apparat
Zusammenfassung
berichtet über die erste Probe der Euryanthe in Berlin, über einzelne Sänger und Wiedersehen mit Bekannten; Enttäuschung über mangelnde Vorbereitung, Chöre schon sehr gut, auch einige Solisten, hat beschlossen, sich nicht zu ärgern
Incipit
„Guten Morgen mein geliebtes Leben. habe gut geschlafen“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 201Quellenbeschreibung
- 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
- Rötelkmarkierungen von Max Maria von Weber
Provenienz
- Weber-Familiennachlass
Dazugehörige Textwiedergaben
-
tV: MMW II, S. 628
Themenkommentare
Textkonstitution
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„W“„w“ überschrieben mit „W“
-
„daß“„das“ überschrieben mit „daß“
Einzelstellenerläuterung
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„… Allen mit unverkennbarer Freude empfangen“Zur Reaktion auf Webers Ankunft im Konzertsaal des Schauspielhauses vgl. den Kommentar zum Tagebucheintrag vom 7. Dezember 1825.
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„… t natürlich wieder Visiten gefahren“Laut Tagebuch u. a. zu Gräfin W. von Reede, Gräfin A. de Perponcher, Gustav oder Theodor von Rochow sowie Karl von Watzdorf; außerdem Besuch bei K. A. Bader.
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„Pr:“Abk. von „Probe“.
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„… sagen Enthusiasmus für die Sache“Anders als Weber beurteilte K. A. Bader die erste Probe „mit halbem Orchester“ als „schon ziemlich gut“; vgl. Begegnungen eines deutschen Tenors 1820–1826. Aus den Tagebüchern des Hofopernsängers Carl Adam Bader, hg. von Ernst Jacobi, Frankfurt am Main 1991, Bd. 1, S. 127.