Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Hamburg
Lübeck, Montag, 11. September 1820 (Nr. 1)
Einstellungen
Zeige Markierungen im Text
Kontext
Absolute Chronologie
Vorausgehend
- 1820-09-04: an Fürstenau
- 1820-08-29: von Kind
Folgend
- 1820-09-11: an Weber
- 1820-09-17: von Weber
Korrespondenzstelle
Vorausgehend
- 1818-11-21: an Weber
- 1819-04-20: von Weber
Folgend
- 1820-09-11: an Weber
- 1820-09-17: von Weber
Mein vielgeliebtes Mutterschweinchen*.
Glüklich und wohlbehalten, wenn gleich halb gerädert von dem schändlichen Wege sind wir Gestern Abend 7 Uhr hier angelangt, und von Edmund mit unendlicher Freude empfangen und sogleich zu ihm geschleppt worden, wo wir bis ½ 1 Uhr beisamen saßen, und nun habe ich geschlafen wie ein Satt, und frage, und bitte Gott, ob meine geliebte Lina sich auch wohl befindet. Meine Gedanken haben dich theures Leben keinen Augenblik verlaßen. Der erste Tropfen Wein den wir Mittags genoßen haben wir auf Deine Gesundheit getrunken, und gestern abend musten dir die Ohren auch tüchtig geklungen haben. Ich bin recht in Sorgen um dich, ob du brav bist, und dich nicht zu sehr grämst damit das Eßl* auch die Früchte unserer Aufopferung genießt. ich werde eilen was ich kann um recht bald in Schleßwig einzutreffen und Brief von dir zu finden. Ich hoffte Dir gestern Abend noch mit der Post schreiben zu können, aber wir kamen doch schon zu spät an. Nun bin ich hübsch früh herausgekrabbelt um dir sagen zu können daß ich dich unendlich lieb habe, und Millionenmal in Gedanken buste. Edmund ist recht dik geworden, und sieht nun dem seelgen Vater ungemein ähnlich. die Mädchen sind sehr hübsche liebliche Wesen, und ich glaube wohl daß dir eine davon gefallen würde*. bis jezt thäte mir die Wahl wehe. Sie werden wohl mit mir alle nach Hamburg kommen, denn du darf[st] diesen Marterweg nicht machen. Alle Rippen krachen jede Minute im Leibe, so wird man zerstoßen und zerschlagen. Nun liebe gute Mukkin schone dich nur recht, und spare um Gotteswillen nicht. Trink brav Geilnauer*. Eße gut. gehe hübsch aus, und verbrüte mir nicht. hörst du? folg mir hübsch, damit ich ruhig an dich geliebte Mukkin denken kann.
Es wird jezt unruhig um mich, und ich muß schließen. in einer Stunde geht es nach Eutin. Von da erhältst du gleich wieder Nachricht von mir. Sind noch keine Briefe gekommen? Alle grüßen dir herzlichst. Grüße mir auch den Moritz, und die ungezogene Bestie*. ich umarme dich Millionenmal, mein treues geliebtes Herz, und buße dich in Gedanken. [Kußsymbol] dem Kutscher gieb 6 oder 8 Schilling wenn er dir diese Zeilen bringt.
Gott segne dich + + +, und gebe dir Kraft und
Heiterkeit damit ganz gesund und stark dich wiederfindet, dein bis in den Tod dich treu
liebender
Carl.
Lübek d: 11t Sept: 1820 früh 6 Uhr.
Apparat
Zusammenfassung
er sei wohlbehalten in Lübeck angekommen und von seinem Bruder Edmund überaus herzlich empfangen worden; Privates; Edmunds Familie werde mit nach Hamburg kommen; in einer Stunde reise er nach Eutin
Incipit
„Glücklich und wohlbehalten, wenn gleich halb gerädert“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 135Quellenbeschreibung
- 1 DBl. (1 b. S. o. Adr.)
- Siegelspur
- Bl. 2 bis auf 2,5 cm Rand abgeschnitten
- Am oberen Rand der Rectoseite rechts Ergänzung von Jähns (Tinte): „No 21 (1820)“
- Rötelmarkierungen von Max Maria von Weber
Dazugehörige Textwiedergaben
-
tV: MMW II, S. 253–254
Themenkommentare
Einzelstellenerläuterung
-
„… vielgeliebtes Mutterschweinchen“Caroline war zu diesem Zeitpunkt schwanger.
-
„… sehr grämst damit das Eßl“Gemeint ist das ungeborene Kind.
-
„… dir eine davon gefallen würde“Offenbar war zwischen Carl Maria und Edmund von Weber im Gespräch, eine der beiden Töchter (bzw. beide) für einige Zeit zur Ausbildung nach Dresden zu schicken, wo sie im Haushalt der Webers leben sollten (wie auch Edmunds ältere Söhne Carl und Moritz längere Zeit im Haus von Fridolin von Weber lebten). An solche Planungen erinnerte sich jedenfalls Therese Atmer in ihren Aufzeichnungen für Friedrich Wilhelm Jähns. Vgl. dazu auch die Briefe vom 21. September und 14. Oktober 1820.
-
„… nicht . Trink brav Geilnauer“Seinerzeit sehr geschätztes eisenhaltiges Mineralwasser aus der Gemeinde Geilnau (Lahn).