Carl Maria von Weber an Alexander von Dusch in Mannheim (Fragment)
München, Mittwoch, 15. Mai 1811
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Kontext
Absolute Chronologie
Vorausgehend
- 1811-05-15: an Weber
- 1811-05-12: von Weber
Folgend
- 1811-05-17: an Meyerbeer
- 1811-05-23: von Fraunberg
Korrespondenzstelle
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- 1810-03-20: an Dusch
- 1811-05-09: von Dusch
Folgend
- 1821-01-15: an Dusch
- 1811-05-28: von Dusch
Den Creditbrief* habe ich erhalten u. gehörig an seinem Hofe abgegeben, wo er mit einer höchst unpolitischen Freude empfangen wurde, indem man eigentlich nie sollte blicken lassen, wie sehr ein so lange erwarteter Abgesandter Einen freue.
Aber da es einmal geschehen ist, so kann ich dir es auch nicht verhehlen u. brauche ich keine anderen Repressalien als die, daß ich in Hinsicht des Ceremoniells mich auf gleichen Fuß mit ihm stelle, wie du aus der Uniform u. dem Schnitt des Gegenwärtigen sehen kannst. Doch habe ich dich darin an Höflichkeit übertroffen, daß ich dir einen Titel obenan gesetzt habe, welches dich aber nicht kränken darf, denn von einem so alten ausgequetschten Hofmann übertroffen zu werden als ich bin, ist keine Schande.
Webers Abschied* /: Künstlers Abschied :/ hat sich wieder
gefunden, wie mir W. /: Gottfried Weber :/ schreibt, u. somit brauche ich ihn dir nicht zu schicken, welches mir
höllisch lieb ist, sintemalen ich vom Abschreiben kein sonderlicher Freund bin, wie
bekannt. Du sagst, daß ich Euch fehle. Lieber Gott, was soll da ich erst sagen. Ihr
könnt Euch gegenseitig mittheilen u. berathen; in kleinem Umkreise leben vier Brüder
beisammen; aber ich stehe allein, ganz allein, u. kenne kein
Verbindungsmittel als den armseeligen Gänsekiel, den man vor Ungeduld Millionenmal an
die Wand werfen möchte. Ja nie werde ich wieder ein Häufchen solcher Menschen zusammen
[Textverlust]
mit dir herum, aber das Aufschreiben, das
Ausarbeiten – du bist einer von jenen Menschen, die sich zum Arbeiten, id est Schreiben, zwingen müssen; denn bis du den Drang dazu bekömmst kannst
du Ewigkeiten lauern. Ich kenne dies sehr genau, man träumt sich fort, ist voll Thätigkeit u. thut nichts. Zwinge dich
einmal, Alles aufzuschreiben was dir in den Kopf kommt, u. du wirst sehen es flockt, u.
binnen kurzem wirst du weit vorrücken, indem sich viel leichter u. ruhiger Ideen sondern
u. wählen lassen, die schon geschrieben vor Einem stehen.
Schikt mir ein Paar Gedichtchen ein u. ich will sie wo einrücken lassen*
Der lieben Gräfin Benzel nebst ihrem Manne empfiehl mich bestens, so wie Copps, Solome etc.
Kommst du noch öfters zu Copps, so sage ihr*, daß ich hier beinahe täglich von ihr mit Lottchen Ewald aus Karlsruhe spreche, die jetzt hier bei ihrer Schwester der Fränzel ist.
Lasse es nicht beim bloßen Versprechen bewenden u. schicke oft einen chargé d’affaires an mich. Jeder dieser Repräsentanten versetzt mich zu Euch, u. daß dann daraus eine frohe Stunde für mich entspringt brauche ich wohl nicht erst [Rest fehlt]
Apparat
Zusammenfassung
hat einen Kreditbrief Duschs abgegeben; Duschs Lied „Webers Abschied“ habe sich bei Gottfried wiedergefunden; über fehlende Geselligkeit; drängt Dusch, seine Ideen immer aufzuschreiben und nicht auf Mußezeit zu warten; bittet um eine paar Gedichte zum Weitergeben
Incipit
„Den Creditbrief habe ich erhalten u. gehörig an seinem Hofe“
Generalvermerk
Die in der Abschrift geklammerten Passagen waren offenbar nicht Bestandteil des Originalbriefes, sondern Ergänzungen in der Vorlage.
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Kopie: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Weberiana Cl. II B 2a, Nr. 7, S. 809f.Quellenbeschreibung
- Abschrift von Ida Jähns nach einer früheren, von Ferdinand von Dusch vorgenommenen Abschrift; vgl. dazu auch Duschs Brief vom 11. Dezember 1860; F. W. Jähns kopierte die Bestätigung von A. von Dusch auf der Kopie durch F. von Dusch: „Obige Abschrift ist gleichlautend ohne Änderung, Zusatz oder Weglassung, mit dem Bruchstücke Original, wie es noch in meinen Händen ist. | Heidelberg 12. Dez. 1860. | Alexander von Dusch.“
Einzelstellenerläuterung
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„The unknown man“Ida Jähns übernahm hier als Fußnote die Anmerkung (von Alexander oder Ferdinand von Dusch): „Die Unterschrift, mit welcher Alexander v. Dusch, an den dieser Brief gerichtet ist, damals in Mannheim TheaterKritiken u. andere Artikel über Kunst in öffentlichen Blättern als Anonymus zu zeichnen pflegte. Darauf bezieht sich die scherzhafte Anspielung im obigen Briefe.“
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„Webers Abschied“Die Titeländerung zu Künstlers Abschied geschah offenbar erst in Zusammenhang mit dem Erstdruck; vgl. Duschs Erinnerungen.
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„ein Paar Gedichtchen … wo einrücken lassen“Die einzigen bisher nachweisbaren Gedichte von Alexander von Dusch, die 1811 in einer Zeitschrift erschienen, sind Verkörperung und Das Mondlicht im Bache (Polimeter) in: Privilegirte gemeinnützige Unterhaltungs-Blätter, Nr. 83 (4. Dezember 1811), Sp. 660, deren Veröffentlichung jedoch nicht von Weber vermittelt wurde, sondern auf die direkten Kontakte von Dusch und Gottfried Weber zu Karl Wilhelm Reinhold zurückgehen dürfte.
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„zu Copps , so sage ihr“Frau oder Tochter von Friedrich Ulrich Kopp, Christine Konradine oder Amalie.