Gustav Adolph Heinrich an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, Donnerstag, 20. November 1873

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Sehr geehrter Herr Professor!

Indem wir noch immer in höchst angenehmer Erinnerung Ihres letzten wohlwollenden und freundlichen Besuchs gedenken, glaubte ich eine Erwiederung desselben im vorigen Monat erwarten zu können, wenn ich mich der von Ihnen gemachten Andeutung nach recht zu erinnern weiß; doch ich habe mich vielleicht hierin getäuscht und ergreife deßhalb heute die Feder um Ihnen für die uns gewordene Ehre, so wie für die anbei zurückfolgende Abschrift eines Weber’schen Briefes auf das Wärmste zu danken, Ihnen aber auch gleichzeitig eine Mittheilung zu machen, welche Ew. Wohlgeboren in nicht geringes Erstaunen setzen wird. — — —

Mein schönes Grundstück sammt dem WeberhäuschenT ist — — — — — | in andre Hände übergegangen!!!
Ich habe daßelbe in Folge meines leidenden Zustandes und der sich von Jahr zu Jahr immer verschlechternden Nachbarschaft, so wie der sich mir plötzlich darbietenden höchst günstigen Gelegenheit verkauft. Der wohl nicht ausbleibende Bau eines Krankenhauses* in nächster Nähe, so wie der vorliegende, immer mehr an Ausdehnung zunehmende Abladeplatz der Elbschiffe, auch die im Winter doch sehr kalte Wohnung selbst, und noch manche andre Unannehmlichkeit brachten mich endlich zu diesem, für meine Gattin und mich gewiß sehr schweren Entschluß.

Aber waß wird aus dem Weberhäuschen und seiner Sammlung? Dieß ist gewiß auch Ihre nächste Frage! Hierüber kann ich Ihnen jedoch nur höchst Günstiges mittheilen. Letztere ist noch mein Eigenthum.

Der neue Besitzer ist der Maschinenfabrikant Cl. Müller, ein einfacher aber sehr achtbarer und rechtlicher Mann, der für das histo-|historische Häuschen und seine kleine Sammlung ebenfalls Interesse hat. Aus den mehrfachen Verhandlungen mit denselben brachte ich zu unsrer Freude in Erfahrung, daß dasselbe in Folge testamentarischer Bestimmung für noch lange Zeit erhalten bleiben wird, in dem das ganze Grundstück bis auf die Enkel Hℓ. Müller’s in dem jetzigen Zustand erhalten werden soll. Aus diesem Grunde bin ich nicht abgeneigt alle Reliquien Weber’s, welche doch in dem Häuschen eigentlich so recht an ihrem Platze sind darin zu belaßen, zumal auch mein Augenleiden mir jetzt allen und jeden Genuß an derselben verhindert und die Vermehrung und Vergrößerung der Sammlung durch die zu führende nöthige Correspondenz sehr erschwert. Ich glaube daher nicht nur im Interesse der längeren Erhaltung des | Weberhäuschens, so wie auch nach Ihrem Wunsch zu handeln, wenn ich diesen Anerbieten Entschluß ausführe, um so mehr als das Anerbieten des neuen Besitzers, die von ihm gegen billige Rückerstattung meiner gehabten Kosten zu übernehmende Sammlung nicht nur in Ehren zu halten, sondern nach Möglichkeit zu vermehren, auch in diesem Punkte ein sehr annehmbares ist. Recht lieb würde es mir daher sein, wenn Sie geehrtester Herr Professor mir in dieser Beziehung Ihre unverhohlene Meinung geneigtest mittheilen würden.

Unser Umzug nach einem mittlerweile angekauften, in nicht allzugroßer Entfernung liegenden andern Grundstück, soll jedoch erst im März nächsten Jahres erfolgen; bangen Herzens sehen wir daher dieser Zeit entgegen, in welcher wir von einem uns so theuer gewordenen Aufenthalt scheiden müssen, welcher aber auch gleichzeitige die Veranlaßung Ihrer uns so lieb und werth gewordenen Freundschaft war, um deren Erhaltung wir Sie auch fernerhin herzlichst bitten.

Ihnen das beste Wohlsein von Herzen wünschend, begrüße ich Ew. Wohlgeboren, zugleich im Auftrag meiner Gattin, mit freundschaftlichster Hochachtung als Ihr ganz ergebener
G. A. Heinrich.

Apparat

Zusammenfassung

teilt mit, dass er sein Grundstück mit dem Weber-Häuschen verkaufen wird an den Maschinenfabrikanten Clemens Müller, der aber die Sammlung mit übernehmen und vermehren will und testamentarisch festlegen wird, dass bis zur Enkelgeneration am Häuschen nichts verändert werden soll

Incipit

Indem wir noch immer in höchst angenehmer Erinnerung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 280

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • am Briefkopf gestempelt: „an Jähns“

Textkonstitution

  • „historische“sic!
  • „… zu handeln, wenn ich diesen“en nachträglich ergänzt
  • „Anerbieten“durchgestrichen
  • b„B“ überschrieben mit „b
  • „e“durchgestrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… nicht ausbleibende Bau eines Krankenhauses“Die Diakonissenanstalt war bereits 1846 auf das Grundstück zwischen Bautzener Straße und Holzhofgasse umgezogen und wurde mehrfach erweitert. Der endgültige Beschluss zum Neubau des Diakonissen-Krankenhauses an der (von Heinrichs Anwesen aus gesehen) gegenüberliegenden Seite der Holzhofgasse fiel erst 1890; der Neubau wurde am 13. Oktober 1893 eingeweiht.

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