Gustav Adolph Heinrich an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, Samstag, 30. August 1873
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- 1873-11-20: an Jähns
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1873.
Hochgeehrtester Herr Professor!
Daß ich Ihnen durch meine letzte Zuschrift, hinsichtlich des Briefes von der Chezy so bedeutende Mühewaltung verursachte, hatte ich ganz bestimmt nicht beabsichtigt und bitte ich Sie deßhalb um gütige Entschuldigung, indem ich Ihnen für die eben so ausführliche wie interessante Aufklärung der betr. Zeilen meinen verbindlichsten und herzlichsten Dank hierdurch ausspreche.
Bezüglich des neu angekauften Bildchens berichte ich Ihnen daß dasselbe ein kleiner Stahlstich von Carl Mayer in Nürnberg ist,*) derselbe ist im Halbprofil ohngefähr die Größe deß von Grunow Ihrer trefflichen Lebensscizze beigegebenen Portraits; Jedenfalls aber ist Ihnen dieser Stich auch schon bekannt und in Ihrer reichhaltigen Sammlung vorhanden. Warum Sie von derselben N‡ichts verkaufen finde ich nach der mir | gütigst ertheilten Erläuterung ganz in der Ordnung. Es ist wohl der dringendste Wunsch eines jeden pietätvollen Sammlers daß das oft mühsam und mit nicht unbedeutenden Kosten Zusammengetragene, später einmal nicht wieder in alle Winde zerstreut werde, So gern ich nun wohl Einiges von Noten und Briefen aus Ihrer Sammlung, welche mit meinem WeberhäuschenT in‡ in Beziehung stehen könnten oder wohl gar darin geschrieben sein sollten, in meinem Besitz gesehen hätte, so ist mir doch Ihre ausgesprochene Bestimmung über die Zukunft Ihrer reichhaltigen Sammlung zu treffend und wichtig, als daß ich mir die Freiheit nehmen würde, einen solchen Wunsch gegen Ew. Wohlgeboren jemals laut werden zu lassen und werde daher die bei mir dann und wann aufsteigende große Sehnsucht in aller Stille zu unterdrücken wissen.
|Eines aber gestatten Sie mir doch an Ihr, mir bisher so wohlwollendes Herz zu legen: senden Sie mir Ihr eigenes freundliches Bildniß, eine Photographie, es wird mir daßelbe, im Weberzimmer entsprechend angebracht, gewiß stets ein liebes Andenken sein und bleiben.
Das größere Gemälde, den Oberon betreffend ist mir nun endlich auch überbracht worden*. Dasselbe nimmt sich ganz prächtig aus und ist nach dem Urtheil mehrerer Sachverständiger ein sehr gelungenes Werk; daßelbe besteht in drei Abtheilungen: in der Mitte der Elfenchor, in einer ruinenartigen‡ Säulenhalle ruht Oberon umschwebt von Elfen mit Lilienstengeln, der Mond wirft sein magisches [Licht] von oben herein, in den Wolken zieht Titania als Traumgestalt vorüber. Links das kleinere Bild zeigt Huon und Rezia auf die wüste Insel verschlagen, in einer Wolke erscheint Oberon in goldner von | Schwänen gezogenen Muschel, den‡ Gewitter Ruhe gebietend. Rechts Huon und Rezia Scherasmin und Fatime im Begriff das Schiff zur Abreise zu besteigen, Oberon vereint mit Titania erscheint‡ denselben für die bestandenen Gefahren einen Lorbeerkranz überreichend, im Hintergrund Tunis und die Scheiterhaufen.
Es soll mir eine große Freude sein‡ bei Ihrem nächsten Besuch Ihnen diese neue Zierde des Weberhäuschen’s, von der ich jedoch leider selbst den geringsten anschauligen Genuß habe, zeigen zu können.
Mit dem Wunsche daß Ew. Wohlgeboren Befinden ein dauernd Gutes sein möge zeichnet mit vollkommenster HochachtungIhr ganz ergebener
G. A. Heinrich.
[Originale Fußnoten]
- *) Im Verlag von Schubert u. Niemann‡ in Hamburg und Itzehoe.
Apparat
Zusammenfassung
macht J. auf einen Stahlstich C. M. von Weber's von Carl Mayer im Verlag Schuberth & Niemeyer in Hamburg aufmerksam und berichtet über den Erwerb eines Gemäldes, die Oberon-Geschichte darstellend
Incipit
„Daß ich Ihnen durch meine letzte Zuschrift“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz
Überlieferung
Textkonstitution
-
„N“„n“ überschrieben mit „N“
-
„in“durchgestrichen
-
„… der Elfenchor, in einer ruinenartigen“haften überschrieben mit artige
-
„den“sic!
-
„erscheint“über der Zeile hinzugefügt
-
„sein“„wer“ überschrieben mit „sein“
Einzelstellenerläuterung
-
„Schubert u. Niemann“recte „Schuberth u. Niemeyer“.
-
„… nun endlich auch überbracht worden“Jähns erwähnt in der (zu diesem Zeitpunkt bereits erschienenen) Lebensskizze (S. 45) bereits im Vestibül des Weber-Hauses befindliche Gemälde mit Motiven aus Freischütz, Euryanthe und Oberon; das hier beschriebene Tryptichon (Verbleib unbekannt) dürfte eine zusätzliche neuere Arbeit gewesen sein, die Heinrich wohl speziell in Auftrag gegeben hatte, da Weber in seinem Sommerdomizil 1825 am I. Akt des Oberon gearbeitet hatte.