Carl Maria von Weber an Johann Nepomuk Poißl in München
Dresden, Freitag, 10. August 1821
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- 1822-01-25: von Poißl
S. Hochwohlgebohren
dem Herrn Baron von Poissl
Königl: Bayerschen Kammerherrn,
Comandeur und Ritter mehrerer
Orden pp
zu München
Lieber Freund und Bruder!
Verzeihe wenn ich in Geschäften vergraben dir heute nur in wenig Zeilen das nothwendigste deines lieben Briefes beantworte, um nicht zu spät die Notizen an dich gelangen zu laßen. Du wirst dich kreuzigen und segnen wie ich in dein Fleisch gewüthet habe*. ich enthalte mich auch aller Gründe, ausgenomen meiner Ueberzeugung und die Liebe für dein schönes Werk anzuführen, und daß nun nach reiflichster Ueberlegung erst in den lezten Hauptproben so gekürzt wurde.
Erster Act. in No: 6 nach dem Allo: assai, im Marsch, fällt der Chor schon im 4ten Takte ein. komen daher der 5t 6t 7t und 8t heraus, dann bleiben 19 Takte, und die lezten 12 werden wieder gestrichen.
Zweiter Act. Szene 8, springt es von, = und meines Freundes Hand reißt mich hinab = zu = so willst zu‡ wirklich? = mit wenig veränderter Harmonie. Im darauf folgenden Recit. des Megacles springt es so von = was sag ich, bleiben! = zu = nein, menschlicher ists jezt von ihr zu scheiden. dann bleibt die Preghiera weg, /: hier muß ich doch noch bemerken daß der Sänger Mayer‡ zu solchem Gesang nicht hinlänglich anspricht, um die in Ohnmacht liegende Geliebte vergeßen zu machen*. bey Mittermaier können da andre Rüksichten vorwalten. :/ und das Rezitativ des Licides fängt mit F Harmonie statt D moll an.
im 3t Akte endlich, haben wir ein paarmal das Adagio des Duetts weggelaßen und gleich mit dem Allo: angefangen. Jezt geben wir es aber ganz wie es ist*.
Nun, zanke, schelte, ich habs aber gut gemeint, und alle glauben daß das Ganze dadurch gewonen habe. Anträge von KaßelT habe ich wohl, aber es wird wohl nichts draus werden. Nächstens mehr und ausführlicher. Grüße Bärmann pp herzlichst und behalte lieb deinen
alten treuen Bruder
Weber
Dresden 10t August 1821.
Apparat
Zusammenfassung
teilt ihm seine für die Dresdner Aufführung aus Personalgründen leider unumgänglichen Kürzungen von dessen Oper (Der Wettkampf zu Olympia, oder die Freunde) im Detail mit; erwähnt Engagementsangebot nach Kassel
Incipit
„Verzeihe wenn ich in Geschäften vergraben dir“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
Textkonstitution
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„Mayer“über der Zeile hinzugefügt
Einzelstellenerläuterung
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„in dein Fleisch gewüthet habe“Weber führte Poissls Oper Der Wettkampf zu Olimpia zweimal in Dresden auf (16. März 1820 und 30. April 1821) und hatte zur ersten Aufführung einen Einführungstext für die Dresdner Abend Zeitung, Jg. 4, Nr. 64 (16. März 1820) geschrieben.
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„zu“recte „du“.
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„… liegende Geliebte vergeßen zu machen“Bezieht sich auf die Rolle des Megacles, der angesichts seiner ohnmächtigen Geliebten Aristea zu den Göttern betet (Preghiera, Szene II/8) .
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„… aber ganz wie es ist“Möglicherweise plante Weber weitere Aufführungen des Werkes, die allerdings nicht zustande kamen.