Carl Maria von Weber an Johann Philipp Samuel Schmidt in Berlin
Dresden, Dienstag, 19. Januar 1819
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Kontext
Absolute Chronologie
Vorausgehend
- 1818-12-24: an Poißl
- 1819-01-19: von Schlesinger
Folgend
- 1819-01-19: an Peters
- 1819-01-20: von Pius VII.
Korrespondenzstelle
Vorausgehend
- 1818-11-26: an Schmidt
- 1818-12-14: von Schmidt
Folgend
- 1823-04-30: an Schmidt
- 1819-03-08: von Schmidt
Mein lieber Freund!
Ich hab zwar eigentlich nicht Zeit, aber einen Freund zu beruhigen muß man sie haben. glauben Sie meinen Worten. Ihre Oper hat gefallen*. daß sie keine große Sensation pp‡ machen konnte, liegt mit in der Gattung da unser Publikum noch zu sehr verwöhnt von den langen und breiten italienischen Sauçen ist. daß Mlle: Benelli‡‡ beßer hätte sein könen*, ist gar keine Frage, aber es ist noch eine große Kluft zwischen schlecht, oder mehr oder weniger gut. Es wurden die Tenor Arie, Discant Arie, und am Schluße applaudirt, das sind hier, wo wir etwas kalt sind, deutliche Beweise des Gefallens. Was den Gesellschafter* betrifft, so haben wir da einen Korrespondirenden der uns überhaupt nicht grün ist, ich glaube es ist Clauren‡‡/: Heune‡ :/ so wie überhaupt die deutsche Oper unendliche Wiedersacher hat, besonders unter den Korrespondenzlern. Ihre Oper wäre auch schon wiederholt, wenn die langen TrauerFerien*, und darauf folgenden FestVorstellungen* nicht gewesen wären. Also beruhigen Sie sich, und glauben Sie daß ich jede Schonung der Art wie Sie sie befürchteten nicht gegen meine Freunde obwalten laße. Herrn Zwikk werde ich übrigens meine Meynung sagen‡‡. für das übersandte Exempl: danke bestens. so wie über die mir recht intereßante Mittheilung über Ihre Kunstbildung in Ihrem Schreiben vom 14t Xbr.
Machen Sie im neuen Jahre das Versprechen des alten wahr, und besuchen Sie uns, da wollen wir manches besprechen. Ich komme wieder auf Rezensionen pp zurük. da sind wir auch übel dran. Es ist hier durchaus Niemand der sich der Sache mit Wärme annehme. die es könnten — wollen nicht wahr sein, und so muß ich einem um den andern das Handwerk legen, vide: Mus: Z: No: 51. Ein dritter ist zu faul, kränklich pp und so muß ich es leider erleben, daß von wahrhaft ausgezeichneten Leistungen wie z: B: unsre Zauberflöte ist, gar nichts erwähnt wird*. | das ist oft recht ärgerlich — denn es ist allerdings die beste Sache um das eigene Bewußtsein, aber das was geleistet wird, auch anerkannt zu sehen, ist doch auch erfreulich und ermunternd. – – –
Meine Frau ist von einem gesunden Mädchen, nach vielem Leiden glüklich entbunden*. ich habe dabey auch viel gelitten, und die Nächte darneben arbeiten müßen. d: 17t ist meine neue Meße mit Erfolg zum 1t male aufgeführt worden. Nun hoffe ich endlich auch an mich denken zu dürfen.
Die Alpenhütte werde ich nicht vergeßen. doch diesen Winter sie schwerlich mehr dran bringen könen. laßen‡‡ Schikken Sie mir sie aber gelegentlich. Ist das der ehemalige Musikdirektor Wessely? dem Schleßinger die Red: anvertrauen will?*
Die Anzeige wegen Verkaufs Ihrer Oper will ich nicht in die Abendzeitung, sondern in Winklers Tagebuch der deutschen Bühnen rükken laßen, welches alle Theater erhalten*.
Nun Leben Sie wohl mein lieber Freund, sein Sie beruhigt wegen Ihrer Oper und denken Sie freundlichst Ihrestheilnehmenden
CMvWeber
Dresden d: 19t Jan: 19.
Apparat
Zusammenfassung
beruhigt Schmidt über den Erfolg seiner in Dresden aufgeführten Oper Das Fischermädchen, wenn sie keine große Sensation gewesen sei, hänge dies von dem Umstand ab, dass die deutsche Oper für das Publikum noch gewöhnungsbedürftig sei und vor allem unter den Zeitungskorrespondenten Gegner habe; klagt darüber, in Dresden keinen brauchbaren Rezensenten zu haben, so dass über wirklich gute Leistungen häufig nicht berichtet werde; verweist in diesem Zusammenhang auf seinen Artikel in der Musik-Zeitung; erwähnt Aufführung seiner neuen Messe; bittet um Zusendung von dessen Oper Die Alpenhütte
Incipit
„Ich habe zwar eigentlich nicht Zeit, aber einen Freund zu beruhigen“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 18Quellenbeschreibung
- 1 DBl. (3 b. S. einschl. Adr.)
- Poststempel in Adresse: DRESDEN | 21. Jan. 19.
- Vermerk über der Anrede „No. 2“, Mitte: „beantw: d. 8. März“ und rechts oben „(das Fischermädchen)“ von J: P. Schmidt
- am oberen Rand der Rectoseite von Gottfried Weber Notiz (Blei): „vid. 1828 Feb. 8“
Dazugehörige Textwiedergaben
-
„Briefe von C. M. v. Weber an Herrn Hofrath J. P. Schmidt“, in: Caecilia Bd. 8 (1828), Heft 31, S. 169–170
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MMW II, S. 191–192
Textkonstitution
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„pp“durchgestrichen
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„enelli“durchgestrichen
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„… ist. daß Mlle: B enelli“Diese Streichung ist durch Punkte unter dem Namen wieder aufgehoben. Diese Streichungen gehen wie die folgenden, wenn nicht anders angegeben, und die Randnotizen, auf die Redaktion der „Cäcilia“ zurück. Dieser Brief wurde dort in Bd. 8 (1828), S. 169–170 veröffentlicht.
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„lauren“durchgestrichen
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„… glaube es ist C lauren“Durchstreichung durch Unterpunktierung wieder aufgehoben.
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„Heune“durchgestrichen
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„Herrn Zwikk werde ich übrigens meine Meynung sagen“durchgestrichen
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„… ich übrigens meine Meynung sagen“Diese Durchstreichung wurde von Weber persönlich vorgenommen.
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„laßen“durchgestrichen
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„… mehr dran bringen könen. laßen“Streichung von Weber
Einzelstellenerläuterung
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„… enelli beßer hätte sein könen“C. Benelli sang die Fiorentine.
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„… des Gefallens. Was den Gesellschafter“Vgl. die Kurzbesprechung der Dresdner Aufführung der Oper in: Der Gesellschafter oder Blätter für Geist und Herz, Jg. 3, Nr. 7 (11. Januar 1819), S. 28, in der es heißt: Das Fischermädchen „sprach hier nicht so an, als es [... in Berlin] der Fall zu seyn scheint. That der Name des Verfassers [gemeint ist der Librettist Theodor Körner] dem Stücke Schaden, oder war Fräulein Benelli, welcher hier die Rolle zugetheilt ist, in der dort die liebliche Johanna Eunicke das | Publikum erfreut, nicht genügend? ich weiß es nicht.“
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„… wiederholt, wenn die langen TrauerFerien“Am 24. Dezember 1818 verstarb Prinzessin Maria Elisabeth Apollonia von Sachsen, eine unverheiratet gebliebene Tante des Königs. Die Theater-Weihnachtsferien vom 13.-31. Dezember 1818 wurden dadurch noch verlängert.
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„… , und darauf folgenden FestVorstellungen“Am 17. Januar 1819 feierten der König und seine Frau ihre goldene Hochzeit.
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„… ist, gar nichts erwähnt wird“In der Abend-Zeitung wurde diese Einstudierung nicht umfassender gewürdigt, wohl aber in einer Sammelbesprechung der AmZ vom 2. Dezember 1818.
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„… nach vielem Leiden glüklich entbunden“Vgl. die Tagebucheinträge vom 21. und 22. Dezember 1818.
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„… Schleßinger die Red: anvertrauen will?“Vermutlich bezogen auf die projektierte Musikzeitung; vgl. Webers Briefe an Schlesinger vom 9. März und 23. November 1818.
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„… laßen, welches alle Theater erhalten“Die Verkaufsanzeige für Das Fischermädchen erschien noch in H. 1 (Januar 1819) vom Tagebuch der deutschen Bühnen, S. 37.