Giacomo Meyerbeer an Carl Maria von Weber in Leipzig (Entwurf)
Darmstadt, Mittwoch, 8. Januar 1812

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An H Baron von Weber in Leipzig

Lieber Bruder. Danke schön für den Neujahrswunsch, und wünsche Dir soviel Glück und Segen als ein Mensch nur ertragen kann. Du wirfst legst mir in Deinem Briefe die scharfsinnige philosophische Frage vor, ob Du oder ich ein Esel seiest? Nachdem ich nun alle Systheme von Aristoteles bis Schelling verglichen habe, glaube ich endlich eine gründliche Antwort gefunden zu haben; keiner von beiden. — Doch nun Scherz bei Seite, wenn einer von uns beiden gefehlt hat, so bin ich’s gewiß nicht. Ich habe schon vor mehreren Monaten einen Brief an Gottfried geschrieben der ganz von Deinen Angelegenheiten handelte; und den ich ihm auftrug Dir zu senden, welches er auch wie er mir schrieb gethan hat. Darauf bist Du mir noch die Antwort schuldig. Übrigens würde mich das nicht gehindert haben Dir zu schreiben; wenn nicht ein anderer wichtiger Umstand dazugekommen wäre, nämlich, die Faulheit. Doch Du warst auch faul das ist mein Trost, und nun genug davon. — . Da ich Deinen Brief erst gestern erhielt | doch sehr wünschte daß Dich meine Antwort noch in Leipzig träfe, so schreibe ich heute /: an einem Tage wo ich sehr viel zu thun habe [:/]. Ich kann Dir daher meine Nachrichten nur ganz kurz und Endtlich mittheilen. — .

1) Deine Briefe nach Berlin werde ich in ein paar Tagen anfangen und sie Dir dann nach einem von den 4 Orten die Du mir angegeben hast senden, an welchen weiß ich noch nicht Frage nur an allen Vieren auf der Post nach*. — .

2) Es verstehet sich von selbst daß Du in Berlin bei meinen Eltern logirst, sie freuen sich schon sehr darauf, u haben mich mehremale in ihren Briefen angefragt, wen[n] Du denn kämest? — .

3). Samori der seit dem October gegeben werden sollte, wird künftigen Sonntag d 12t gewiß gegeben* — 8 Tage darauf ist die erste Vorstellung von Hermann von Unna*, und 4 Tage darauf reisen wir nach München

4). Meine Oper wird in 14 Tagen ganz fertig. Sie wäre es schon vor einem Monate gewesen wenn ich nicht einen Theil der Sujets verändert hätte weshalb ich auch viele Musikstücke umarbeiten mußte |

5) ist Wagners Oper d 26t December gegeben worden. Text sowohl als Musik haben ganz mißfallen*. (Ubrigens wünsche ich daß Du keinen öffentlichen Gebrauch von dieser Notiz machst) —.

6) Wohlbrück ist nach München berufen und wird im Oktober Regisseur des Vorstadttheaters werden. Er ist ganz für mich, ergo auch für Dich eingenommen.

7). Der Posaunist in den Berliner Blättern soll schon in 8 bis 12 Tage eingerückt sein*

8) Die Alte, Papas Schwester ist vor 14 Tagen gestorben*.

9) (welches das wichtigste ist). Sprich mit Härtel von mir als einen Mann von dem es sehr wünschenswerth wäre Aufsätze zu haben, denn ich will ihm nächsten’s Recensionen über Giusto’s Singquartette und Fröhlichs Singschule schicken. Wenn Du etwa über die Quartette etwas in der musikalischen Zeitung sagen wolltest so thue es lieber in einer andern Zeitung, denn ich kann mich in dieser Recension sehr ausbreiten und zeigen* und mögte doch gern bei der Redaktion der M. Z. recht brillant auftreten, damit ihnen die Verbindung mit mir lieb wird —.

etc.

Apparat

Zusammenfassung

teilt Darmstädter Neuigkeiten mit; betrifft publizistische Tätigkeit des Harmonischen Vereins

Incipit

Lieber Bruder. Danke schön für den Neujahrswunsch, und wünsche Dir

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: N. Mus. Nachl. 97, A/142d

    Quellenbeschreibung

    • 2 DBl. (8 b. S.)
    • auf S. 6–8 Meyerbeers Konzept

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Becker (Meyerbeer), Bd. 1, S. 141–142

Textkonstitution

  • „wirfst“durchgestrichen
  • „legst mir“über der Zeile hinzugefügt
  • „gründliche“über der Zeile hinzugefügt
  • „einen Brief“über der Zeile hinzugefügt
  • „hat“über der Zeile hinzugefügt
  • noch„zu“ überschrieben mit „noch
  • „senden“über der Zeile hinzugefügt
  • „… Papas Schwester ist vor 14“Unsichere Lesung, möglicherweise: 4

Einzelstellenerläuterung

  • „… Vieren auf der Post nach“Im Tagebuch vermerkte Weber bis zu seiner Ankunft in Berlin keinen Briefeingang von Meyerbeer; ob er die erhofften Empfehlungsbriefe erhielt, bleibt somit fraglich.
  • „… d 12 t gewiß gegeben“Nach der Premiere am 30. Juni 1811 erlebte die Oper am 28. Juli 1811 ihre vierte und dann nach längerer Pause am 12. Januar 1812 ihr fünfte Vorstellung in Darmstadt.
  • „… Vorstellung von Hermann von Unna“Das Schauspiel mit Musik Voglers wurde in Darmstadt im Januar 1812 am 19. und 21. gegeben.
  • „… als Musik haben ganz mißfallen“Die Oper wurde nur noch einmal (am 1. Januar 1812) wiederholt.
  • „… bis 12 Tage eingerückt sein“Offenbar ein geplanter werbender Beitrag in einer der Berliner Zeitungen; bislang nicht ermittelt.
  • „… ist vor 14 Tagen gestorben“Voglers Schwester Maria Gertrude lebte lange Jahre als Gesellschaftsdame in München, bevor der Bruder sie zu sich nach Darmstadt holte, wo sie verstarb.
  • „… Recension sehr ausbreiten und zeigen“Die Rezension von G. Webers vierstimmigen Gesängen in der AmZ vom 29. Juli 1812 konnte bislang keinem Autor sicher zugeordnet werden. Fröhlichs Singschule wurde in der AmZ nicht besprochen.

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