Friedrich Wilhelm Jähns an Moritz Fürstenau in Dresden
Berlin, Mittwoch, 26. Oktober 1864
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Da ich mit Nächstem doch nicht nach Dresden komme, so muß ich schon schwarz auf weiß kommen und anfragen bei Ihnen, ob Ihnen seit der Zeit meines Aufenthaltes dort, Anfang August’s, nichts Interessantes in den Wurf geflogen d. h. Interessantes für mich und meine Arbeit, wo ich immer noch nach manchen Aufklärungen schmachte, als da sind: die unerklärten Donna-Diana Stücke, der Chor zur Ahnfrau u. der zum Dorf im Gebirge, Musik zum Geburtstag der Prinzeß (Königin) Therese, die Ouverture zu L’accoglienza, Cantate zur Vermählung von Maria Anna Carolina v. Sachsen u. Leopold v. Toskana, welche letzteren Stücke alle verschollen sind. — Nächstens kommt mein Sohn durch Dresden; was sich etwa gefunden, bitte ich ihm zu geben, besonders aber die für Sie besorgte Donna Diana-Musik, auf welcher ich meine darauf gesetzte Notizen nothwendig ändern muß, nachdem ich entdeckt, daß die beiden Hauptpiecen von Gyrowetz herrühren*.
|Eine jetzt folgende Anfrage jedoch möchte ich Sie herzlich bitten, mir umgehend gütigst mit 2 Worten [zu] beantworten. M. v. W. hatte mich, vor 8 Tagen etwa‡, aufgefordert, ihm alles das zu nennen, was sein Vater aus früheren Werken von sich zum Oberon benutzt habe. Ich theilte ihm alles, was ich darüber weiß u. eben einen Theil‡ des Resultats langjähriger Studien zum Behufs‡ meines Werks ausmacht, ungeschmälert mit, bemerkte aber dazu, daß doch ein so spezielles Mittheilen solch rein-musikalischer Dinge in solcher Spezialität‡ wohl meinem Werke vorbehalten bleiben müsse, da das Publikum sonst annehmen würde, ich hätte sein Lebensbild gewissermaßen als Schöpf-Anstalt benutzt für meine Arbeit; ich hätte hier poetisch Quelle sagen können, doch ist mir seit Erscheinen des ersten des 1. Theiles des Lebensbildes‡ von manchen Personen sehr deutlich und prosaisch zu verstehen gegeben [worden], ich brauche ja nur aus dem „Lebensbild“ zu schöpfen, namentlich aus dem Anhang, der doch nun (bis vielleicht auf 20 Zeilen literarischer Anmerkungen) | durchaus und pure von mir herrührt und das Erzeugniß schwierigster Untersuchungen ist. — Um nicht mit den Specialitäten über Oberon dieselbe Erfahrung zu machen, machte ich M. v. W. auf diese Verhältnisse aufmerksam. Er schrieb mir darauf, daß er meine Mittheilungen so benutzen werde, daß sie „meiner Arbeit keinen Schaden thäten“ fügte aber hinzu: „die Notiz über die Oberon-Stellen hast du Fürstenau auch gegeben, der sie mir mitgetheilt hatte.“ – Nun ist meine Frage, mein lieber werther Freund, ist dem so? Gab ich Ihnen die Oberon-Daten (Benutzung der Themate aus Peter Schmoll u. L’accoglienza pp). Ich wüßte nicht, daß Sie mich jemals darum ersucht hätten! Gesprochen habe ich Ihnen gewiß davon, aber förmliche Mittheilung gemacht? — ? — Und wenn es auch wäre, so hätte ich sie Ihnen mit Freuden als für Sie interessante Notizen gegeben mit Ausschluß der Bekanntmachung wegen meines Werks; alles Dinge, die gar nicht mal zwischen uns besprochen zu werden brauchten, da sie | sich von selbst verstehen. – Also bitte bitte, mit 2 Worten mich nur zu benachrichtigen, ob ich die Notizen über den Oberon wirklich gab, was ich nemlich bezweifle, da‡ ich mich dessen nicht erinnern kann, eben so nicht, wie ich mich mit Vergnügen daran erinnere, Ihnen vor etwa 10 oder 12 Jahren Notizen über die Euryanthe gegeben zu haben zum Behuf der Benutzung bei einer Arbeit, die Sie damals unter der Feder hatten. Sollte ich in Bezug auf Oberon so vergeßlich geworden sein? — Da eine Spitze oder Schärfe, wie soll man’s nennen, in der M. v. W.schen obigen‡ Bemerkung liegt, so möchte ich gern auf alle Fälle im Klaren sein, um so mehr als er am Ende dieser Woche hieher kommt. Alles bleibt natürlich über diese Sache streng unter uns, darum bitte ich Sie recht herzlich! —
Mit den verehrungsvollsten Grüßen an Ihre liebenswürdige Gattin drücke ich Ihnen in wahrer Freundschaft die Hand als Ihr treu ergebener F. W. Jähns.
Apparat
Incipit
“Da ich mit Nächstem doch nicht nach Dresden komme”
Überlieferung
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Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
Signatur: Mscr.Dresd.h47, Nr. 4Quellenbeschreibung
- 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
Dazugehörige Textwiedergaben
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Ortrun Landmann, Eveline Bartlitz, Frank Ziegler, Aus dem Briefwechsel Friedrich Wilhelm Jähns – Moritz Fürstenau. Eine Auswahl von Briefen und Mitteilungen der Jahre 1863–1885, in: Weber-Studien, Bd. 3, S. 106f. (Nr. 6)
Textkonstitution
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„etwa“über der Zeile hinzugefügt
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„einen Theil“über der Zeile hinzugefügt
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„s“durchgestrichen
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„in solcher Spezialität“durchgestrichen
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„des 1. Theiles des Lebensbildes“über der Zeile hinzugefügt
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„da“über der Zeile hinzugefügt
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„obigen“über der Zeile hinzugefügt
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„… “Quer am linken Seitenrand notiert:
Einzelstellenerläuterung
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„… beiden Hauptpiecen von Gyrowetz herrühren“Die in der D-Dl befindliche Kopie der Schauspielmusik zu Donna Diana vom Jähns-Kopisten II (Mus. 4689-K-14) ist mit November 1864 datiert. Zur Autorschaft von Gastons Rundgesang und Lied „Laßt Fenisens Lob ertönen“ (JV Anh. 119) vgl. L. von Sonnleithners Brief an F. W. Jähns vom 19. Juni 1864.
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„In“recte „Ich“.
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„Ob.“Abk. von „Obige“.