Weber-Neuerwerbungen im Herbst 2014 in Berlin

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Die Musikabteilung der Staats-Bibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz konnte ihre einzigartige Weber-Sammlung erneut um wichtige Quellen bereichern, u. a. im Herbst 2014 um eine dreibändige Partiturkopie von Carl Maria von Webers letzter Oper Oberon (55 MS 10185). Die Abschrift wurde von zwei Dresdner Kopisten angefertigt, die häufig für den Komponisten arbeiteten (Kretzschmar und Lauterbach); die separat beiliegende Kopie der Ouvertüre stammt von der Hand des Flötisten Anton Bernhard Fürstenau, der Weber zur Uraufführung der Oper 1826 nach London begleitet hatte und offenbar noch vor Ort auf Anweisung des Komponisten dieses Manuskript anfertigte.

Die Provenienz der Partiturabschrift ließ sich durch durch einen Nachtrag von „C. Merz“ am Ende dieser Ouvertüre ermitteln: Carl Merz war an der Herstellung des deutschsprachigen Oberon-Klavierauszuges beteiligt, der bei Webers Hauptverleger Adolph Martin Schlesinger in Berlin herauskam. Im Brief des Verlags an Caroline von Weber vom 23. März 1826 wurde zunächst zwar ein gewisser A. Schmitt genannt, „der sich der Korrektur unterzogen“ habe, die im Sommer 1826 erschienene Erstausgabe enthält aber auf Seite 4 unten den Vermerk: „Corrector: CARL MERZ, Musiklehrer“. Mit der erneuten Durchsicht in Vorbereitung der korrigierten zweiten Auflage 1827 wurde dann ein vielversprechender achtzehnjähriger Musiker beauftragt: Felix Mendelssohn Bartholdy, der seine Änderungsvorschläge am 5. März 1827 an den Verlag sandte. In der Originalplatte der Seite 4, die für die Neuauflage wieder benutzt wurde, ist denn auch der Hinweis auf den vorherigen Korrektor Merz getilgt.

Der Namenszug von Merz auf der Ouvertüren-Abschrift lässt hinsichtlich der Provenienz nur eine Interpretation zu: Es handelt sich offenbar um jenes Partitur-Exemplar, das Schlesinger anlässlich der Einrichtung dieses Oberon-Klavierauszuges erbeten hatte. Im erwähnten Brief des Verlegers an Caroline von Weber vom 23. März 1826 heißt es, dass der Korrektor Schmitt „viele zweifelhafte Stellen“ im Klavierpart ohne Einsicht in die Partitur nicht beurteilen könne. Caroline von Weber vertröstete den Verleger in einem Brief vom 11. April, sie hätte die Partitur längst geschickt, „wenn der Kopist dem sie Weber allein anvertraut hat, nicht erkrankt wäre“. Besagter Kopist war der bereits genannte Dresdner Hornist Carl Gottlob Kretzschmar. Zunächst erhielt Schlesinger dann Mitte Mai 1826 eine unvollständige Partitur, die nur jene Teile des Werks enthielt, die vor Webers Abreise nach London entstanden und somit in Dresden greifbar waren: die kompletten Akte I und II sowie die Nr. 17, 18 und 21 aus dem III. Akt – genau diese Passagen stammen in der neu angekauften Abschrift tatsächlich von Kretzschmar. Lediglich mehrere in London komponierte Nummern (Nr. 16, 19, 20 und 22) zeigen die Handschrift des Kopisten Lauterbach und wurden offenbar erst später von Dresden nach Berlin nachgereicht; sicherlich vor der Privataufführung der Oper im Dezember 1826 im Verlagshaus Schlesinger. Die von Fürstenau kopierte, ebenso erst in London komponierte Ouvertüre muss schon früher in Berlin vorgelegen haben, da die Abschrift mit recht großer Wahrscheinlichkeit als Vorlage für den im August 1826 von Schlesinger publizierten Stimmenerstdruck dieser Nummer diente. Auch dem Aufführungsmaterial zur Berliner Erstaufführung der Ouvertüre am 17. Juli 1826 unter Direktion von Carl Möser lag sicherlich Fürstenaus Kopie zugrunde. Dass sie auf dem direkten Postweg von London nach Berlin kam, darauf deutet eine Knickfalte hin: Um Porto zu sparen, war das Manuskript (22,5 x 29,5 cm) in der Mitte gefaltet worden, so dass es nur noch 22,5 x 15 cm maß. Zwei in London für John Braham, den Sänger des Hüon, nachkomponierte Vokalnummern (eine Ersatzarie anstelle der ersten Nr. 5 sowie die Preghiera-Einlage Nr. 12A) fehlen.

Das weitere Schicksal der Partitur ist ungewiss. Aus zwei Briefen des Verlegers an Caroline von Weber (vom 25. Dezember 1827 und 16. Juli 1828) weiß man lediglich, dass dieser die Partiturkopie im Auftrag der Witwe 1827 an seinen Pariser Sohn (und ebenfalls Verlagsinhaber) Maurice Schlesinger gesandt hatte, weshalb er dringend eine Ersatzkopie erbat. Aus dem Pariser Verlagsarchiv gelangte das erste Schlesinger-Exemplar später offenbar in Privathand und konnte nun angekauft werden.

Weiteren Weber-Zuwachs brachte der Dezember 2014: Gemeinsam mit mehreren Partnern erwarb die Staatsbibliothek wesentliche Teile des Verlagsarchivs Schott , darunter zahllose Briefe. Carl Maria von Weber ist viermal (4. August 1815, 1. September 1824, 4. September 1825, 3. Dezember 1825) vertreten, sein Halbbruder Edmund einmal (Detmold, 17. November 1827); dazu findet sich umfangreiche Korrespondenz seines Freundes und Namensvetters Gottfried Weber sowie Schreiben von etlichen Weber-Zeitgenossen (auch solchen aus dem persönlichen Umfeld des Komponisten).

Frank Ziegler, Montag, 8. Dezember 2014

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