Aufführungsbesprechung Berlin, Opernhaus: Vorstellung zugunsten des Vaterländischen Vereins (darunter „Lieb’ und Versöhnen“ von Carl Maria von Weber) am 3. und 17. April 1816 (Teil 2 von 2)

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Mittwoch den 3ten April, Vormittag von 11 bis 2 Uhr, zum Erstenmale und wiederholt Mittwoch den 17ten April, zur selben Zeit, im Königlichen Opernhause: Vorstellungen zum Besten des vaterländischen Vereins.

(Beschluß).

Auf das Monodrama Sappho folgte Deklamation dreier Balladen von Herrn Prof. Gubitz gedichtet: das stumme Kind, gesprochen von Hrn. Beschort, das Liedchen dazu von Hrn. Musikdir. Seidel komponirt, Gwend und Edda, gesprochen von Herrn Lemm. – Erry von Schlins, gesprochen von Demoiselle Düring. […] | – Den Schluß machte ein kleines Schauspiel auch vom Hrn. Professor Gubitz entworfen unter dem Titel: Lieb und Versöhnen oder die Schlacht bei Leipzig, in einem Akte. Das inhalt- und thatenschwere Gewicht des ernsten, unvergänglichen Namens: Schlacht bei Leipzig! drückt den federleichten, zum Theil skurrilen Inhalt von Lieb und Versöhnen so tief zu Boden, daß wir es nicht begreifen, wie der Herr Verfasser nicht zum Voraus das Zweckwidrige dieser Zusammenstellung geahndet hat. Wenn die Kunst an solche Begeben-Heiten erinnern will, wodurch das Höchste und heiligste etschieden und gerettet ward, so muß es auf eine für die Sache, die Nation und die Kunst würdigere Weise geschehen, wenn man nicht Gefahr laufen will, in den Vwrdacht zu gerathen, als triebe gemüthsloser Witz und Leichtsinn mit dem Heiligsten seinen Spott. Rettungstage wie die bei Leipzig, Großbeeren, Dennewitz, an der Raßbach, bei Kulm, La Belle-Alliance, Paris, müssen auch auf der Kunstbühne jedes Mal bei ihrer Wiederkehr, so lange ihre seegensreichen Folgen noch immer dauern werden, auf das sinnlichste und eindrücklichste gefeiert werden, damit durch die jährliche Erneuerung Fürsten und Völker in der einschläfernden Ruhe des Friedens daran erinnert werden, welche Gefahren der zu großen Sicherheit drohen und mit welchen, welchen Opfern sie nur dem unausbleiblichen Schicksal aufgekauft werden konnten. Aber sie müssen auf eine ernste, große, würdige Weise gefeiert werden, würdig der Sieger, der Geretteten, würdig der Geschichte, würdig der Kunst, selbst so viel als möglich schonend für – den Besiegten. Fern sey Leichtsinn und Skurrilität, wenn auch der große, ungebildete Hause vor der Bühne durch schlechte, nur ihm als seinen Götzen huldigende Dichter, daran gewöhnt das Heiligste neben dem Unheiligen, den Ernst neben den Spaß gestellt zu sehen und zu belachen, auch hier eine ähnliche Mischung sinnlos verlangen sollte. Wenn der Dichter nicht höher als sein Publikum steht, wird er es schwerlich bilden helfen, sondern nothwendig mit ihm, wie billig, untergehen.

Y.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Amiryan-Stein, Aida

Überlieferung

  • Textzeuge: Dramaturgisches Wochenblatt in nächster Beziehung auf die königlichen Schauspiele zu Berlin, Bd. 2, Heft 18 (4. Mai 1816), S. 139–140

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