Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Ems, Mittwoch, 10. August 1825 (Folge 1, Nr. 14)
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Gottlob! nun gehen bald der Katz die Haare aus, und ich sehe schon ohngefähr den Tag meiner Abreise. hoffentlich Sonnabend d: 20t. ich bin nun noch sehr uneinig mit mir über die Art meiner Rükreise. eigentlich sollte ich sie so einrichten daß sie eine Art Nachkur bildet, und mir zur Erholung dient. Von der andern Seite aber habe ich zu befürchten, daß Aufenthalte in Frankfurt, Weimar, Leipzig p mir auch fatiguant sein werden, weil ich dann gewiß mancherley Ehrenbezeugungen, Diners und dergl: nicht wohl werde ausweichen können. ich denke von hier die Rhein Reise über St. Goar und Bingen, Johannisberg pp nach Frankfurt zu machen, das weitere will ich denn dem Zufalle und der Bestimmung des Augenblikes überlaßen. Somit kann ich dir also den Tag meiner Ankunft nicht ganz genau angeben. Der ganze August geht aber wohl drauf. Wenn ich nur in Dresden einige Tage wenigstens in ein Mauseloch kriechen und nur für dich sichtbar sein könnte, aber mir graut so vor dem Ueberlaufen, Fragen und ewigen Wiederholen des Nehmlichen, daß ich schon jezt anfange mir Geduld dazu zu sammeln.
Diesen Brief mußt du mir nach Weimar, Post restant beantworten. Leipzig gedenke ich ganz zu überspringen. was soll ich dort. — ? Kemble ist noch nicht angekommen. ich erwarte ihn mit Ungeduld. Bald wird nun die Mukkin ihren alten Muks, und der Max seinen rechten Vater wieder haben. Wie freue ich mich 2 Monate machen bei Kindern schon eine bedeutende Veränderung, besonders beim Lexel mit seinen 2 Zänchen. Piattis gehen Sonnabend, werden aber ziemlich mit mir zugleich erst nach Dresden kommen, da sie bedeutende Umwege machen. So geht eine bekannte Familie nach der andern fort, doch sind noch viel recht angenehme da. mit Wolfs und Helmkes aus Hanover bin ich am meisten zusammen. Heute soll ich bei der Gräfin Perponcher die nähere Bekanntschaft der Kronprinzeßin machen, ihrem Verlangen gemäß. Gestern war wieder Ball, wo sie auch war. Da habe ich wieder schreklich getanzt. von 1/2 7 bis 9 Uhr, und bin dann hungrig schlafen gegangen. Nun wahrlich, wenn ich nicht diät lebe so weiß ich es nicht. seit ein paar Tagen wo das Wetter ein bischen unbeständiger ist, gehe ich sogar schon um 7 Uhr nach Hause. 2 Tage habe ich rechte Zahnschmerzen und Reißen im halben Kopf gehabt, heute ist es aber wieder weg. Auch huste ich bedeutend weniger, und fange so nachgerade an etwas Beßerung des eigentlichen Uebels zu merken. Daß es übrigens so gefährlich nicht damit bei mir aussieht, habe ich weg, denn sonst könnte ich unmöglich mich so schnell erholt haben, und übrigens so gesund sein.
Uebermorgen bin ich aber auch schon 4 Wochen hier. Gestern bin ich noch einmal ausgezogen, in ein größeres Zimmer nehmlich. im 1t Stok, da mein voriges sehr klein war, und es nun leerer im Hause wird. H: Johann wird auch sehr froh sein wenn | er von hier fort komt. Auf der Reise lebt er auf meine Rechnung, hier aber gebe ich ihm täglich 8 gr: Kostgeld, und obwohl das ganz honett ist, so mag er doch nicht damit auskommen, denn es ist alles schreklich theuer hier. So geben z: B: Piattis für ihr Quartier allein, 77 f wöchentlich. Was mich die Reise kostet, mag ich gar nicht sagen. Erfüllt sie aber ihren Zwekk so soll es mit Freuden gegeben sein. Nicht wahr meine Alte? Möchte dir gar gern allerley Unterhaltendes erzählen, weiß aber gar nichts. die Tage gehen gar zu einförmig vorüber, jeder dünkt einem zu lang, und im Ganzen schwindet doch die Zeit schnell dahin im Verhältniß zur Langeweile und Eintönigkeit. Morgen komt wieder ein Briefel von dir, mein heißgeliebtes Leben. Wie zähle ich immer die Stunden von einem Posttag zum andern. und wie wird der Postbote belagert wenn er am Brunnen erscheint. Hier bekomme ich noch 3 von der Mukkin, und unterwegs 2. Dann wieder kommt die mündliche Correspondenz. Gott laße uns recht gesund und fröhlich sie wieder beginnen.
Lebe wohl, du geliebtes, treues Herz, ich umarme dich innigst, und küße segnend beide geliebte Buben. Gott segne Euch Alle + + + seid brav, heiter und gesund. und bald sieht Euch wieder
der Euch über alles liebende
Vater Carl
Apparat
Zusammenfassung
Planungen für die Rückreise nach Dresden; Bericht über persönliche Kontakte zu anderen Kurgästen; wiederum Klagen über die hohen Kosten
Incipit
„Gottlob!, nun gehen bald der Katz die Haare“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Weberiana Cl. II A a 3, 20Quellenbeschreibung
- 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
- ursprünglich 1 DBl., Bl. 2 (Adressenseite) bis auf 2 cm Rand abgeschnitten
Provenienz
- vermutlich zu jenen 60 Weber-Briefen gehörig, die Max Maria von Weber Anfang 1854 an Friedrich Wilhelm Jähns verkaufte; vgl. Max Jähns, Friedrich Wilhelm Jähns und Max Jähns. Ein Familiengemälde für die Freunde, hg. von Karl Koetschau, Dresden 1906, S. 403
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Joachim Veit, Eveline Bartlitz und Dagmar Beck (Hg.), „...die Hoffnung muß das Beste thun.“ Die Emser Briefe Carl Maria von Webers an seine Frau, München 2003, S. 93f. (mit Faks.)