Maurice Schlesinger an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Baden, Montag, 15. Februar 1869

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Herrn Jaehns […] Berlin

Nach Empfang Ihres Geehrten Briefes ging ich zu Pixis, der mir sagte Sie möchten ihn entschuldigen daß er nicht selbst antworte das Schreiben werde ihm zu sauer, und bat mich es an seiner Stelle zu thun.

Er erzählte mir folgendes: Während Webers Anwesenheit gaben Sie (ich nämlich) ein großes Künstler Diner ihm zu Ehren wobey Cherubini, Meyerbeer, Rossini, Halevy, Auber, Onslow, und alle berühmte Musicker gegenwärtig waren und wozu auch ich eingeladen war*. Nach Tische begleitete mich Weber in meine Wohnung, und da er so matt war, daß wir fast eine halbe Stunde brauchten, um dahin zu kommen, so wandt ich alle meine Rednerskraft an, um ihn von seinem Plan nach London zu reisen abzubringen, er antwortete mir aber, daß er wohl fühle, daß es sehr bald aus mit ihm seie, und da müße er noch ein Stück Geld verdienen, um es seiner Familie zu hinterlassen, das sey seine Schuldigkeit[.]

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Einige Zeit nach Webers Tode, wurde la derniere pensée de Weber bekant und ich schrieb darüber eine Fantaisie, die Sie verlegt haben. Da ich es für ein recht gelungenes Stück hielt, so sandte ich ein Ex davon meinem Freunde Reissiger nach Dresden. Derselbe dankte mir, und schrieb: Dieser Walzer ist nicht von Weber sondern von mir. Einige Tage vor Webers Abreise von Dresden war ich bey ihm um ihm Lebewohl zu sagen. Da Frau v. Weber gegenwärtig war u die Rede auf Invitation à la Valse kam, setzte ich mich ans Fortepiano u spielte meinen Walzer, den ich grade so eben geschrieben hatte. Derselbe gefiel Weber so daß er mich bat ihn ihm aufzuschreiben, was ich auch that. Er legte ihn unter seine Papiere und so kam er mit nach London. Nach Webers Tode fand man denselben unter dessen Papieren und gab ihn als Derniere pensée de Weber heraus, aus Pietät für Weber, und weil ich gar kein Gewicht auf ein so unbedeutendes Stück setzte habe ich gar nicht reclamirt.

Hierauf suchte Pixis unter allen seinen alten | Briefschaften nach Reissigers Brief um ihn Ihnen mitzuschiken, fand ihn aber nicht er ist verloren gegangen.

Soweit also über diesen Gegenstand mehr weiß er nicht.

Mich Ihnen bestens empfehlend Ihr Ergebener
Maurice Schlesinger

Apparat

Zusammenfassung

es geht um einen Besuch bei Pixis und dessen Erzählung, wie es sich mit Webers angeblich letzter Komposition verhielt

Incipit

Nach Empfang Ihres Geehrten Briefes ging ich zu Pixis

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 559

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
    • von Jähns mit Bleistift schwer lesbare Worte verdeutlicht, Abkürzungen aufgelöst und Interpunktionszeichen ergänzt

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Sell, Ernst, Täuschung wider Willen. Überlegungen zum Letzten Gedanken, in: Weberiana, 1995/4, S. 23–24

Textkonstitution

  • unleserliche Stelle (ca. 1 Wort)
  • „Rednerskraft“unsichere Lesung

Einzelstellenerläuterung

  • „… wozu auch ich eingeladen war“Das gemeinsame Mittagessen bei Maurice Schlesinger ist in Webers Tagebuch am 28. Februar 1826 vermerkt, allerdings besuchte Weber nach dem Dinér noch eine Vorstellung der Dame blanche, was die nachfolgende Anekdote von Pixis mehr als fraglich erscheinen lässt.

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