Friedrich Wilhelm Jähns an Moritz Fürstenau in Dresden
Berlin, Samstag, 1. März 1873
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In der Anlage übersende ich Ihnen meine eben erschienene „Lebensscizze von Weber pp“. Sie ist ein etwas vermehrter Sonderabdruck des in den „Grenzboten“ im vor. J.‡ gebrachten Aufsatzes von mir. Noch ist die Lithographie eines Weber-Portraits* zugefügt, das ich im Juli v. J. in Kopenhagen auffand. Das Original ist ein kleines chef d’oeuvre. Die danach gefertigten Photographieen (in Kopenhagen gemacht durch Hansen*) sind höchst gelungen. Auch eine solche sende ich Ihnen und Sie wird dazu dienen, Ihnen zu zeigen, daß die Lithographie vor meiner Lebensscizze weit dahinter zurücksteht, wodurch leider meine Vorbemerkung (zum Bilde) gewißermaaßen unwahr wird. Aber erst sollte die Kopenhagener Photographie dazu kommen; später, als 1000 Exempl. der Scizze aber gedruckt waren, erschienen meinem Verleger die Kosten dafür zu hoch und | und‡ so mußte die später angefertigte Lithographie davor gesetzt werden. Das ist nun freilich schlimm für mich, aber läßt sich nicht mehr ändern.
Nun aber komme ich zu etwas Anderem. — Der Besitzer des Originals ist ein Herr Archivar Klein in Kopenhagen: Nörrebro, Sögade No 24, III, wohnhaft. In Dresden Antonstadt, Holzhof-Gasse No 11 wohnt der sehr wohlhabende Rentier G. A. Heinrich, der im Garten seiner Villa dasjenige Haus besitzt, was Weber Frühjahr bis Herbst 1825 bewohnteT, in dem die Conception des Oberon ihr‡ seinem Hauptinhalte nach entstand. (Vergl. Lebensscizze p. 44 u. 45) H: Heinrich hat dies Haus zu einer Erinnerungsstätte an Weber auszustatten begonnen, wie Sie eben auf jenen Seiten in der Scizze ausführlicher lesen werden. Er sammelt dazu eifrig Autographe*, Bilder pp. Ich schrieb ihm von dem von mir aufgefundenen Bilde; er | wünschte lebhaft, das Bild zu besitzen und bot Hrn. Klein, mit dem ich befreundet wurde, 60 rh dafür. Letzterer wollte sich aber nicht davon trennen, weil das Bild allerdings ein sehr vorzügliches Unicum ist, was Weber in ganz neuer und ausgezeichneter Weise giebt und was ihm sehr teuer ist. Das Kopenhagener Cultusministerium wurde darauf aufmerksam und hätte es wohl erworben, wenn es‡ Hℓ: Klein billig gegeben hätte; das will er aber nicht u. 60 rh wie vielleicht 100 rh scheinen ihm zu wenig für das Bild. Nach Erscheinen meiner Lebensscizze hat sich Hr. Heinrich aufs Neue an mich gewendet, um Hℓn. Klein nochmals aufzufodern, das Bild ihm, wenn auch unter höheren Bedingungen, zu überlassen. Hℓ: Klein möchte es aber vorziehen, dasselbe einem großen öffentlichen Institute abzulassen, als einem Privatmanne, vorausgesetzt, daß | eine ihm convenable Summe gezahlt werde. So fragte er bei mir an, ob es Ihr Hoftheater vielleicht erwerben würde; einen Preis hatte‡ er nicht gestellt; doch glaube ich fast, daß er mindestens 100 rh fordern würde, obwohl 150 rh die Summe war, von welcher er zuerst in seinen Briefen an mich sprach. — Auch mir scheint die kleine, aber sehr vorzügliche Zeichnung in ihrer unbestrittenen historischen Bedeutsamkeit für dasjenige Kunstinstitut, für das Weber fast 10 Jahre so glorreich wirkte, eine geeignetere Stelle zur endlichen Aufbewahrung, als die Sammlung einer Privatperson; jedenfalls aber ist der Wille des Besitzers maßgebend für mich, es zuerst Ihrer Hoftheater Direction anzubieten und zwar durch Ihre gütige Vermittlung. – Nun aber müßte dies Angebot ganz in aller Stille | von Ihrer Seite geschehen, damit Hℓ: Heinrich nicht schließlich den Ankauf ref‡üsirt, wenn er erfährt, daß dies bereits von Ihrer Hoftheater-Direction geschah. Auch müßte ein Entschluß derselben so schleunig als nur irgend möglich statt haben, da Hr. Heinrich auf Nachricht von Hrn. Klein dringt, der ihn schon ziemlich lange darauf warten läßt. — Wollen Sie nun die Güte haben, diese Angelegenheit in dieser Weise zu vertreten??! — Ich bitte Sie freundlichst darum, aber – so geheim u. so schleunig als möglich! — Die Photographie giebt eine sehr gute Idee von der eigentlichen Beschaffenheit des Originals. — Aus den beigelegten Seiten des letzten Briefes des Hrn. Klein an mich werden Sie ersehen, daß auch er Ihre gütige Vermittlung in Anspruch nimmt, daß sich überhaupt alles genau so verhält, | wie ich es Ihnen in Vorstehendem mitgetheilt habe. Aber nochmals bitte ich — so sehr in der Stille u. so bald als möglich. — Hiemit schließe ich die lange Epistel und erbitte nur noch das Schreiben von Hrn. Klein an mich zurück*.
Indem ich hiemit Ihnen, verehrter Freund, wie Ihrer
verehrten Gattin auf das Allerherzlichste mich empfehle bin ich wie immer
Ihr
treu ergebenster
F. W. Jähns.
Apparat
Zusammenfassung
schickt ihm ein Exemplar seiner Lebensscizze von Weber, beigegeben ist ihr eine Lithographie eines von ihm in Kopenhagen im Besitz von Carl Klein aufgefundenen Bildes von Weber (von Christian Horneman), das aus Kostengründen nicht als Photographie gebracht werden konnte; der Besitzer des Hauses von Cosels Garten, Herr Heinrich, ist interessiert daran, da er es für seine einzurichtende Weber-Gedenkstätte haben möchte, Klein wolle es aber nur in öffentliche Hand geben, wenn gut bezahlt würde; F. solle sondieren, ob Mittel für einen Ankauf durch das Dresdner Hoftheater vorhanden wären
Incipit
„In der Anlage übersende ich Ihnen“
Überlieferung
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Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
Signatur: Mscr.Dresd.h47, Nr. 25Quellenbeschreibung
- 1 DBl., 1 Bl. (6 b. S. o. Adr.)
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Ortrun Landmann, Eveline Bartlitz, Frank Ziegler, Aus dem Briefwechsel Friedrich Wilhelm Jähns – Moritz Fürstenau. Eine Auswahl von Briefen und Mitteilungen der Jahre 1863–1885, in: Weber-Studien, Bd. 3, S. 134f. (Nr. 45)
-
Frank Ziegler, ...In schmucklosester Wahrheit vorgetragen. Christian Hornemans Weber-Porträt von 1820, in: Weberiana 6 (1997), S. 58–63
Textkonstitution
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„im vor. J.“über der Zeile hinzugefügt
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„und“sic!
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„ihr“durchgestrichen
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„es“über der Zeile hinzugefügt
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„te“durchgestrichen
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„f“durchgestrichen
Einzelstellenerläuterung
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„… Litho graphie eines Weber -Portraits“Zeichnung von Christian Horneman.
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„… (in Kopenhagen gemacht durch Hansen“Sowohl die Photographie als auch die Lithographie haben sich in der Weberiana-Sammlung in D-B (Cl. VIII, H. 1, Nr. 13 und 17) erhalten.
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„… Er sammelt dazu eifrig Autographe“In der Lebensskizze spricht Jähns ausdrücklich nur von Briefautographen. Möglicherweise erwarb Heinrich das Teilautograph der Schottischen Lieder erst danach; 1872 befand es sich im Besitz von Wilhelm Künzel; vgl. den Briefwechsel zwischen diesem und Jähns vom Januar 1872.
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„… Hrn. Klein an mich zurück“Von einer Erwerbung der Zeichnung durch die Dresdener Königliche Hoftheater-Intendanz ist z. Zt. nichts bekannt, ebensowenig von ihrem weiteren Verbleib.