Georg August von Griesinger an Carl August Böttiger in Dresden
Wien, Samstag, 13. Dezember 1823

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Mein verehrter Freund,

Mit verbindlichstem Dank folgt hiemit Houwalds Brief zurük.

Es thut mir für Weber leid, daß die Aufführung seiner Oper gerade in Dresden verschoben werden muß; übrigens bin ich der Meinung: lieber keine Euryanthe als eine hochschwangere*. Gestern wurde sie hier wieder gegeben*, und es bestätigt sich immer mehr, daß sie nie ein Cassen- und Lieblingsstük werden wird wie der Freischüz.

[…]

Hn. Schikh, meinem nahen Nachbar, habe ich Ihr Briefchen sogleich zugestellt. Es scheint mir auch, es sey beßer, daß Ihr Aufsaz hier nicht gedrukt worden ist, weil es der Mehrheit gewiß anstößig gewesen wäre, und weil die Leute sich nun einmahl nicht | vordemonstriren lassen, daß etwas schön sey, was ihnen nicht gefallen hat*.

Noch eine schlimme Anekdote unter uns: Bei einem Kunsthändler hingen das Bild von Rossini und Weber heraus. Ein Vorübergehender fragt nach dem Preis, man antwortet, jeder koste 4 f. und er kauft Rossini. Einige Tage danach fragt er wieder nach dem Preis von Weber, und man sagt ihm noch einmahl 4 f. Wie, antwortet er, so viel auch nach der Oper ?

Mit Herzen u. Munde Ihrtreuer
Gr.

Apparat

Zusammenfassung

Wiener Gesellschafts-Neuigkeiten, Bedauern für Weber, dass die Erstaufführung der Euryanthe in Dresden wegen der Schwangerschaft der Sängerin der Titelrolle verschoben werden musste und Mitteilung einer bitteren Anekdote zur Euranthe bzw. zu Weber

Incipit

Mit verbindlichstem Dank folgt hiemit Houwalds Brief zurük.

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. h 37:4, Bd. 64, Nr. 205

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S.)

    Provenienz

    • 1926 Dresden SLB

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Ludwig Schmidt, Zeitgenössische Nachrichten über Carl Maria v. Weber, in: Die Musik. Monatsschrift, hg. von Bernhard Schuster, Jg. 18, 2. Halbjahrsband, Heft 9 (Juni 1926), S. 658 [Ausschnitt].

    Einzelstellenerläuterung

    • „… keine Euryanthe als eine hochschwangere“Die Premiere musste wegen der Schwangerschaft von W. Schröder-Devrient, die für die Titelpartie vorgesehen war, verschoben werden (auf den 31. März 1824). Ihr Sohn Carl Wilhelm kam am 12. Februar 1824 zur Welt.
    • „… wurde sie hier wieder gegeben“Zehnte Vorstellung der Oper im Kärntnertortheater.
    • „… was ihnen nicht gefallen hat“Böttiger hatte möglicherweise einen Verteidigungs-Artikel zur Euryanthe verfasst.

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