Aufführungsbesprechung: „Das war ich“ von Johann Hutt und „Der Schauspieler wider Willen“ von August von Kotzebue am 5. September 1811 in Mannheim

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Mannheimer Theater, den 5. Sept. – Das war ich*, ländliche Szene in einem Aufzuge. – Mad. Nicola ist eine hohe Meisterin im komischen Fache. Die Role der Nachbarin in dem kleinen Stückchen, dessen Idee recht artig ist, dessen Ausführung aber an langweiligen, freilich schwer zu vermeidenden, Wiederholungen leidet, gelang ihr heute wieder in vorzüglichem Grade; mit der tiefsten Wahrheit griff sie den Charakter dieses alten, ganz in nachbarlichen Schwätzereien lebenden Weibes auf, welches verzweifeln möchte, daß man ihren Worten keinen Glauben beimißt, und ihre Nüancirungen bis ins Kleinste trugen alle das Gepräge der Wahrheit und Natur; sie belebte und erheiterte die ganze Szene; auch unterstützten sie die Mitspielenden lebhaft, und es wurde rasch gespielt, wenn gleich noch nicht rasch genug.

Der Schauspieler wider Willen*, Lustspiel in einem Aufzuge, von Kotzebue. – Die Idee des Schauspielers wider Willen an sich ist nicht schlecht, und der Titel des Stücks läßt etwas weit besseres erwarten, als man in der Ausführung findet, denn diese ist höchst mager und seicht, und hat kaum einen Zusammenhang; nur durch die Kunst des Schauspielers kann das Ding einigermaßen amüsiren. Hr. Thürnagel* löste die schwierige Aufgabe nicht ohne Glück, und wußte viele Nüancirung in die verschiedenen Karrikaturen zu bringen, welche er nach einander vorzustellen hat; vorzüglich gut und komisch gehalten war der italienische Machinist*; die Suffisance einer solchen Maschinenseele, den kunstgerechten Unverstand und dabey immer das Ineinandersprechen von Italienisch und Deutsch wußte er mit trefflicher Wirkung durchzuführen; auch ertheilte ihm das Publikum in dieser Szene am meisten Beifall. Weniger [gut] gehalten, aber am besten nach dem vorigen, war der Jude*, in welchen er viel Originalität zu legen wußte; dahingegen befriedigte er wenig als Souffleur*, wo er das Stottern bis zum Langweiligwerden übertrieb, und der Natur zu wenig nahe kam; freilich fordert das Stottern eine eigene Uebung für den, dem es die Natur – versagt hat, und das Studium lohnt sich kaum der Mühe.

the unknown Man.

Apparat

Generalvermerk

Zuschreibung nach Sigle.

Entstehung

Überlieferung

  • Textzeuge: Badisches Magazin, Jg. 1, Nr. 161 (7. September 1811), S. 644

    Einzelstellenerläuterung

    • „Das war ich“EA, Mannheim: 16. September 1804.
    • „Der Schauspieler wider Willen“EA Mannheim: 16. April 1805.
    • „Hr. Thürnagel“Emil Thürnagel trat als Pfifferling auf.
    • „italienische Machinist“Szene 8.
    • „der Jude“In Mannheim trat der Schauspieldirektor Pfifferling nicht nur als Kellner, Perrückenmacher, Ankleiderin, Maschinist, Souffleur und Theaterdichter, sondern laut Theaterzettel zum Schluß auch als Jude auf – eine Rolle, die in der Druckausgabe des Schauspiels fehlt. Ein Textbuch ist im Reiß-Museum Mannheim nicht mehr vorhanden.
    • „als Souffleur“Szene 12.

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