Friedrich Wilhelm Brauer an Friedrich Wilhelm Jähns
Dresden, Montag, 4. November 1844
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- 1852-10-14: an Hellwag
- 1845-03-27: von Strecker, Christian Andreas
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- 1867-11-09: an Jähns
Lieber Freund.
Frau von Weber hat mich bei ihrer Abreise mit Max beauftragt, alle Briefe die an sie kommen zu öffnen, um nöthigenfalls zu antworten, was zu antworten ist, so lange sie selber abwesend ist. Sie ist fortgegangen, um sich in einer andern Natur, unter andern Begegnissen, unter andern Anschauungen einige Beruhigung zu suchen, die sie hier unmöglich finden konnte, wo man sie mit Beileidsbesuchen überhäuft haben würde, die an und für sich zwar das Tröstliche haben, dass sie uns ein Beweis der Liebe und Theilnahme der Freunde sind; jedoch reisst jeder neue Besuch auch die Wunde aufs neue auf, und macht sie am Ende unheilbar. So kann ich denn auch nicht umhin Ihnen in aller Freundschaft, aber offen und unumwunden auszusprechen, dass ich es keineswegs für rathsam halte, dass Sie mit ihrer lieben Frau hierher kommen, namentlich da Letztere des Trostes selber gar zu viel bedarf, als dass Sie selber jemand anders zu trösten im Stande wäre. Beweisen Sie Ihre Freundschaft zu der armen gebeugten Frau v. Weber dadurch, dass Sie dieselbe schonen, nicht ihren Schmerz aufs neue aufregen, und so vielleicht beitragen, dass sie am Ende gar selber krank davon wird. Uebrigens ist es auch höchst wahrscheinlich, dass Frau v. Weber | unter mehreren Wochen nicht zurück kehret, denn innerhalb dieser und der halben nächsten Woche kommt ihre Wohnung noch nicht wieder in Ordnung, und selber hernach soll es auf ausdrücklichen Wunsch des Artztes‡ noch nicht gleich bezogen werden, um die nöthigen Vorsichtsmassregeln nicht aus den Augen zu lassen.
Hiernächst haber‡ habe ich Ihnen auch eine kurze Antwort darüber mitzuteilen, dass Sie vom Max ganz vergeblich auf eine Nachricht der Ankunft der Asche seines Vaters würden warten müssen, denn Max erfährt dieselbe vielleicht gar nicht eher, als bis er mit seiner Mutter zurückkehrt, oder wenn er ja seine Mutter allein bei Jagemanns liesse, und hier herkäme um die Ankunft derselben abzuwarten, so würde er doch erst den Tag nach der Ankunft, und etwa den Tag vor der Beisetzung von mir davon benachrichtiget werden. Wie oft soll ich Ihnen denn sagen, dass ich es Ihnen schreiben werde, sobald wir davon in Kenntnis gesetzt sind. In unsrer letzten Comité Versammlung haben wir noch nicht einmal eine officielle Mittheilung der Art und Weise seines Abganges von Hamburg erhalten, und da wir dem Hamburger Spediteur die ausdrückliche Weisung gegeben haben, die theuern Reste per Elbkahn hierher zu befördern, so ist noch lange keine Aussicht für deren Ankunft.
|Alexanders Leichenbegängniss am Sonnabend um 2 Uhr war sehr feierlich; ein Zug von 3 bis 400 Menschen begleitete ihn auf seinem letzten Wege, sein Sarg war ganz unter Blumen vergraben. Viele Hochgestellte Männer waren in dem Trauerzug zu sehen. 3 Sänger vom königl. Hoftheater sangen auf dem Wege nach der Gruft, und dann wieder nach Beendigung des Ritus und einer erhebenden Rede des Pater Heine*. Viele vornehme Damen besuchten ihn an der Gruft.
Da ich noch vieles Andre zu schreiben habe, so gestatten Sie mir hiermit abzubrechen und Sie um freundliche Aufnahme dieser Zeilen zu bitten.
Ihr FreundWilh. Brauer.
Dresden
d. 4n Novbr. 44.
Apparat
Zusammenfassung
Frau von Weber ist mit ihrem Sohn Max weggefahren, um den Beileidsbesuchen anlässlich des Todes von Alexander zu entgehen; er rät dem Ehepaar Jähns ab, nach Dresden zu kommen; berichtet über die Beerdigung; bittet ihn, sich in Geduld zu fassen wegen der Ankunft der Asche Webers, er werde ihn gewiss benachrichtigen
Incipit
„Frau von Weber hat mich bei ihrer Abreise“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Joachim Veit; Frank Ziegler