Friedrich Culemann an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Hannover, Donnerstag, 14. Mai 1868

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Herrn F. W. Jähns Königl MusikDirector

in Berlin

Geehrtester Herr!

Ihr geehrtes Schreiben vom 9t d. M. ist mir erst heute da ich von einer kleinen Reise zurückgekehrt bin zu Händen gekommen und beeile ich mich Ihnen die gewünschte Nachricht von meinem Autographen Carl Maria von Weber [zu geben.] Ich besitze einmal ein KlavierLiedchen von ihm geschrieben & componirt* für Singstimme, Chittarra & Cembalo. Welches in 3/8 Tact folgende Verse hat „jez sei nit so sprödig Lisetterl mein Schatz, i bin ja so billig und will nur an Schmatz, was Teufel was machst denn du schaust mi nit an, ahi! ahi i g’schlagener Mann.“ ‒ Die zweite Strophe O. Hize! o Schmerze! o Feuer o Brand! O tröste mei Herze und reich mer die Hand. Ne solchen Spektakel ertrag i nit mehr ahi, ahi, i lieb di zu sehr. d. dritte Strophe: En anziges Schmazerl von dir will i hab’n Drum reich mer die Tazerl sonst kanst mi begrabn jez sei nit so grandi, du siehst wi i rehr ahi, ahi giebs Göscherl do her. —

Was nun das andere Autograph anlangt, so ist es die vorletzte & Schlußscene des Oberons mit engl. | Text darunter, das Papier in Größe Ihres mir geschriebenen Briefes* die Notenlinien sehr eng 24 auf der Seite 2 ¾ Seiten mit den geschriebenen Noten angefüllt der Text beginnt mit den Worten „Hail! faithful pair, your woes are ended! Your friend in turn you have befriended![] Noten sowohl als Text von Webers Hand. Am Schluß der 3t Seite folgende Worte: „Hier mein theuerster Freund die lezte Sendung. ich bin froh daß ich das Ding endlich los bin, und so bald soll man mich nicht zu einer neuen Arbeit bringen, trotz der unzähligen Aufforderungen von allen Seiten. Heute dirigire ich Oberon zum 12t und vor der Hand leztenmale. Das Haus ist immer überfüllt, und er wird wohl die ganze Season durch täglich gegeben werden. Was würden unsre Sänger zu solcher Arbeit sagen? Gott erhalte Sie gesund und heiter die besten Grüße an die Freunde und behalten Sie diese Ihrem treuen Freund Weber London d 25t Aprill 1826. 91 ‒ great Portland Street.*

Die Adresse des Briefes ist:
[]a Monsieur
Monsieur Charles Th. Winkler.
Conseilleur pp
a
Dresde.
en Saxe.“

Soweit das Autograph. eine kleine Probe der Noten gebe ich Ihnen nachstehend

|

Die Notenlinien sind ein klein wenig zu eng gerathen ‒

Ich hoffe das Vorstehende wird Ihnen genügen Ihnen das Autograph klar zu machen die Angabe dass es die vorletzte & die Schlußscene des Oberon ist, stammt von unserm als tüchtigen Musiker bekannten Hof- & Cammermusikus Vaas*.

Aus dem Hause gebe ich principmäßig kein Autograph, ich habe zu trübe Erfahrungen mit ausgeliehenen Büchern pp machen müssen, ich könnte Ihnen die krassesten Geschichten erzählen, die mich bestimmen mußten ein für alle Mal das Princip fest zu halten ‒ Dahingegen bin ich bereit stets im Interesse der Wissenschaft & Kunst mitzutheilen was ich habe so hat auch Hℓ Nohl seine Abschriften von Briefen pp entweder von mir selbst copirt erhalten, oder sie in meinem Arbeitszimmer selbst nehmen müssen. Sie werden mir das nachsehen & nachfühlen müssen. Die Copie der Worte sind ganz diplomatisch getreu in seiner Webers Schreibweise. Die Abschrift des Ganzen würde für Jemand der nicht ganz genau verführe, obgleich ja d. Noten vortrefflich in der Kleinheit geschrieben sind viel Arbeit machen der Mann Englisch verstehen, da der Text sehr flüchtig untergeschrieben ist. Daß das Autograph echt ist, darüber [herrscht] auch nicht der geringste Zweifel, so auch das erste.

Ich kann hoffen daß Vorstehendes Ihnen genügen wird, wünschen Sie mehr, so bitte ich um Nachricht. Mit aller Hochachtung zeichnet Ihr ergebener
Friedr Culemann
Senator.

Editorial

Summary

teilt ihm mit, dass er ein Lied von Weber im Autograph besitze, dessen Text beginnt “Jez sei nit so sprödig Lisetterl mein Schaz”, außerdem besitze er die Szene Nr. 22 des Oberon im Klavierauszug mit Brief an Winkler London, 25. April 1826; eine Ausleihe an Jähns lehnt er ab, würde es aber für eine Abschrift in seinem Hause zur Verfügung stellen

Incipit

Ihr geehrtes Schreiben vom 9. d. M. ist mir erst heute

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. X, Nr. 150

    Physical Description

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)

Text Constitution

  • “sind”sic!
  • “… geschrieben sind viel Arbeit machen”zwei unleserliche Worte

Commentary

  • “… von ihm geschrieben & componirt”Das von Weber niedergeschriebene Lied stammt nicht von ihm (der Komponist ist unbekannt): Zur Canzonette „Non far la smorfiosa“ hatte Weber lediglich eine deutsche Text-Neufassung geschaffen.
  • “… Größe Ihres mir geschriebenen Briefes”Randnotiz von Jähns in Bleistift: „groß Quart“.
  • “… ‒ great Portland Street .”Zum Brieftext am Rand eine Klammer und vom Briefschreiber ergänzt: „Zwischen die die ganze Seite füllenden Notenlinien geschrieben.“
  • “… bekannten Hof- & Cammermusikus Vaas”Th. Vaas, Bratschist der Hofkapelle in Hannover und Chorleiter.

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