Friedrich Wilhelm Jähns to Friedrich Culemann in Hannover
Berlin, Monday, May 25, 1868

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Hochgeehrter Herr Senator

Zuvörderst gestatten Sie, Ihnen meinen ganz gehorsamsten Dank auszusprechen für Ihre so überaus gütige und ausführliche Benachrichtigung in der C. M. v. Weberschen Angelegenheit. Sie hat mir alles klar gemacht und ich werde Ihres Besitzthums am passenden Orte bei Beschreibung der den Oberon betreffenden Autographe zu erwähnen mir erlauben. – Nur die Frage will ich mir noch erlauben, ob ich Sie darin recht verstanden habe, daß der Brief an Winkler in die Notenzeilen des Stücks Finale hinein (dazwischen) geschrieben ist? Wenn dies seine Richtigkeit [hat], so bedarf es weiter keiner gütigen Mittheilung Ihrerseits darüber an mich.

Sie melden mir zugleich, daß Sie in Besitz „eines kleinen von W. geschriebenen und componirten Liedchens für Singstimme Chitarra und Cembalo“ sind „Jez sei nit so sprödig, Lisetterl, mein Schatz, pp.“ – Über dieses Liedchen heißt es in C. M. v. Webers hinterlassen[en] Schriften herausgegeben v. Winkler (Th. Hell) in der Vorrede zum I Bande pag. XXXI wie folgt:

„In derselben Zeit und zu den Melodien Gänsbachers, von dem er schon einen Theil des obigen Textes*) componieren ließ, machte er (W.) sogar rythmische Übersetzungen aus dem Italiänischen, die sich durch Treue u. Leichtigkeit auszeichnen. So übertrug er das Quel rusceletto etc. in folgenden melodischen Rythmen: Rieselnde Quelle, freundliche Welle“ u. s. w. – Jetzt wird das ganze Gedicht mitgetheilt und am Schluße desselben pag. LXXII sagt Winkler (Th. Hell) weiter: „Versagen kann ich mir nicht, zu sicherer Ergötzlichkeit der Leser, auch die höchst originelle und im ächten proviziellen Ausdrucke von ihm zu gleichem Zwecke“(!) hingescherzte Übersetzung des italiänischen Non far la smorfiosa hier mitzutheilen, die den wahren Stempel der heitersten Laune trägt: „Jetzt sey nit so sprödig“ u. s. w. (alles das folgt jetzt an Versen, was Sie so gütig waren mir zu copiren bis zu den Schlußworten: „gibs Göschens doch her!“) Diese Bemerkung Winklerszu gleichem Zwecke“ kann sich einzig nur auf „Gänsbachers Melodieen“, von denen er bei dem zuerst mitgetheilten Gedichte spricht, beziehen, und somit ginge schon hier daraus hervor, daß das Autogr. W.’s, was Sie besitzen, wohl eine für Gänsbacher notirte Anwendung auf dessen ursprünglich mit italienischem Text geschriebene Composition, aber nicht die eigne Composition W.’s sei, wenn nicht in allen Papieren Webers (Tagebüchern u. sonstigem schriftl. Nachlaß) sich auch nicht die leiseste Andeutung befände, daß er dieses Gedicht auch selbst componirt habe. – Es erscheint freilich als ein schlechter Dank für Ihre Güte, Ihnen hiedurch etwas vom Werthe Ihres W.schen Autographs zu nehmen, doch glaubte ich Ihnen diesen Sachverhalt zugleich schuldig zu sein, und hoffe ich, daß Sie meine Mittheilung auch nur von diesem Gesichtspunkte aus zu betrachten so freundlich sein werden.

Ihnen hochgeehrter Herr Senator, nochmals meinen wärmsten und allerherzlichsten Dank für Ihre große Güte sagend, habe ich die Ehre, mich in ausgezeichnetster Hochschätzung zu nennen
Euer Hochwohlgeboren dankbar ergebenster
F. W. Jähns
Krausenstr. 62.

[Original Footnotes]

  • *) Weber hatte1810. 10. Juni zu Voglers Geburtstag einen Text gedichtet, den Meyerbeer u. Gänsbacher componirten und den Th. Hell auf pag. LXX u. LXXI an derselben Stelle kurz vorher, deshalb ‚obigen Textes‘ mittheilt.

Editorial

Summary

dankt für Mitteilung über sein Oberon-Autograph und gibt ihm ausführlich Hintergrundinformationen zu dem weiteren (vermeintlichen Weber-Autograph) in Culemanns Besitz des Liedes “Jetzt sey nit so sprödig”

Incipit

Zuvörderst gestatten Sie, Ihnen meinen ganz gehorsamsten Dank

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Hannover (D), Stadt-Archiv (D-HVsta), Autografensammlung
    Shelf mark: Nr. 2302

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • Vermerk auf Bl. 2r am linken Rand: “Jedenfalls aber C. M. v. Webers Handschrift als anliegendes Blatt | Culemann”

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