Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: April 1816 (Teil 2 von 2)
Theaterchronik von Prag.
Monat April.
(Beschluß.)
Den 22. Fridolin, oder der Gang nach dem Eisenhammer, Schauspiel in 5 A., von Holbein. Hr. Karsten gab den Grafen von Savern als erste Gastrolle. Er ist ein junger Mann von vielem Talent, mit Kenntnissen und einer sehr glücklichen Gestalt ausgestattet, und gefiel in einigen Szenen recht sehr, wenn er jedoch nicht durchaus mit derselben Theilnahme aufgenommen wurde, so liegt dieß wohl zum Theil in der Wahl der Rolle selbst, worin er einen sehr gefährlichen Nebenbuhler vor sich hatte, theils in der verschiedenen Ansicht, welche beyde Künstler von dem Charakter haben. Herr Bayer stellt mehr den innern Grimm und das empörte Gemüth des beleidigten Gatten dar, während bey Hrn. Karsten der Schmerz des sich betrogen glaubenden Gemahls, der noch mit voller Liebe an seine[r] Gattin hängt, vorzuherrschen scheint, welche erstere Ansicht einer größern Wirkung gewiß ist, da sie mehr als die letztere den grausamen Beschluß des Grafen motivirt. Wir hoffen Hrn. Karsten in mehrern Rollen zu sehen, um mit mehr Sicherheit über die Richtigkeit seiner Kunstansicht und Darstellungskunst zu sprechen.
Den 23. Die Schweizer-Familie, O. in 3 A. Herr Gned, ebenfalls ein neu engagirtes Mitglied unsrer Bühne betrat dieselbe als Richard Boll zum Erstenmal, und befriedigte im Gesang durch Reinheit des Tones, Wärme und Innigkeit des Gesanges, und eine sehr bestimmte Modulation. Auch sein Spiel ist wahr und rührend, und wir erinnern uns lange nicht, diese Rolle so gut gesehen zu haben. Uebrigens hoffen wir, Hrn. Gned bald in einer Rolle zu sehen, die ihm sehr Gelegenheit darbeut, uns mit Kraft und Umfang seiner Stimme bekannt zu machen.
Den 27. Der Hund des Aubri de Mont-Didier oder der Wald von Bondy, Drama in 3 Akten. Hr. Karsten gab den Aubri als zweyte Gastrolle, und führte diesen Charakter, der gleichsam nur als eine freundliche Erscheinung an uns vorüber dem Tode zueilt, mit Einsicht und warmen Gefühl durch. Das Stück selbst ist abermahls eine Kriminalgeschichte, in der ein Thier die Hauptrolle spielt; doch leitet dieses nicht wie die Elster die Schürzung, sondern vielmehr die Lösung des Knotens, und das Ganze hat bey weitem anziehendere Charaktere und Situationen. Auch wirkt hier der Reiz der Neuheit mit, daß das Thier lebendig ist. Der stumme Jüngling – welchen Dem. Brand vortrefflich darstellte – ist eine sehr erfreuliche Erscheinung, ebenso die gute Wirthin und die zärtliche Adele (von Mad. Liebich und Dem. Böhler mit Wahrheit und Innigkeit gegeben). Zu wünschen wäre es, daß der Dichter gegen die beyden Rollen des Seneschalls und Hauptmanns (Hr. Liebich und Seewald) minder stiefmütterlich gewesen wäre, welche selbst durch die bravste Darstellung kein großes Interesse gewinnen konnten. Desto freygebiger mit allem Pathos einer convulsivischen Leidenschaft und den gewaltigsten Sentenzen ist Macaire ausgestattet. Hr. Wilhelmi stellte diese Rolle mit viel Feuer und Wahrheit dar; doch schien es, als wäre er bey den folgenden Vorstellungen seinem eignen teutschen Gefühl mehr gefolgt, indem er das Uebermaß französischer Heftigkeit etwas mäßigte, und sich dadurch den gerechten Dank der Liebhaber des Schauspiels erwarb. Das Ganze wurde beyfällig aufgenommen, und Dem. Brand hervorgerufen.
Editorial
Summary
positive Aufführungsbesprechung; im Zusammenhang mit den Rezensionen über Schweizerfamilie und Der Hund des Aubri de Mont-Didier oder der Wald von Bondy u.a. erschienen
General Remark
bei Bužga Weber zugeschrieben
Creation
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