Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: April 1816 (Teil 1 von 2)

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Theaterchronik von Prag.
Monat April.

Den 1. (Zum Besten des Hrn. Ehlers): Johann von Paris, O. in 2 A. Dieser würdige Künstler, der uns verließ, um in Pesth Gastdarstellungen zu geben, konnte keine glücklichere Wahl zu seiner Abschiedsrolle wählen, als den heitern Johann von Paris, in dessen Charakteristik er so tief eingedrungen, und worin er sich zuerst die Gunst des Publikums in hohem Grade erworben hat. Prags Kunstliebhaber verlieren ihn ungern, und manche beliebte Oper wird uns durch seinen Abgang auf längere Zeit geraubt, worunter Ref. vorzüglich den geistreichen Alimeleck bedauert.

Den 3. Das Gut Sternberg, L. in 4 A. von Mad. Weissenthurn. Es ist gewiß ein höchst glücklicher Gedanke in unsrer Zeit, wo eine Güter-Ausspielung der andern die Hand reichend, dem Gewinnlustigen Aussichten aus allen Fenstern darleiht, auch eine solche Begebenheit auf die Bühne zu bringen, und gewiß kann man dieß Lustspiel unter die lebendigsten und heitersten seiner Verfasserin zählen. Charaktere und Verhältnisse, obgleich etwas local, sind doch von allgemeinem Interesse, und es ist nur zu bedauern, daß der Faden des Stücks eigentlich schon zu Ende des 3ten Aufzuges ziemlich abgesponnen ist, und der 4te dem Publikum gar nichts mehr anzubieten hat, als einige Diskurse von beträchtlicher Breite; und es scheint dem Ref. als hätte die Dichterin, welche in den ersten Acten keine Gelegenheit ungenützt ließ, ihr Stück zu würzen, doch diesen letzten, mittelst einiger kleinen, den Gang des Ganzen nicht störenden Abänderungen des Planes, ein vermehrtes Interesse ertheilen können, welche dem Schlusse eben so reichen Beyfall erworben haben würden, als den ersten Acten zu Theil wurde. Hr. Polawsky gab den Bolzheim mit vollendeter Meisterschaft, und riß vorzüglich in den Moment, wo er den Gewinn erfährt, durch die Wahrheit seines Jubels das Publikum so hin, daß er schon nach dem ersten Acte mit dem lautesten Enthusiasmus hervorgerufen wurde. Er kam hervor, und stattete dem Publikum seinen Dank ab: „daß es so gütigen Antheil an seinem Glücke nehme.“ Wenn Ref. alle nennen wollte, die in diesem Stück gut gespielt haben, so müßte er in der That den Theaterzettel abschreiben, und er begnügt sich daher mit Erwähnung des Hrn. und Mad. Liebich als Richter und Richterin, und der 4 Bauernmädchen, Mad. Sonntag und Allram, und der Dem. Brand und Böhler.

Den 4. (Zum Besten des Hrn. und Mad. Fries): Die Jungfrau von Orleans, worin Mad. Fries die Johanna, und ihr Gatte den Bastard von Orleans als letzte Gastrollen gaben. Wer sich der schwer zu besiegenden, Vorgänger erinnert, welche sie in beyden Charakteren hatten, wird leicht begreifen, daß es wohl nicht leicht möglich war in allen Theilen zu befriedigen, doch zeigte das Publikum durch lebhafte Theilnahme und zahlreichen Besuch des Theaters, daß es ihre Verdienste nicht verkenne.

Den 16. Die Elster, Drama in 3 Aufzügen. Dieser diebische Vogel, dessen Reiselust sich nicht mit der Wanderung von den kleinen Pariser-Theatern über den Kanal begnügen wollte, ist auch über den Rhein gegangen, und da es sehr gothisch von uns Teutschen wäre, einen Gast aus der Hauptstadt Frankreichs nicht auf das freundlichste aufzunehmen, so müssen wir schon hier auch zusehen, wie er Löffel und Geldstücke maust. Bewundernswerth ist übrigens die schnelle Justizpflege und der fürchterliche Zug zum Tode mit vorgetragenem Richtbeil, und an der Seite der unschuldigen Verurtheilten der Scharfrichter im scharlachrothen Mantel; dieser würde die gefühlvollen Gemüther sehr angreifen, wenn man nicht zum Glück an den Fingern abzählen könnte, daß die Unschuld am Ende triumphiren müsse, und wenn auch der Beweis vom Glockenthurme herabgeholt werden sollte.

Die Maschinerie der künstlichen Elster war recht gut, und ihre Bewegungen ziemlich frey; nur wäre zu wünschen, daß das Thürchen, aus welchem sie hervorkömmt, nicht oben am Käfich angebracht seyn müsse, und, da sie im ganzen Dorfe frey herum fliegt, so ist nicht wohl abzusehen, warum der Käfich mit ins Freye herausgenommen wurde? Die Besetzung der Rollen war im Ganzen sehr glücklich, aber eine vorzügliche Erwähnung verdienen, Hr. Löwe als Blaiseau, (welcher vorgerufen wurde) Hr. Seewald und Mad. Liebich als Pächter und Pächterin, und Dem. Böhler als Annette.

Den 21. Aschenbrödl, O. in 3 A. Hr. Stöger, ein neu engagirtes Mitglied der Oper, gab den Prinzen zum ersten Debut, und entsprach dem ihm vorangegangenen guten Rufe nicht nur durch eine schöne Stimme, reine Intonation und richtigen geschmackvollen Vortrag, sondern erregte auch durch seine jugendlichen Talente die schönsten Hoffnungen für die Zukunft in allen Liebhabern der Oper. Er wurde einstimmig vorgerufen, und erhielt bey der zweyten Darstellung* derselben Rolle einen noch rauschendern Beyfall. Wir wünschen unserer Bühne Glück zu dieser schätzbaren Acquisition. (Der Beschluß folgt.)

Editorial

Summary

positive Aufführungsbesprechung; im Zusammenhang mit den Rezension zum Lustspiel Das Gut Sternberg und Die Jungfrau von Orleans erschienen

General Remark

bei Bužga Weber zugeschrieben.

Creation

Tradition

  • Text Source: Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung, Jg. 3, Nr. 129 (8. Mai 1816), pp. 515

    Corresponding sources

    • Jaroslav Bužga, Vergessene Aufsätze, Berichte und Mitteilungen aus Carl Maria von Webers Prager Wirkungszeit (1813–1816), S. 100f.

    Commentary

    • denrecte “dem”.
    • “… erhielt bey der zweyten Darstellung”Die zweite Vorstellung war am 25. April 1815; vgl. TB.

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