Karl Theodor Winkler an Carl Maria von Weber in London
Dresden, Sonntag, 2. April 1826

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[Nachtrag von C. M. von Weber:] erhalten London ----- 17 -------------.
btw   --------------- 21---------------- u nebst Sendung
zur Uebersezung und des Oberon Buches.

Geliebter theurer Freund!

Nur dieses Blättchen erlaube ich mir einem Briefe Ihrer holden Gattin einzulegen wodurch es Verzeihung für seine Zudringlichkeit erhalten soll. Doch Sie dachten meiner so freundlich in dem Schreiben an die Ihre, daß mir die Zuversicht kömmt, sie vergassen denjenigen nicht, der Sie mit wahrer Liebe begleitete, und sich über jeden neuen Lorbeerkranz freut, der Ihnen zu Theil wurde. — Mit welcher Sehnsucht wir den Nachrichten über Sie im Allgemeinen und nun besonders denen über die Darstellung Ihres Oberon entgegensehen, können Sie leicht denken. Von dem glänzendsten Erfolge in Voraus überzeugt, will doch Geist und Herz etwas Näheres wisen, und sich an jedem Einzelnen erfreun. Bis jezt sind mir stets öffentliche politische Blätter mit Mittheilungen über den Fortgang Ihrer Reise zuvorgekommen, sehr beglükt würde ich seyn, wenn ich von Ihnen oder eines Freundes Hand, die erste Nachricht über Oberons Erscheinen erhielt, und das Publikum damit erfreuen könnte. Dann beglücken Sie mich wohl auch gelegentlich mit der Unterlage zu den noch nicht geordneten Textstücken, damit alsDann das Ganze vollendet sey*. Selbst unser Liederkreis hat noch keine Zeile davon gehört, und der Vortrag der Oper soll erst ein Nachfest für uns werden, wenn die Glocken des Hauptfestes Ihnen in London geläutet haben. Uiber alles andere erwarte ich dann Ihre freundlichen Bestimmungen, doch ist die deutsche Uibertragung einstweilen im MeßKatalog angezeigt, es wäre mir, aber sehr angenehm, wenn ich auch ein englisches Original gemeinschaftlich mit ihr ausgehen laßen könnte. Eine Zeile von Ihnen über alles dieses vermehrte meine Freude, und der vielbeschäftigte Meister wird doch einmal eine Minute dazu gewinnen.

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Ihrer gewohnten Güte überlaß ich es übrigens, sobald einmal Ihre Zeit weniger in Anspruch genommen seyn wird, was Sie in litterarischer Hinsicht für mich in London etwa thun können. So wäre mir eine größere Verbreitung der Abendzeitung doch ungemein erwünscht, und vielleicht wäre es Ihnen möglich einen Weg dazu bahnen zu können. Ein von Ihnen dafür gezeigtes Interesse, eine Anzeige in einem englischen Blatte, daß künftig Aufsätze von Ihnen nur in diesem deutschen Journale erscheinen sollten, daß Sie es mit Ihrer Protektion beehrten, würde gewiß sehr viel wirken. Doch Ihre Freundschaft wird für alles, was mein Wohl betrift, am Besten zu sorgen verstehn.

Von hiesigen Verhältnissen unterrichtet Sie Ihre holde Liebe, also nichts darüber. Auch muß Ihnen bey dem Weltumtriebe in London unser kleinliches Verkehr ganz sonderbar vorkommen. Die theatralischen Verhältnisse sind übrigens ganz noch dieselben, durch die große Strenge Tieks trit aber bereits der Fall ein, daß wir zu den vorzubereitenden Aufführungen wegen Manuscripten in Verlegenheit sind. Fast begreife ich nicht, wie wir den Sommer hindurchbringen wollen. Meine Gesundheit und besonders meine geistige Kraft fodert dringendst eine Kuhr von mehreren Wochen, ein Ausspannen aus den Geschäften, und ich denke somit im July und August die schöne Natur von Süddeutschland aufzusuchen, und eine Zeitlang an Wiens Fleischtöpfen zu verweilen. Noch habe ich aber keinen Urlaub, da jedoch der Arzt diesesmal ein Wörtchen mit spricht, darf ich mir ihn nicht wieder entziehen lassen. Mein Frauchen trägt ihre schwere Bürde mit Gelassenheit und hoft sie Ende May abzulegen, bis Ende Juny soll auch mein kleines Haus im Schottengrunde* stehen, und dann will ich neue Lebenslust auf Salzburgs Bergen einathmen. —

Gott erhalte und kräftige Sie, jede Freude sey Ihr Theil, vergessen Sie nicht Ihren Sie innig verehrenden Freund
KWinkler.

Editorial

Summary

legt den Brief einem Schreiben Carolines bei; wartet dringend auf Nachrichten von ihm, die er in der Abend-Zeitung veröffentlichen will, und bittet, ihm möglichst direkt zu berichten, damit andere Zeitungen ihm nicht zuvorkommen; bittet auch, Reklame für seine Zeitung in London zu machen; Oberon sei selbst im Liederkreis noch nicht vorgelesen worden; er bittet um weitere Teile der Übersetzung, die er möglichst mit dem englischen Original zusammen veröffentlichen wolle; die Übersetzung sei schon im Messekatalog angezeigt; erwähnt Theaterverhältnisse in Dresden (Tieck); über seine geplante Urlaubsreise; Anmerkung W’s: am 21. April beantwortet nebst Übersetzung u. engl. Oberon-Textbuch

Incipit

Nur dieses Blättchen erlaube ich mir einem Briefe Ihrer holden Gattin

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. II A i, Nr. 6

    Physical Description

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • mit Empfangsvermerk Webers

Text Constitution

  • “st”added inline

Commentary

  • “… alsDann das Ganze vollendet sey”Winkler fertigte die Übersetzung des englischen Textes zum Oberon an. Die Klavierauszüge der erst in London komponierten Stücke schickte Weber in einzelnen Sendungen an Winkler; vgl. Briefe von Weber an Winkler vom 21. April und vom 25. April 1826.
  • “… mein kleines Haus im Schottengrunde”Heute: Schotengrund bei Dresden, auch als Brockhauspark bekannt: Das Gelände am Schotengrund unterhalb der Bautzner Landstraße war bis ins 17. Jahrhundert Teil der Dresdner Heide und ungenutzt. 1660 erwarben die beiden Hofbeamten Jakob Gerhardt und Christoph Bürckner dieses Areal, um hier einen Weinberg anzulegen. Nach mehrfachem Besitzerwechsel kam das Grundstück 1803 in den Besitz des aus Schottland stammenden Jakob von Findlater. Nach Findlaters Tod 1811 übernahm dessen Lebensgefährte Georg Christian Fischer die Besitzungen des Earls. 1821 verkaufte Fischer seinen Loschwitzer Besitz, der nun dem Dresdner Hotelier Johann Gabriel Krebs gehörte. 1846 kaufte Wilhelm Graf von Luckner das Findlatersche Palais. Während der größte Teil des Findlaterschen Weinberges nach 1850 mit den drei „Albrechtsschlössern“ überbaut wurde, gehörte ein kleinerer Teil bis 1945 der bekannten Verlegerfamilie Brockhaus.

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