Friedrich Wilhelm Jähns to Ernst Pasqué in Darmstadt
Berlin, Monday, September 5, 1864

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Sehr geehrter Herr.

Vielen herzlichen Dank für Ihren gütigen Inhaltreichen Brief. Es wird mich sehr freuen, die Original-Partitur des Abu zu vergleichen. Bin ich doch in den letzten Tagen wieder über das Erstlingsrecht ein wenig zweifelhaft geworden, weil sich bei meiner Partitur nicht nur bei den alten Stimmen (8 an der Zahl) deutliche Spuren vorgefunden haben, daß dieselben schon einmal in einen Band vereinigt gewesen sind, sondern dieselben Spuren sich finden bei den beiden nachcomponirten Nummern, Duett u. Arie, respective aus 1812 und 1823 herrührend. Der jetzige Einband ist also ein zweiter für die ganzen 10 Nummern. Die 8 ersten Nummern können also ganz gut die erste Niederschrift sein, denn sie enthalten wie Ihre Partitur fast alle die Daten der Composition, u. es enthalten mehr Nummern diese Daten in meinem Exemplar, als in dem Ihrigen. Vielleicht, daß mich der Anblick des Ihrigen noch weitere Schlüße thun läßt. Jedenfalls ist der Gegenstand ohne große Bedeutung. Das steht wohl fest, daß Weber später noch hineingearbeitet hat, wie eine neue Cello-Passage mit rother Tinte in No dies beweist | daß Weber in Dresden lange nicht alle Briefe von Gottfried’s Söhnen bekam, habe ich lange geahnt; wohin sollte wohl sonst jene Mittheilung in den in der Caecilie gegebenen Briefen abzielen? Hauptsächlich ist mir’s um die etwa u. wahrscheinlich in denselben enthaltenen Canons zu thun. Sollten diese die Söhne mitzutheilen sich durchaus nicht entschließen können?? Wenn man diese nur hätte, so wollte ich die dazu nöthigen brieflichen Notizen gern entbehren, so interessant sie auch sein müßten. Nur die Tages-Daten würde ich ungern entbehren. Sie würden der Sache einen großen Dienst leisten, wenn es Ihnen möglich würde, den Ihnen befreundeten Sohn zu bestimmen, die Briefe in Bezug darauf durchzusehen u. etwa sich vorfindende Canons oder Musik v. C.M. mit diplomatischer Genauigkeit copiren zu wollen oder copiren zu lassen. Es ist meine dringende u. ganz ergebenste Bitte an diesen Herrn! Leider sind schon in der Reihe der Werke Weber’s genug Lücken, die nicht | zu ergänzen sind, weil sie entweder notorisch vernichtet, oder doch ganz ohne Spur verschollen sind. Einge werden aber entschieden nicht herausgegeben von den Besitzern, um sie ihrem ungefähren Inhalte u. Umfange nach in meinem Werke aufzuführen, denn weiter soll ja nichts damit geschehn. – Am schmerzlichsten vermisse ich eine Ouverture in Es (wahrscheinlich mit „Heil dir im Sieger-Kranz“ schließend; es ist aber nicht die Jubelouverture natürlich, denn jene vermißte war 1814 schon vorhanden und die Jubelouverture würde er 1818 componirt u. steht überdies in E.) Jene Ouverture in Es liegt in einem Schranke eines Herrn, den ich erst neulich besuchte; es ist aber ein sehr alter u. sehr beschäftigter Herr, der die Untersuchung des Schrankes scheut, weil sie ihm namentlich sehr mühsam sein mag. Grade die Auffindung dieser Ouverture aber würde den Schlüßel geben zur Lösung einer Menge kritischer u. entscheidender Fragen – und dennoch muß ich den Schrank ruhig ansehen, | bis doch endlich einmal vielleicht eine glückliche Stunde ihn öffnet u. mir den Schatz in den Schooß wirft. Gebe der Himmel, daß es nicht geschieht, wenn mein Werk bereits gedruckt ist, u. ich dann alle Fäden abgerissen habe, mit denen die Ouverture wunderbar verknüpft ist. Ich kann mir nicht denken [daß] Gottfrieds Söhne ähnliches über dergl. Kunstforschungen verhängen könnten. Empfehlen Sie, verehrtester Herr, darum bitte ich nochmals, meine Wünsche den Söhne[n] Gottfrieds aufs dringendste! – die copirte Abu-Hassan-Partitur hätte ich nicht nöthig; die bewegten? Briefe C.M.v.Webers die Sie so gütig sind, in Copie mir in Aussicht zu stellen, werde ich mit sehr großem Danke empfangen u. sogleich wieder zurücksenden.

Und somit empfehle ich mich Ihnen denn von Herzen, Ihren gütigen Bestrebungen innigst dankbar, den bereits erfolgten wie den folgenden, u. habe die Ehre mich zu nennen Ew: Wohlgeboren
dankbar verbundenen F.W. Jähns

Editorial

Summary

dankt für Aussicht auf Ausleihe von Abu Hassan, macht nochmals deutlich, wie sehr ihm an einer Einsicht in Gottfried Weber-Briefe liegt, besonders diejenigen, die Canons oder andere Musik enthalten, sucht eine Ouvertüre in Es-Dur, von der er weiß, dass sie in einem bestimmten Schrank liegt, der Besitzer aber sich scheut, nachzusehen

Incipit

Vielen herzlichen Dank für Ihren gütigen

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Darmstadt (D), Universitäts- und Landesbibliothek, Musikabteilung (D-DS)
    Shelf mark: NL Pasqué 169,8 Br. / Jähns, F. W. 6

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)

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