Aufführungsbesprechungen Gastspiele in Kassel im August 1822 (Teil 3 von 3)
Aus Kassel.
(Beschluß.)
Neulich aber sang Hr. Albert in einem Konzert eine Tenorarie mit Beifall; ungeachtet unsere ersten Sänger, Hr. Gerstäcker und Mll. Braun, unmittelbar zuvor sich ausgezeichnet hatten, zumal ersterer, der hier niemals noch schöner öffentlich sang. Es war jenes Konzert dasjenige, welches Hr. Bärmann, erster K. Baierscher Klarinettist, auf einer Kunstreise nach Petersburg begriffen, am 24. d. M. gab, ohne vermuthlich durch starke Zahlungen der Zuhörer belohnt zu werden. Aber die Anwesenden wurden in hohem Grad befriedigt. Ausser den gedachten drei Sängern, zeigte sich auch Hr. Wiele, hisiger Hoftonkünstler, durch ein Lafond’sches Geigenkonzert in erneutem Kunstglanze, und der fremde Künstler entzückte Alles durch sein ausnehmend vortreffliches Klarinettenspiel nach eigenen Tonsetzungen. Beschreiben läßt sich ein solcher Eindruck nie völlig. Ganze Heere lieblicher, durchaus runder Zaubertöne, Zahlperlen gleichend, drängten sich, Anfangs in höchster Kraft, endlich jedoch schwächer und schwächer, lispelnd, bis zum allmähligen Verschwinden, bis zum entferntesten Wiederhalle. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Neulich hatten wir eine ausgezeichnete Darstellung von Iffland’s "alter und neuer Zeit." Gewiß, dieses Werk gehört zu Iffland’s allerbeßten, und fast jeder Auftretende spielte meisterhaft, besonders Mll. Mayer als naseweise Tochter,* Hr. Gaßmann, als kraftvoller, mittelschaffender Großvater, Hr. Schmidt, als verlorner Lebemann,* Hr. Wagner, als Jakob Langenfeld,* Mll. Thum, als leidende Gattin und gekränkte Mutter.* Auch Hr. Schmale, als ungerathener Sohn,* und Mll. Schmitt, als arges Kammermädchen,* nebst Frau Häser, als Witwe Langenfeld,* und Mll. Schneider, als deren Tochter, erfüllten den Zweck des Dichters.*
Herr Gaßmann wurde nach der Schröder’schen Abreise, als Drave, und Herr Löwe, als Philipp Brock, in Iffland’s Mündeln, Hr. Löwe dann auch als Jaromir in der Ahnfrau, die mit von Weber’scher Musik gegeben ward, hervorgerufen. Hr. Wüstenberg spielte, als Stürmer im Johannistage mit Beifall.* – Wirklich scheint es, als wäre seit den Schröder’schen Gastspielen sowol bei Künstlern als auch bei Zuschauern lebhaftere Theilnehmung hier eingetreten.
Apparat
Zusammenfassung
Weitere Gastspiele in Kassel; Aufführung der „Ahnfrau“ mit Musik von Weber
Entstehung
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Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Kühnau, Dana
Überlieferung
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Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 6, Nr. 251 (19. Oktober 1822), S. 1004
Einzelstellenerläuterung
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„… Mll. Mayer als naseweise Tochter,“Marie Mayer spielte von 1821 bis 1832 am Hoftheater Kassel (Fach: erste jugendliche Liebhaberin).
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„… Schmidt , als verlorner Lebemann,“Carl Schmidt spielte 1821 bis 1836 am Kasseler Hoftheater (Fach: Intriganten).
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„… , als Jakob Langenfeld ,“Hr. Wegner war 1821 im Fach des 2. Liebhabers am Hoftheater Kassel engagiert.
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„… leidende Gattin und gekränkte Mutter.“Die Schauspielerin spielte 1820 bis 1832 in Kassel Charakter- bzw. Müttertrollen.
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„… Schmale , als ungerathener Sohn,“Wilhelm Schmale war 1816 bis 1832 als Schauspieler (Liebhaber) und Sänger (Tenorbuffo) am Hoftheater Kassel engagiert.
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„… Schmitt , als arges Kammermädchen,“Henriette Schmidt war seit 1818 am Hoftheater Kassel engagiert (bis 1872, Fach: Soubretten, komische Mütter).
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„… , als Witwe Langenfeld ,“Die Schauspielerin Charlotte Häser war von 1815 bis 1838 am Kasseler Hoftheater engagiert.
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„… erfüllten den Zweck des Dichters.“Marie Schneider gehörte von 1821 bis 1825 dem Ensemble des Kasseler Hoftheaters an.
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„… Stürmer im Johannistage mit Beifall.“Der Schauspieler und Sänger (Komiker, Bassbuffo) war von 1820 bis 1826 am Kasseler Hoftheater engagiert.