Robert Musiol an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Röhrsdorf, Montag, 26. Januar 1885

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Mein Lieber, Verehrtester.

Zunächst herzlichsten und tüchtigsten Dank für die schöne Photographie des Weber’schen Autograph’s. Sie haben mir damit eine schöne, große Freude bereitet. Ebenso durch Ihre so lieben Zeilen.

Daß sich Frl. von Weber verlobt hatte, fand ich s. Z. in den Zeitungen.

Nun aber wundern Sie Sich nicht über den dicken Brief: Die Beilage betrifft das Benedicamus in Weber’s Autograph. Die Melodie ist uraltes, katholisches Kirchen-Eigenthum, wird aber nur auf Ite missa est (Schluß der hl. Messe) gesungen. Die Weisen auf Bendicamus Dom. sind auf dem Blatt – aus einem alten Meßbuch, dessen Titel auch beiliegt – mit enthalten. | Der Chor, resp. der Kantor antwortet auf alle diese Responsorien in derselben Melodie mit Deo gratias! Nur auf Requiescant in pace wird Amen geantwortet.

Was Weber mit der Begleitung zu dem Ritualgesange, der eigentlich unisono gesungen werden soll u. muß (u. zwar so phrasirt: ) kann ich mir nicht recht denken. Als Katholik war ihm die Weise von Jugend auf bekannt u. mit ihrer charakteritischen, festlichen Art auch beliebt geworden. Ob er sie zu irgend einer Arbeit hat gebrauchen wollen? Oder, ob er sie für einen Organisten hat aussetzen wollen? Uebrigens ist dazu der Baß nicht derb genug; es wird dad[u]rch der festliche Epilog zu schwerfällig, aber auch nicht feierlich, erhaben. Zu solchem Granitblock ist Weber’s Harmonie nicht passend. Sie werden’s selbst fühlen. Es lag übrigens der dazu passende Palestrinastil nicht in der damaligen religiösen noch musikalischen Weise.

Ob ich Ihnen den beiliegenden Preziosa-Zettel schon einmal geschickt hatte, weiß ich nicht mehr genau. Wenn Sie wollen, können Sie ihn Sich behalten.

Die durch Herrn Pasqué-Langer erfolgte Neubearbeitung der „Silvana“ steht in jeder Zeitung*, dürfte Ihnen also erst recht keine Neuigkeit sein.

Wie sehr ich mich gefreut hätte, Ihre Compositionen zu erhalten, können Sie Sich denken. Hoffentlich findet sich ein Wunderthäter u. recht bald, der die Leichen wieder lebend macht.

Die herzlichsten Grüße u besten Wünsche Ihres Sie liebenden
R.Músiol.

Apparat

Zusammenfassung

schreibt seine Meinung und eine Charakteristik über das Benedicamus in der katholischen Kirche, das in Webers Autograph bekannt ist; Verlobung von Frl. v. Weber hat er aus den Zeitungen erfahren, erwähnt Bearbeitung der Silvana durch Pasqué-Langer, die er schon als bekannt voraussetzt

Incipit

Zunächst herzlichsten und tüchtigsten Dank für die schöne Photographie

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 901 (M 118)

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)

Textkonstitution

  • „… “nachfolgender Absatz auf separatem Zettel notiert und per Einfügezeichen in den Brief eingefügt:
  • „festlichen“über der Zeile hinzugefügt

Einzelstellenerläuterung

  • „… Silvana steht in jeder Zeitung“Zur Bearbeitung erschien 1885 ein gedruckter Klavierauszug: Köln, P. J. Tonger (VN: P. J. T. 2841). Die Erstaufführung dieser Version in Hamburg (5. Januar 1885) war bereits in verschiedenen Zeitungen gemeldet worden.

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