Monatsbericht aus Dresden (Oktober 1817)

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Monathsbericht aus Dresden.
(Ende Oktober.)

[…]

Im Theater sahen wir an Neuigkeiten: die Abenteuer der Thorenburg. Diese dramatische Dichtung scheint ein erster Versuch zu seyn; sie hat einzelne recht sehr gelungene Scenen, und verräth einen Verfasser, der Lust und Liebe zu einem Fache hat, und der, wenn er die begonnene Bahn, an der Hand eines erfahrenen ehrlichen Freundes fortschreitet, und sich seinem Zartgefühl und seinem feinen Takt ungestört überläßt, sich versprechen darf, Vorzügliches zu leisten. – Vom Vorposten von H. Clauren war Leseprobe; das Stück wird in den ers|ten Tagen kommenden Monaths gegeben. – Der Schauspieler Herr Genast geht ab; seine Stelle, er war erster Bassist in der deutschen Oper, ist noch unbesetzt. Hr. und Mad. Weixelbaum haben unter dem Vorwande, daß ihnen der bedungene Vorschuß von 500 rh., der doch erst im November zahlbar war, nicht gezahlt worden, sich von dem bereits mit ihnen geschlossenen Kontrakt losgesagt, und bleiben, wo sie sind. Auch gut! Auf den Fall, daß sie an dem Tage, an dem sie hier eintreffen sollten, nicht hier wären, hatten sie sich zu Erlegung einer Strafe von 600 rh. im Kontrakt verbindlich erklärt; diese sind ihnen fast zu großmüthiger Weise erlassen worden. – Der sogenannte Bauchredner Alexander ist hier gänzlich durchgefallen, und in Leipzig ausgepfiffen worden. Man behauptet einstimmig, daß er gar kein Bauchredner ist, sondern bloß mit rückwärts gezogenem Athem spricht. Das hätte man noch hingehen lassen; allein seine gemeinen Späße, seine Plattheiten, mit denen ein Hanswurst wohl in einer Dorfschenke belustigen, kein Künstler aber das gebildete Publikum einer deutschen Residenz, im Beyseyn des Hofes, unterhalten kann, indignirten allgemein; er erhielt zwar von des Königs Majestät eine goldene Dose mit 20 Dukaten, und die Erlaubniß, eine kostenfreye Vorstellung im Theater zu geben*, die ihm 320 Thaler einbrachte, allein diese Auszeichnung hatte er nicht seinen gemißbrauchten Talenten, sondern wahrscheinlich seinen Empfehlungen zu verdanken, mit denen er hier auftrat, und die er sich auf eine echt französische Weise überall zu verschaffen sucht. Eine Gesellschaft junger lustiger Leute brachte ihm am Abende seiner Vorstellung ein Pfeifständchen. – Dlle. Funk, die auf königl. Kosten in Rom zur Sängerin gebildet wird, und seit zwey Jahren abwesend ist, wird in einigen Monathen zurück erwartet.

Die Vermählung der Prinzessin Marie Amalie Karoline mit dem Erbprinzen Leopold von Toskana ging am 28. ohne alle öffentliche Feyerlichkeiten vor sich; den Abend darauf ward im Theater eine italienische Kantate, komponirt von Marie von Weber, aufgeführt, die verdienten Beyfall erhielt. Eine Gelegenheitsstück von Fr. Kind, der Weinberg an der Elbe, konnte nicht zur Darstellung gelangen, weil der Prinzessinn Abreise früher erfolgte, als man anfänglich geglaubt hatte; dagegen hat der Verfasser die Ehre gehabt, sein Gedicht der Prinzessinn zu überreichen, bey welcher Gelegenheit ihm die Erlaubniß ertheilt worden, diese dramatische Dichtung, wenn sie im Druck erscheint, mit dem Bildniß der Prinzessinn schmücken zu dürfen*. Die Ausstattung der Prinzessinn, welche einige Tage lang dem Publikum zur Schau ausgestellt ward, zog eine große Menge auf das Schloß. Die in- und ausländischen Fabrikate, vorzüglich der Schmuck, entzückten Frauen und Mädchen. Die Neuvermählte verließ uns am 30. von allen unsern Wünschen begleitet. – […]

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode, Jg. 2, Nr. 92 (15. November 1817), S. 345f.

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Vorstellung im Theater zu geben“Am 13. Oktober 1817; vgl. Tagebuch.
    • „… der Prinzessinn schmücken zu dürfen“Der Erstdruck des Festspiels (Nr. 2 der Reihe Malerische Schauspiele, Leipzig: Georg Joachim Göschen, November? 1817) erschien tatsächlich in opulenter Ausstattung, mit Porträt der Prinzessin (Stich von Heinrich Schmidt) als Frontispiz, Widmungsblatt, Widmungsgedicht von Kind, drei Kupfertafeln mit der Wiedergabe von (für die Handlung konstitutiven) antiken Vasenbildern (gleichzeitig Vorlage für „lebende Bilder“ innerhalb des Festspiels) sowie einer Musikbeilage mit Webers zum Festspiel komponierten Chor. Aufführungen erfolgten nach Abreise der Prinzessin erst am 15. und 16. November 1817.

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