Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: 12. und 13. August 1816
Theater.
[…] ¦
Prag. – Den 12. August: Das Haus Barcellona, Trauerspiel in 5 Aufzügen. Herr Ringelhardt, Regisseur des Breslauer Theaters, gab den Alfons zur ersten Gastrolle. Wir sind wahrlich über den Ausdruck in Verlegenheit, mit dem wir das Wagestück des Herrn R. bezeichnen, ob wir es Selbstbewußtseyn, oder auf ehrliche teutsche Weise Frechheit nennen sollen, daß er hier diese Rolle spielen zu dürfen glaubte, zu der ihm doch nicht mehr als alles abgeht. Ein fast lächerlicher Gang, eine durchaus falsche Declamation und Gesticulation, ein Klappen auf die Endsylben der Verse – alles dieß vereinigte sich, um allgemeine Unzufriedenheit im Publicum zu erregen, die jedoch – aus einer hier übel angebrachten Bescheidenheit – nicht laut wurde. Hätten die Zuschauer ihre Gefühle ausgesprochen, so würden sie sich mehrere ähnliche Darstellungen erspart haben. (Wenn auch nur eine der Hauptrollen in Wien auf ähnliche Weise besetzt war, so ist es leicht zu begreifen, daß das Werk kein Glück machen konnte.)
Den 13.: Alimelek, Wirth und Gast, Oper in 2 A. von M. Beer. Wir müssen die wiederhohlte Aufführung erwähnen, da dieß Werk, mit Ausnahme der Mad. Grünbaum, ganz neu besetzt war. Herr Stöger gab den Alimelek zum ersten Mahle, und wenn er in mimischer Darstellung auch Herrn Ehlers nicht zu erreichen vermochte, so verkannte man doch sein rühmliches Streben durchaus nicht, und für das Fehlende entschädigte seine wunderschöne, kräftige Stimme, durch welche manches Musikstück noch bedeutendere Wirkung hervorbrachte. Herr Kainz hatte die Rolle des Kalifen, und Herr Grünbaum jene des Giaffar übernommen. Beyde Rollen hatten durch diesen Wechsel gewonnen, die erstere vorzüglich in Spiel und Anstand, die zweyte, welche eine sehr delicate Intonation hat, durch den Umstand, daß Herr Grünbaum bey seiner zwar schwachen Stimme doch ein vortreffliches Gehör besitzt. Es ist in der That ein großer Verlust für die Kunst, daß dieser Mann, der so reich mit musikalischen Kenntnissen ausgestattet ist, so früh seine Stimme verloren hat, und höchst lobenswerth seine Bescheidenheit, sich theils dem Schauspiele zu widmen, theils zum Besten des Ganzen, auch kleinere Parthien zu übernehmen. Mad. Grünbaum übertraf sich heute selbst – man verzeihe uns den Gemeinplatz, doch ist er hier buchstäblich wahr – und wer diese herrliche Künstlerinn, auf die wir mit Recht stolz sind, kennt, weiß, was es heißt, sie zu übertreffen.
Apparat
Entstehung
–
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Jakob, Charlene
Überlieferung
-
Textzeuge: Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 8, Nr. 127 (22. Oktober 1816), S. 524