Aufführungsbesprechung Stockholm: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber im April 1824
Zeitung der Ereignisse und Ansichten.
Stockholm. Wir haben hier zwei Theater: das königl. Opern- und das königl. dramatische Theater. Für jenes ließ Gustav III. ein eigenes Haus erbauen, welches im Jahr 1782 fertig wurde; dieses hat den sogenannten de la Gardieska-Pallast für sich erhalten. Das Personal ist für beide Bühnen dasselbe; man spielt wechselweise auf beiden. Weil diese Theater mit eigenen Einnahmen sich nicht erhalten können, haben sie von dem Könige*, seit dem 1. November 1818, 20,000 Rthlr. schwed. Banko, vom Kronprinzen* 4000 und von der Kronprinzessin‡ Sophia Albertina* 1000 Rthlr. jährlich bekommen; außerdem von den Staatsmitteln bis zum 1. November 1821, ebenfalls jährlich 17,000 Rthlr. Banko. Bei dem letzten Reichstage wurde der Beitrag des Königs zu 14,000 Rthlr. herunter gesetzt. – Die höchste Aufsicht über die Theater hat ein Direktor, vom Könige dazu ernannt. Der Obrist und Ritter | Freiherr Akerhjelm nahm diesen Posten im Jahr 1818 an. Mit ihm sind die Theater wieder empor gekommen, obwohl auch der vorhergehende Direktor, Graf Löwenhjelm*, das Orchester auf einen bedeutenden Standpunkt brachte. Im Sommer 1823 bekam Freiherr Akerhjelm als Direktor der Theater den Grafen Gustav Lagerbjelke* zum Nachfolger. Bis hierher hat man den Unterschied bemerken wollen, daß Jener mehr einem allgemeinen, reinen Geschmack huldigte; dieser aber – wie es wahrscheinlich einem Mitgliede der schwedischen Akademie geziemt – bückt sich am liebsten vor dem Goldkalbe der französischen Kunst. Die unter der Direktion Beider gegebenen Stücke schienen diese Meinung zu bestätigen; und so sind denn Viele des Glaubens, daß die Theater bei dem Umtausch nicht gewonnen haben. – Im ersten Halbjahr 1823 wurden drei neue Opern gegeben; "La Vestale", von Jouy, mit Musik von Spontini, begrüßte das Publikum in den ersten Tagen des Januars. Sie ist seitdem mehrere Mal, und immer mit Beifall, auf der Bühne erschienen. – Ende Aprils wurde "der Freischütz", von Kind, mit Musik von Carl Maria von Weber, das erste Mal gegeben. So großes Aufsehen hat vermuthlich kein Stück jemals erweckt. Eine Freischütz-Manie ergriff das Publikum; es wurde wie von einem Zauberschlage getroffen. Die Theater-Recensenten und die Garde-Regimenter an der Spitze, so zog der Freischütz durch alle Straßen; auch im Munde des Pöbels pfiff und sang er, auf alten Instrumenten, selbst auf der Mundharfe, wurde er geklimpert. Ueberall wurde gefreischützt.
[…]
– L.
Apparat
Entstehung
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Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Ran Mo
Überlieferung
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Textzeuge: Der Gesellschafter, Jg. 8, Nr. 193 (3. Dezember 1824), S. 967–968
Textkonstitution
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„Kronprinzessin“sic!
Einzelstellenerläuterung
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„… haben sie von dem Könige“Karl XIV. Johann (eigentlich Jean-Bapiste Bernardotte, 1763–1844), seit 1818 König von Schweden.
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„… Rthlr. schwed. Banko, vom Kronprinzen“Oskar I. (eigentlich François Joseph Oscar Bernardotte, 1799–1859), ab 1844 König von Schweden.
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„… von der Kronprinzessin Sophia Albertina“Sophie Albertine von Schweden (1753–1829), letzte Prinzessin aus dem Haus Wasa, 1787 bis 1803 letzte Äbtissin des Reichsstifts Quedlinburg.
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„… der vorhergehende Direktor, Graf Löwenhjelm“Graf Gustav Löwenhielm (1771–1856) leitete 1812 bis 1818 das Stockholmer Hoftheater.
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„… Theater den Grafen Gustav Lagerbjelke“Graf Gustav Lagerbjelke (1777–1837) leitete 1823 bis 1827 das Stockholmer Hoftheater.