Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: 25. bis 26. März 1818

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Am 25. März. La testa di Bronzo, osia la capanna solitania. Der Kopf von Erz, oder die einsame Hütte. Heroisch-komisches Melodrama in 2 Aufzügen. Die Musik ist vom Kapellmeister Karl Soliva.

Am 26. März. Zum erstenmale: Die Brüder Philibert. Lustspiel in 3 Akten. Aus dem Franz. des Picard übersetzt von Carl Blume.

Die Idee, zwei Brüder nebeneinander zu stellen, von welchen der eine würdig, edel, ernst und besonnen, der andere lustig, unbedacht, verschwenderisch und unbesonnen ist, wo dann durch deren Verwechslung komische Irrungen entstehen, ist schon einigemal zu ergötzlichen Episoden in Lustspielen, in den Drillingen mit drei Brüdern schon zum Stoff eines ganzen Stücks benutzt worden, hat aber auch so viele lächerliche Seiten, daß man sie gern wiederkehren sieht, und sie, gut benutzt, immer etwas Neues wieder darbieten. Dieses ist dann auch hier der Fall, und wenn gleich der ausgezeichnete Beifall, den das französische Stück in Paris fand, wodurch Picard das dem Scheitern nahe Theater des Odeon wieder emporzuheben im Stande war, sich in der deutschen Uebertragung nicht in gleich überschwenglicher Maße zeigen sollte, so liegt dies zum Theil an der Uebertragung selbst, zum Theil daran, daß wir überhaupt für das Lustspiel weniger enthusiastisch sind, als unsere scherzlustigen Nachbarn. Uebringens schadet dem Stücke offenbar der dritte Akt, der nur gleichsam angeflickt zu seyn scheint, um die Entwickelung langsam herbeizuführen, die sich weit rascher an den zweiten hätte anschließen können. Denn im Scherzspiel hat der Ernst jedesmal die undankbarste Rolle, und so ist uns dieser ältere Philibert, ein so trefflicher Mensch er auch ist, und so würdig er auch von unserm Hellwig dargestellt wird, doch immer eine trockne, störende Erscheinung mit seiner stillen Liebespein und seinen verunglückten Couplets, ja er wird sogar durch das komische Unglück, das ihm widerfährt, ein Gegendstand des Lächerlichen, das er doch eigentlich durchaus nicht seyn soll. Es dürfte daher recht gut seyn, wenn alle Scenen mit ihm so sehr als möglich abgekürzt, da¦durch einige Bedientenauftritte vermieden, und selbst die lange Rede Philibert des jüngern, im 13. Auftritte des 3. Akts, wo er seinen Bruder unnöthigerweise so sehr lobt, vielleicht ganz weggelassen würde. Desungeachtet unterhielt auch bei uns das artige Lustspiel sehr und erhielt verdienten Beifall.

Dazu trug das brave, rasch ineinandergreifende Spiel der Hauptrollen ungemein viel bei, wie denn dies bei Lustspielen fast noch nothwendigeres Erforderniß als bei Trauerspielen ist, wo der höhere Schwung des Dichters schon oft den Zuhörer mit sich fortreißt, sollte auch die Darstellung hie und da eine kleine Lücke fühlbar werden lassen. Um so erfreulicher ist dann die Zusammenwirkung der einzelnen Darsteller im Lustspiel zum Schaffen eines Ganzen, dem nur durch das rascheste Leben sein volles Recht wiederfahren kann. Die Hauptpersonen sind in den Brüdern Philibert: der jüngere Bruder, den Hr. Wilhelmi mit Lebendigkeit, Lustigkeit und mit einem Aufwand von Gedächtniß gab, den wir, wie immer, so besonders hier recht lobenswerth gefunden haben, und der Cousin Pastoureau, in welchem Hr. Julius in Kleidung, Haltung, Sprache und Benehmen eine höchst ergötzliche Karikatur sentimentaler Ziererei aufstellte. Von Nebenpersonen ist besonders der Singlehrer Brio ein gut gezeichneter Charakter. Hr. Metzner gab recht viel Gutes darin, doch bedünkt mich, daß er ihn zu wenig elegant in Kleidung und im äußern Anstrich zu alt gehalten habe, da Dupare ja ausdrücklich zu ihm sagt: wenn ihre Kleine in die Jahre meiner Sophie kommen wird &c., und er folglich weit jünger als dieser seyn muß. Aus dem Traiteur ließe sich auch Etwas machen, er ist ganz aus der Pariser Restaurationswelt gegriffen, und verdiente mehr Beachtung.

Hierauf folgte ein großes Violin-Concert, vom K. Baierischen Concertmeister Fränzl componirt, und dem K. Baierischen Cammermusikus Franz Paul von Conradi, einem Schüler des erstern, vorgetragen. Der blinde Virtuose erwarb sich, sowohl durch seine Kunstfertigkeit als seine Anspruchlosigkeit, allgemeinen Beifall.

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: 25. bis 26. März 1818, dabei besonders über „Die Brüder Philibert“ von Blum.

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Albrecht, Christoph; Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 2, Nr. 86 (11. April 1818), Bl. 2v

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