Aufführungsbesprechung Aachen: „Oberon“ von Carl Maria von Weber (9. März 1830)

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Aachen den 9ten März zum ersten Male: Oberon. Für die äußere Ausstattung war mehr geschehen, als je in dieser Stadt, und wohl mehr als der Finanzminister des Theaters erlauben sollte. Orchester und Sänger sind ohne Zweifel vorzüglicher als in Frankfurt. Vor Allen verdient Mad. Fischer eine rühmliche Erwähnung*. Sie ist, so weit meine Augen und Gläser tragen, eine schöne Frau und spielt nicht so | hölzern, als ich nach mancher Beschreibung fürchtete. Ihre Stimme ist voll und stark, nur nicht immer ganz rein; eine gründlicher und strenge Schule würde die Mängel hoffentlich vertilgen und die guten Eigenschaften verdoppeln. Am Schluß des zweiten Aktes erhob das, ohnehin unruhige, Publikum ein gewaltiges Geschrei. Die Töne waren undeutlich, doch glaubte ich die Worte Madame und Fischer zu verstehen, und fand die Höflichkeit und Theilnahme für die Künstlerinn ganz natürlich und angemessen. Als aber der Vorhand in die Höhe ging, erschien im Hintergrunde ein Mann, der sehr schmierig aussah und gar sehr beklatscht wurde: – es war der gerufene Maschinist. – Und ich hatte, im Verhältniß zu Berlin, gerade die Maschinerien schlecht, die Sängerinn aber so gefunden, daß sie den Vergleich nicht zu scheuen brauchte. Neues Geschrei: Fischer, Fischer!! Unhöflich genug (dachte ich) sie nach dem Maschinisten zu rufen, indeß vielleicht auch besser wie gar nicht. Aber siehe – es erschien wieder ein Herr, nämlich Herr Fischer*, dem das Publikum hiemit seinen Dank für den Geldaufwand abstatten wollte; – von Madame Fischer war nicht die Rede, außer daß am Schlusse des Stücks ein paar Stimmen ihren Namen ohne Erfolg riefen! So gehts in der Welt! – Frau – klagte mit Recht, daß die Logen nie Theilnahme zeigen und das Parterre die | Herrschaft sogar hat an das Paradies kommen lassen, wo in den Zwischenakten Thierstimmen aller Art mit großer Virtuosität nachgeahmt, wo gebellt, gemaunzt und gewiehert wurde. Weil die Tänze fehlten, erschien manches sehr kahl; noch wunderliches war es, die Instrumentalmusik der Meermädchen ohne Chor ewig lang herzuspielen, damit man desto länger die angeblich bewundernswürdige Dekoration bewundern könne. Droll war gestrichen, Puck trug einen steif abstehenden Weiberrock, unter dem die rothen, etwas wetzbeinigen Weiberbeine viel zu lang und unschön hervorguckten und einherschritten. Dieser Puck, Dem. Absenger*, versengte mein Herz nicht; Namuna, Madame Abweser, hätte meinetwegen abwesend seyn mögen; das Meermädchen, Dem. Stehle, stahl so wenig als Dem. Absenger versengte, und obgleich ich in Dem. Hanff eine alte Bekannte erkannte, mochte ich doch nicht in ihr Garn gehen; Roschane, die kleine Mad. Meck, hätte, bei etwas mehr embonpoint, Mad. Speck heißen können, und wäre dann gewiß nicht in den Wogen des Tigris untergesunken. Oberon (Mühling) nicht so gut als Bader; Hüon (Schäffer) mindern Versuchungen junger Schönen als Stümer in Berlin ausgesetzt; beide jedoch im Ganzen, gleichwie das Orchester, lobenswürdig.

Apparat

Zusammenfassung

Besprechung der Premiere des „Oberon“ in Aachen

Generalvermerk

aus: Vierter Brief vom 12. März

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Ziegler, Frank

Überlieferung

  • Textzeuge: Friedrich von Raumer, Briefe aus Paris und Frankreich im Jahre 1830, Bd. 1, Leipzig 1831, S. 13–15

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Mad. Fischer eine rühmliche Erwähnung“Als Rezia.
    • „… ein Herr, nämlich Herr Fischer“Karl Fischer, 1829/30 Direktor des Aachener Theaters; er beschloss seine Direktion 1830 mit einer Einstudierung des Fidelio mit seiner Frau Beatrix Fischer in der Titelpartie; vgl.Allgemeine Theaterzeitung und Originalblatt für Kunst, Literatur und geselliges Leben, Jg. 23, Nr. 147 (9. Dezember 1830), S. 600.
    • „… Dieser Puck , Dem. Absenger“Chorsängerin am Stadttheater Aachen, die auch Aushilfsrollen übernahm.

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