Marie Lipsius an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Leipzig, Mittwoch, 29. September 1875
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Hochverehrter Herr Professor!
Anderthalb Jahre sind vergangen, seit ich Ihre letzten gütigen Zeilen empfing – nun kommt Ihnen endlich heute ein verspäteter Dank in Begleitung eines 3. Bandes der Musikal. Studienköpfe zu Händen. Nehmen Sie denselben gleichwol mit der gewohnten Güte u. Nachsicht auf u. lassen Sie ihm die gleiche wohlwollende Theilnahme u. Protection angedeihen, die Sie meinen früheren Arbeiten schenkten! Sie wissen ja, wie lieb u. werthvoll mir dieselbe von jeher war u. darum möchte ich sie auch in alle Zukunft nicht missen, möchte mich immer von neuem Ihrer Gunst u. | Freundschaft versichern u. sorgen, daß ich nicht am Ende ganz bei Ihnen in Vergessenheit gerathe. Die schönen Zeiten Ihrer Einkehr in Leipzig scheinen ja leider ganz nur noch der Vergangenheit anzugehören u. dadurch entbehre ich gar viel, war mir doch jeder Ihrer Besuche Freude u. Gewinn zugleich! Die große Freude Ihres schriftlichen Verkehrs bleibt mir zwar, aber sie kommt mir doch nur selten in’s Haus, da Sie eben mehr u. Besseres zu thun haben, als Sich mit mir zu unterreden! Jetzt aber erbitte ich mir, unbescheiden genug, ein paar gelegentliche Mußestunden für die Lectüre des neuen Productes, u. wann dieselbe | beendigt ein freundliches Wort darüber, ob u. wie es bei Ihnen angeklungen? – Hoffentlich darf ich Ihnen auch in nicht ferner Zeit eine neue Auflage des 2. Studienbandes schicken, die ich gegenwärtig vorbereite. Ich stehe im Begriff sie durch Verzeichnisse der Werke der betreffenden Meister zu bereichern, wie ich dies eben beim 3. Bande gethan. Es ist dies wohl ein mühseliges Stück Arbeit – namentlich hier, wo es sich um Ausländer handelt, für die uns nur die aller kärglichsten Quellen zu Gebote stehen – aber ich hoffe, daß sie dem Ganzen zum Vortheil gereichen wird u. darum will ich sie mir gern nicht verdrießen lassen! –
Wie steht es aber mit dem Verzeichniß Ihrer Weber-Reliquien, von dem | Sie mir in Ihrem letzten Brief Mittheilung machten? Ist die umfängliche u. interessante Arbeit nun zum Abschluß gediehen? Die musikalische Welt (denn Sie veröffentlichen dasselbe doch hoffentlich?) dadurch um ein werthvolles Werk reicher geworden?
Und wie geht es mit Ihrer Gesundheit, über die Sie früher einmal Klage führten? Aber ich sehe Sie im Geiste wieder frisch u. munter, voll jener elastischen Kraft, die den Jüngsten beschämte u. die ich immer an Ihnen kannte u. bewunderte. Was können u. werden Sie uns nicht noch Alles schenken u. mit wie vielen Plänen tragen Sie Sich gewiß wiederum. Lassen Sie mich bitte, bald einmal wieder von Ihnen hören u. verzeihen Sie freundlich die in Folge einer mehrmonatlichen sommerlichen Abwesenheit ein wenig verzögerte Übersendung des Beifolgenden!
Wie immer in herzlicher Verehrung Ihre ergebene
Marie Lipsius.
Leipzig,
Weststraße 44.
d. 29. Sept. 75.
Apparat
Zusammenfassung
schickt J. den 3. Band ihrer Musikalischen Studienköpfe und fragt nach dem Abschluss seines Weberiana-Katalogs
Incipit
„Anderthalb Jahre sind vergangen, seit ich Ihre“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Frank Ziegler