Samstag, 7. September 1811
Rigi Kulm, Weggis, Luzern
d: 7t früh 3 Uhr aufgestanden, und den Kulm des Rigi be-
stiegen. faßt glaubte ich ihn nicht zu erreichen
da mir der Sonnen Aufgang schon so sehr nahe
schien, und ich daher sehr eilte und mich über die maßen
anstrengte. ich erstieg es in ¾tel Stunden, und kam
höchst erhizt oben an. wo eine ziemliche Kälte herrschte
und das angemachte Feuer des Führers sehr erfreulich
war. um ½ 6 Uhr erschien die Sonne in ihrem Glanze
nach dem sie vorher schon die Spizzen der Gletscher ver-
goldet hatte, und reichlich war ich für meine An-
strengung belohnt. Beschreiben muß man so
etwas nicht. von da giengen wir den Weg nach
Weghis herab. verzehrten Nidl*, und Anken*, tranken
bey der Kapelle zur Jungfer zum Schnee, aus der
Wunderthätigen Quelle‡*, sahen das Bad, was wie
ein Sarg aussieht und langten in Wehgis um 11 Uhr
an. Hier nahm ich Abschied von Liste der mir
durch seine Gesellschaft diese Reise versüßt hatte.
die Reise bis daher kostete mich
hier nahm ich ein Schiff bis Luzern. wo ich um
1 Uhr ankam, und dafür bezahlte 30 Bazzen. im Adler
stieg ich ab. Paß zu visiren 4. --- . Mittag
im Adler H: Schnyder und Müller getroffen.
dann suchte mich H: Mayer auf und sagte daß nicht
zu machen sey, worauf ich mich entschloß den
anderen Tag abzureisen. ich besah die Orgel die
33 Schuh hohe zinnerne Pfeiffen hat*, pp gieng dann
ins Bad wo man wie in einem Sautrog sizt
und bezahlte dafür - 8 B:‡ der bedienenden Französin
zum erstenmal in meinem Leben‡ 16 -. Abends noch
im Casino*, mit H: Mayer. da gesprochen H: Khorherr‡
Bunsinger. Tollmann pp. Nachts brachten
Seitenumbruch
mir H: Mayer, Tollm: Schnyder pp noch eine schöne Serend‡
mit 3 Violen und Violonz:‡ von Sch: Composition.
für meinen Coffer Fracht von Zürch bis Luzern*
Apparat
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Dagmar Beck
- Kommentar
- Dagmar Beck; Frank Ziegler
Überlieferung
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Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (D-B)
Signatur: Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 1Provenienz
- Umwandlung der Dauerleihgabe in eine Schenkung durch Hans-Jürgen Freiherr von Weber am 15. November 1986
- bis 1986 in Familienbesitz (seit 1956 bereits als Dauerleihgabe in der Berliner Staatsbibliothek)
Textkonstitution
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„… , aus der Wunderthätigen Quelle“Überschrieben, ursprünglich „Kapelle“.
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„… zum erstenmal in meinem Leben“Danach kurze Ausstreichung, nicht lesbar.
Einzelstellenerläuterung
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„… nach Weghis herab. verzehrten Nidl“Nidl, schweizerisch für Rahm.
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„… verzehrten Nidl , und Anken“Anke bzw. Angge, schweizerisch für Butter.
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„… , aus der Wunderthätigen Quelle“Gemeint ist hier wohl an erster Stelle die Kapelle Maria zum Schnee (gestiftet 1688) im Weiler Klösterli, dann aber die als heilkräftig geltende Kaltbad-Quelle (1540 erstmals erwähnt) bei der Felsenkapelle St. Michael (neu errichtet 1779).
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„… Schuh hohe zinnerne Pfeiffen hat“Die um 1650 durch den Salzburger Orgelbauer Johann Geissler errichtete Hauptorgel in der Kirche St. Leodegar (nachfolgend mehrfach umgebaut).
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„B:“Abk. von „Batzen“.
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„… Abends noch im Casino“Vermutlich das heute als „Altes Casino“ bezeichnete 1709 erbaute Gesellschaftshaus der Herren zu Schützen (Löwengraben 24; im Besitz der Gesellschaft seit 1807) nahe der Spreuerbrücke.
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„Khorherr“recte „Chorherr“.
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„Serend“Abk. von „Serenade“.
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„Violonz:“Abk. von „Violonzello“.
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„… Fracht von Zürch bis Luzern“Weber hatte seinen Koffer von Zürich aus an X. Meyer von Schauensee vorausschicken lassen; vgl. die Tagebuchnotiz vom 4. September 1811.