Veröffentlichung Spontinis über Verhandlungen der Berliner General-Musikdirektion
Auf Ersuchen theilen wir dem Publikum hierdurch Nachstehendes mit:
Verhandlung der (durch die Königl. Dienst-Instruktion vom 26sten September 1821 Allerhöchst angeordneten) General-Musik-Direktion.
Meine Herrn.
Schon vor mehreren Monaten hatte ich die Ehre, Ihnen den Plan mitzutheilen, daß die Opern Euryanthe, Jessonda und mehrere andere, nach und nach auf dem Königl. Theater in Scene gesetzt werden sollten.
Durch nähere Bestimmung vom 7ten des vorigen Monats (gleich nach dem Eingang der Partitur zur Euryanthe) ersuchte ich hierauf, in Folge des mir zustehenden Amtes, Herrn Kapellmeister Seidel, sich unmittelbar mit dieser Partitur zu beschäftigen, die demselben alsbald zugestellt ward, um künftig die Proben und Vorstellungen zu dirigiren.
Dem Regisseur Herrn Blume gab ich zugleich Instruktionen über denselben Gegenstand, und zu derselben Zeit, als wir eben die Oper Euryanthe empfangen hatten, welche ich unverzüglich dem Herrn General-Intendanten der Königlichen Schauspiele übergeben habe, da ich sie nicht der durch die Dienst-Instruktion für gewöhnlich angeordneten Prüfung unterwerfen wollte, weil der Name des Herrn von Weber mir als die stärkste und sicherste Bürgschaft für all das Verdienstliche seines Werkes gilt.
Die Rollenbesetzung zur Euryanthe ist übrigens, wie Sie wissen, vom Herrn von Weber selbst bezeichnet worden*, worüber mir Herr Kapellmeister Seidel die Mittheilung von Seiten des Herrn Grafen von Brühl vor zwölf Tagen übergeben hat.
Dem allen gemäß, und in Folge des 6ten Artikels der Dienst-Instruktion, ersuche ich Sie nun um die Bestätigung dieser verschiedenen Umstände durch Ihre Unterschrift, damit dieselben unter die Beschlüsse der General-Musik-Direktion aufgenommen, und dem Herrn General-Intendanten der Schauspiele (aus Beweggründen, die ihm bekannt sind) mit der Bitte zugesandt werden können, höheren Orts den Plan | zur Aufführung folgender Opern in der angegebenen Folge vorzulegen, und Genehmigung einzuholen.
Verzeichniß und Ordnung der oben erwähnten Opern:*
1) Elisabeth, von Rossini.
2) Euryanthe, von Weber.
3) Prinz Riquet, von Blume.
4) La neige, von Auber.
5) Blaubart, von Grétry.
6) Die diebische Elster, von Rossini.
7) Medea, von Cherubini.
8) Jessonda, von Spohr.
9) Alcidor, von Spontini.
10) Valentine von Mailand, von Méhul.
11) Mantano‡ und Stephanie*, von Berton.
Berlin, den 3ten Mai 1824.
Der Königl. General-Musik-Direktor Spontini.
Unterzeichnet: J.‡ L. Seidel.
G. A. Schneider.
C. Moeser.
C. A. Seidler.
A. Bohrer.
Carl Blume.
Apparat
Zusammenfassung
Darstellung Spontinis von Verhandlungen der Berliner Generalmusikdirektion betreffs Opern-Aufführungen, u.a. Webers Euryanthe
Generalvermerk
Entstehung
–
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Schreiter, Solveig
Überlieferung
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Textzeuge: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 111 (11. Mai 1824)
Dazugehörige Textwiedergaben
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Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats und gelehrten Sachen, 1824, 111. Stück (11. Mai)
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Wiener allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat, Jg. 8, Nr. 36 (2. Juni 1824), S. 143f.
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Textkonstitution
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„Mantano“sic!
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„J.“sic!
Einzelstellenerläuterung
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„… von Weber selbst bezeichnet worden“Lt. Webers Bemerkungen über die geplante Aufführung der „Euryanthe“ in Berlin in der Abendzeitung entsprach das nicht der Wahrheit.
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„… der oben erwähnten Opern :“Folgende der erwähnten Stücke erlebten eine Aufführung an den Königlichen Schauspielen: Prinz Riquet (ab 11. Juni 1824), Elisabetta (ab 18. Juni 1824), La neige (ab 3. Oktober 1824), La gazza ladra (ab 31. Dezember 1824), Jessonda (ab 14. Februar 1825), Alcidor (ab 23. Mai 1825), Euryanthe (ab 23. Dezember 1825); nicht neu (oder wieder) einstudiert wurden Raoul Barbe-bleue, Médée, Valentine de Milan sowie Montano et Stéphanie.
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„… . 11) Mantano und Stephanie“Montano et Stéphanie, Oper in drei Akten von Henri-Montan Berton (Libretto: Jean Élie Bédéno, genannt de Jaure; UA 15. April 1799, deutschsprachige Erstaufführung unter dem Titel Rosamunde, übersetzt von Joseph von Seyfried in Wien am Theater an der Wien am 3. Mai 1810); das Werk erlebte an der Berliner Hofoper keine Einstudierung.