Carl Alvin (Stadttheater Bremen) an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Bremen, Dienstag, 5. November 1878

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Herrn F. W. Jähns Wohlgeboren
k. P Professor.
Berlin.

Antwortlich Ihrer geehrter Zuschrift vom 4 d Ms erlaube ich mir Ihnen folgende, für Sie gewiß sehr interessante Enthüllungen zu machen.

Der Titel unserer Freischütz-Partitur* lautet.

Der Freyschütze
Romantische Oper in 3 Aufzügen. Gedicht von Fried Kind
Music v. Carl Maria v Weber.

13. ist die Arie d. Ännchen Einst träumte meiner selg Base.

Im Finale III Lautet es nach den Worten Ottokars Fort mit das Scheusal in die Wolfschlucht! folgendermaßen.

Max.     Herr Unwerth bin ich Eurer Gnade
     Des Todten Trug verlockte mich
     Aus Liebe wählt ich finstre Pfade
     Daß ich von Recht u Tugend wich!


Hierauf singt eine mit Hugo bezeichnete Person, jedenfalls aber ist Ottokar gemeint.

Hugo. Was hier geschehn durchschaue ich
     Nie finde solcher Probeschuß mehr Statt
     Doch der der schwer gesündigt hat
     Sonst aber reinen Herzens war
     Vergönnt sei dir ein Probejahr
     Und bleibst du dann, wie man dich stets erfand |
     So werde dein Agathens Hand.

Max (zu Hugo) Die Zukunft soll mein Herz bewähren etc.

bis zum Tutti dann

Cuno. Doch jetzt erhebt Eure Blicke
     zu dem der Schirm der Unschuld war.

Hiernach fehlt die Parthie des Eremiten vollständig, und erscheint dieselbe als nachcomponirt*

Ob von C. M v Webers Hand Einzeichnungen sich vorfinden wenn auch der Anschein dafür spricht, indem sich eine Ähnlichkeit in der Handschrift zeigt nach dem Facsimile* auf der Partitur der Euryanthe welches lautet:

Zur Aufführung in dem Gesangverein des Herrn C Grebau
in Bremen

Dresden im Februar 1824.           Carl Maria v Weber*

Die Partituren „Oberon u. Euryanthe“ sind von einer Hand*, mit kräftigen Noten geschrieben. Die des Freischütz weniger starke. Jedenfalls erscheinen einige musikalische Bestimmungen von Webers Hand, wenn nicht alle, denn das Facsimile scheint sehr schnell geschrieben zu sein.

Die Partitur v Preciosa ist im vorig Jahr unter Direction v. C. Ackermann*, abhanden gekommen.

Silvana u Abu Hassan sind nicht vorhanden.

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In Betreff Ihrer anderen Wünsche werde ich baldschleunigst Nachlese halten. Ein Register ist nie geführt worden, so daß ich die vorhandenen Zettel zu Rathe ziehen muß, und leider fehlen dieselben von 73‒78. unter d. Diretion v. Rösike*, vielleicht kann ich das Repertoir anderweit auftreiben.

Indem ich mich Ihnen bestens empfehle zeichne ich
hochachtungsvoll
C. Alvin
Theater-Inspector d Bremer Stadttheaters.

Apparat

Zusammenfassung

gibt Auskünfte zu den vorhandenen hs. Partituren zum Freischütz, Euryanthe und Oberon, schließt bei ersterer Webersche Einzeichnungen nicht aus, Eremitenstelle fehlt; Preciosa ist abhanden gekommen, Silvana u. Abu Hassan sind nicht vorhanden, eine Aufführungsstatistik gibt es nicht, er wird die vorhandenen Theaterzettel zu Rate ziehen

Incipit

Antwortlich Ihrer geehrten Zuschrift vom 4 d. M.

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 727

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
    • am Briefkopf Beantwortungsvermerk von Jähns (9. Dezember 1878) mit Bleistift

Textkonstitution

  • „… ten ] N ov [18]78“die geklammerten Teile sind Bestandteil des Vordrucks
  • „das“sic!
  • „C“sic!
  • „Grebau“sic!
  • „alle“sic!

Einzelstellenerläuterung

  • „… Der Titel unserer Freischütz-Partitur“Die ursprüngliche Bremer Freischütz-Partiturkopie, die Weber 1822 übersandt hatte, befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Detmold (heute D-DT, Mus n-245). Die hier beschriebene Partitur war somit keine authentische, auf Weber zurückgehende Quelle.
  • Ottokarrecte „Eremit“.
  • „… und erscheint dieselbe als nachcomponirt“Zusatz von Jähns in Rötel: „(Nein!)“.
  • „… Handschrift zeigt nach dem Facsimile“Gemeint ist kein Faksimile, sondern ein Originaleintrag Webers.
  • „… 1824. Carl Maria v Weber“Die Partitur übersandte Weber laut Tagebuch am 8. Februar 1824 nach Bremen.
  • „… Euryanthe sind von einer Hand“Da die Euryanthe-Partitur durch Webers Titelnotiz als authentisch gesichert ist, dürfte also auch die des Oberon von einem Dresdner Kopisten geschrieben worden sein. Es handelte sich demnach wohl um jene Partitur, die laut K. T. Winklers Vormundschaftsabrechnung vom 26. Februar 1830 im Jahr 1827 aus Dresden nach Bremen geliefert worden war (konzertante Erstaufführung in Bremen am 30. Mai 1827, szenische Erstaufführung am 23. Oktober 1827).
  • „… unter Direction v. C. Ackermann“Der vormalige Stettiner Theaterdirektor Carl Ackermann war 1878 Direktor des Bremer Stadttheaters geworden.
  • „… unter d. Diretion v. Rösike“Adolf Rösicke (1829‒1891).

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