Friedrich Wilhelm Jähns an Karl Richard Lepsius in Berlin
Berlin, Montag, 1. Mai 1876
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Kontext
Absolute Chronologie
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- 1876-03-20: an unbekannte Dame
- 1876-04-28: von Pohl
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- 1876-07-03: an Hiller
- 1876-05-08: von Pohl
Korrespondenzstelle
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- 1876-05-17: von Lepsius
Hochzuverehrender Herr Geheimer Regierungs-Rath und Ober-Bibliothekar.
Euer Hochwohlgeboren erlaube ich mir, in Nachstehendem einen Antrag und eine Bitte ganz gehorsamst vorzutragen.
Seit langen Jahren bin ich mit ganzer Hingabe dem Studium der Werke und des Wesens Carl Maria’s von Weber ergeben und habe die Frucht meiner Forschungen in der umfassenden Arbeit „C. M. v. Weber in seinen Werken etc. etc. etc.“ (Berlin, Schlesinger 500 Seiten Gr. Lex. Form.) 1871 veröffentlicht.
Nicht sowohl zu Gunsten dieser Arbeit, als auch aus sonstigem Interesse an der Muse und der Person Weber’s; nicht nur begünstigt durch freundschaftliche Beziehungen zu dessen Hinterbliebenen, als auch durch thätige Theilnahme anderer Freunde wie eigene genaue Kenntniß alles in die Sache Einschlägigen; vorzugsweise aber mit Hülfe langjähriger Arbeit und Aufwendung sehr namhafter Geldopfer – auf diesem Wege habe ich eine Sammlung von „Weberianis“ hergestellt, welche in Bezug auf den großen Tondichter unzweifelhaft einzig dasteht.
Eine „kurzgefaßte Übersicht“ des Inhaltes der in acht Hauptklassen zerfallenden Sammlung und deren äußerer Einrichtung und Ausstattung giebt das beiliegende Blatt – eine specificirte Aufzählung sämmtlicher Einzelheiten derselben aber der beigehende Catalog in Einem grünen Hochfolio-Halbfranz-Bande von 200 Seiten.
Im kunstwissenschaftlichen Interesse, besonders Deutschlands, ist zu wünschen, daß die Zukunft dieser Sammlung sicher gestellt werde, und deshalb vermeine ich, daß die Königliche Staats-Bibliothek des Deutschen Reiches der Verwirklichung dieses Wunsches am nächsten stehen dürfte.
Ich erlaube mir daher, die Sammlung „Weberiana“ der Königlichen Bibliothek zu Berlin ganz gehorsamst zum Ankauf darzubieten, und zwar mit der ebenmäßigen Bitte an Euer Hochwohlgeboren, deren Inhalt einer hochgeneigten Prüfung zu unterziehen. – Den Kaufpreis muß ich auf fünftausend Thaler feststellen, und bin ich überzeugt, daß derselbe als angemessen und bescheiden erklärt werden wird angesichts des reichen autographischen Inhalts der Sammlung, wie ihrer hohen Vollständigkeit und Vielseitigkeit wegen, und besonders gegenüber dem großen, in allen seinen Theilen auf seltne Weise sich gegenseitig durchdringenden Ganzen.
Daß, im Falle des Ankaufs der Sammlung, ich auch dann noch unverändert bestrebt sein werde, im Interesse derselben zu arbeiten und zugleich für ihre weitere Vergrößerung_fortdauernd zu wirken – dessen darf sich die Königliche Bibliothek versichert halten, indem meine Theilnahme am Gegenstande nur mit mir selber aufhören kann. –
Da aber die Beschäftigung mit demselben, wie im Interesse desselben, nur bei freierer Benutzung der Sammlung möglich ist, so erlaube ich mir das bescheidentlichst ausgesprochene Ansuchen: dieselbe in den Bibliothekstunden in einer etwas erweiterten, von Eurer Hochwohlgeboren gütigst näher zu bestimmenden Form benutzen zu dürfen. Mein eigenes Interesse an der Sammlung, wie meine sonstigen äußern Verhältnisse dürften dafür Gewähr leisten, daß eine solche mir in erweiterter Form gestattete Erlaubniß zur Benutzung der Sammlung „Weberiana“ niemals mißbraucht werden könnte.
Möchten Euer Hochwohlgeboren die Geneigtheit haben wollen, mein Anerbieten,
resp. Ansuchen in gütige Erwägung zu ziehen, mir aber zu gestatten, hieran den
Ausdruck der ausgezeichnetsten Verehrung zu knüpfen, mit welcher ich, hochzuverehrender Herr Geheimer Regierungs-Rath,
die Ehre habe, zu verharren als
Euer Hochwohlgeboren
ganz ergebener Diener
F. W. Jähns.
Königl. Professor der Musik
und Königl. Musikdirector, pp.
Markgrafenstraße No.24
hier.
Berlin d. 1. Mai 1876.
Apparat
Zusammenfassung
bietet seine Weberiana-Sammlung zum Verkauf an für 5000 Thaler. Als Anlage schickt er eine zweiseitige Übersicht und den hs. Katalog seiner Sammlung zur Ansicht mit. Bittet sich im Ankaufsfalle erweiterte Benutzungsmöglichkeiten der Sammlung für sich aus.
Incipit
„Euer Hochwohlgeboren erlaube ich mir, in Nachstehendem ...“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung (D-Bsbha)
Signatur: Acta III. H. 21