Friedrich Wilhelm Jähns an Justus Eduard Böhme in Hamburg
Berlin, Donnerstag, 2. Februar 1865
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- 1865-02-04: von Böhme
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- 1865-02-04: von Böhme
Sehr geehrter Herr.
Vor einigen Wochen hatte ich einem‡ Neffen von mir, der in Hamburg lebt, ersucht, zu Ihnen zu gehen, um über ein Walzer-Werk betitelt:
„Favoritwalzer der Kaiserin von Frankreich“
mir Nachricht zu senden, welches bei Ihnen in früherer Zeit erschienen war*. Da es dasjenige ist, was ich suche, so will ich mir in Nachstehendem eine ganz gehorsame Bitte erlauben, habe derselben aber noch nachstehendes vorauszuschicken:
Seit 2 Jahren mit einem Werke über Webers sämmtliche Tonwerke (in Art des Köchelschen über Mozart) beschäftigt, ist es mir von hoher Wichtigkeit, zu erfahren, ob die‡ 18 Favoritwalzer mit obigem Titel sämmtlich von C. M. v. Weber componirt seien – oder nicht? |
Mein Neffe hat im Laufe vorigen Mts. dieselben Favorit-Walzer in Ihrem Verlage vorgefunden, die in den Jahren 1810 bis 1812 bei Kühnel in Leipzig ebenfalls herauskamen, und von denen die letzten sechs Stück in D, C, Es, A, B u. E dur erwiesen, (und zwar durch mich erst im vor. Jahre erwiesen) von C. M. v. Weber im Jahre 1812 componirt sind. Ob es die ersten 12 von den 18 auch sind (d. h. von C. M. v. Weber componirt) ist jetzt die kritische Frage, die ich in dem beigehenden Aufsatz der Härtel’schen Musikzeitung zur Sprache gebracht habe. Zuvörderst richte ich die ganz ergebenste Bitte an Sie, mir ein Exemplar Ihrer Favoritwalzer der Kaiserin von Frankreich gütigst per Post zu übersenden und sodann | die ergebenste Anfrage, ob Ihnen etwas‡ über den Ursprung jener ersten 12 Walzer irgend etwas, wäre es auch nur das geringfügigste, etwa aus Ihren Handlungsbüchern jener Zeit, bekannt ist. Sie würden mich zu ganz außerordentlichem Danke verpflichten, wenn Sie eine Nachforschung deshalb gütigst anordnen ließen und es mir in Bezug auf mein Werk möglich würde, vielleicht auf diesem Wege das eigenthümliche Dunkel aufzuhellen, was über der Sache liegt. Es hat sich in den letzten Tage[n] mir eine leise Vermuthung (durch irgend einen zufälligen Umstand) aufgedrängt, daß die 1sten 12 Walzer vielleicht von Weber’s ehemaligem Mitschüler bei Vogler, Johann Gänsbacher componirt seien; | diesen Umstand bei Ihrer gütigst anzuordnenden Nachforschung vielleicht im Auge zu behalten, möchte ich ebenfalls ganz gehorsamst bitten.
Bei Übersendung Ihrer Favoritwalzer würde ich zugleich den mitgesendeten Aufsatz von mir aus der Härtelschen Zeitung ebenfalls mir wieder zurück zu senden ersuchen, da ich nur dies eine Exemplar besitze.
Wollen Sie im Interesse kunstgeschichtlicher Forschung meine vielfach ausgesprochenen Wünsche geneigtest verzeihen!
Zugleich bitte ich, alles direct per Post hieher nach Berlin, Krausen-Strasse No 62 an mich adressiren zu lassen der ich die Ehre habe zu sein
Ihr
in Voraus dankbar ergebenster
F. W. Jähns. Königl: Musik-Director.
Apparat
Zusammenfassung
fragt an, ob die in seinem Verlag früher erschienenen 18 Favoritwalzer alle von Weber seien, von den letzten 6 weiß er es bestimmt, bittet um Zusendung eines Exemplars, legt seinen Aufsatz zu dem Thema bei, bittet um Rücksendung; vermutet, dass evtl. Gänsbacher Komponist sein könne
Incipit
„Vor einigen Wochen hatte ich einen Neffen von mir“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Frank Ziegler
Überlieferung
Textkonstitution
-
„einem“sic!
-
„die“über der Zeile hinzugefügt
-
„etwas“durchgestrichen
Einzelstellenerläuterung
-
„… in früherer Zeit erschienen war“„Sechs | FAVORIT WALZER | der | Kaiserin von Frankreich | MARIE LOUISE. | Bey Ihrer Ankunft in Strasburg, | aufgeführt von der Kayserl: Garde. | für das | Piano-Forte. | Hamburg, bey Joh: Aug: Böhme.“, 3 Hefte, um 1815.