Caroline von Weber an Hinrich Lichtenstein in Berlin
Dresden, Freitag, 7. November 1823
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- 1823-11-04: an Weber
- 1823-11-04: von Weber
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- 1824-07-09: an Weber
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- 1826-06-19: an Lichtenstein
- 1837-11-16: von Lichtenstein
Verehrter Freund!
Gestern erhielten wir hier Kuhns Freymüthigen und ich kann wohl sagen ich habe lange nicht so gelacht als über die schöne Nachricht von dem gänzlichen Durchfallen von Webers Oper in Wien*. Schon das der Corespontent einen Profetischen Geist muß gehabt haben (denn Kuhn muß die Nachricht ehr gehabt haben als die Oper gegeben war) machte mir Spaß, aber daß bey einen der glänzensten Erfolge er vom ghänzlichen Durchfallen spricht, macht ihn über alle Maßen Lächerlich. Das Sie verehrter Freund meines guten Mannes, die Nachricht mag sehr betrübt haben kann ich mir denken, und um Sie völlig zu beruhigen schike ich Ihnen hier einen Brief von Wien mit und die Abendzeitung woraus Sie sehen werden daß von nichts weniger die Rede war als von Durchfallen. Es thut mir leid den guten Freunden Webers die Freude zu verderben, aber diesmal mögen sie ihr Mitleid noch spaaren, und Herr Kuhn mach künftig in verbreiten falscher Nachrichten weniger schnell sein, wenn er nicht, wie diesmal will ausgelacht werden. |
In ein paar tagen hoffe ich meinen guten Mann wieder zu umarmen, dann wird er auch gewiß eilen Ihnen selbst alles mitzutheilen. Ich hätte es auch nicht gewagt ihm vorzugreifen wenn mir nicht die Besorgniß gekomen wäre, das Webers Freunde von der falschen Nachricht irre geleitet, sich über ein so gänzliches Mißlingen betrübten. Ich bitte daher alle denen die freundlichen Theil an Weber nehmen die frohe Nachricht mitzutheilen.
Das Sie, und Ihre liebe Frau und Kinder sich recht wohl befinden mögen hoffe und wünsche ich von Herzen. Mein kleiner Max war in Webers Abwesenheit recht unwohl, aber es geht nun wieder ganz gut. Auch Weber hat sich in Wien einer guten Gesundheit erfreut. Ihre liebe Frau bitte ich herzlich, mich doch einmal mit ein paar Zeilen zu erfreun damit ich sehe Sie habe die Weberin nicht ganz vergeßen. Allen unsern Freunden bitte ich mich zu entfehlen, und besonderß die gute Koch herzlich zu grüßen |
Und Sie verzeihen mir wohl, daß ich Sie mit meinen gekritzel belästige um der guten Nachricht willen die ich Ihnen von Ihrem Weber mittheile.
Erhalten Sie ihm‡ ferner Ihre Liebe und Freundschaft, und übertragen Sie einen kleinen Theil davon auf seine Frau.
Lina v. Weber
Können Sie sich die Wiener Theater Zeitung verschaffen so finden Sie in No 130 und 131 den Erfolg noch ausführlicher beschrieben, auch ein paar recht hübsche Gedichte an Weber.
Apparat
Zusammenfassung
betr. Bericht über das Durchfallen der Euryanthe (nach dem Freimüthigen); sie will verhindern, dass Lichtenstein und andere Berliner Freunde durch den falschen Bericht irregeleitet werden; erwartet Weber in einigen Tagen zurück; über Familiäres; der Erfolg der Euryanthe sei in der Wiener Theaterzeitung ausführlicher beschrieben
Incipit
„Gestern erhielten wir hier Kuhns Freymüthigen“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Leipzig (D), Leipziger Stadtbibliothek – Musikbibliothek (D-LEm)
Signatur: PB 37 (Nr. 44)Quellenbeschreibung
- 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)
Beilagen
- urspr. beiliegend: Brief Webers aus Wien u. Abend-Zeitung
Dazugehörige Textwiedergaben
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Rudorff: Westermanns illustrierte deutsche Monats-Hefte, 44. Jg. (1899), 87. Bd., S. 182–184
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Rudorff 1900, S. 127–129
Textkonstitution
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„ihm“über der Zeile hinzugefügt
Einzelstellenerläuterung
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„… von Webers Oper in Wien“Vgl. Zeitung für Theater und Musik und bildende Künste zur Unterhaltung gebildeter und unbefangener Leser. Eine Begleiterinn des Freimüthigen, Jg. 3, Nr. 44 (1. November 1823), S. 176: „Privatbriefen aus Wien zufolge, ist die Oper der Frau von Chezy: ‚Eurianthe‘, mit Musik von dem trefflichen Carl Maria von Weber, daselbst gänzlich durchgefallen, und man nannte diese romantische Oper spottweise Ennuyante. Wir werden das Nähere mittheilen, sobald wir Berichte über ein Ereigniß erhalten, das der geschätzten Dichterinn so unangenehm sein muß, als dem geistreichen Tondichter des Freischütz.“ Eine „Vorläufige Berichtigung“ liest man eine Woche darauf in derselbe Zeitung, Nr. 45 (8. November 1823), S. 180: „Unsers herrlichen C. M. von Webers Musik zu der Oper ‚Eyrianthe‘ ist in Wien dreimal mit dem ungestümsten Beifall gehört worden. Die Details werden wir bald officiell mittheilen können.“