Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: 25. Oktober – 3. November 1816
Theater.
Prag. – Den 25. October: Johann von Paris. Mad. Waldmüller gab den Pagen zum zweyten Debut, und wenn wir gleich abermahls ihre schöne Stimme bewundern, und gestehen mußten, diese Singparthie noch nie mit so vieler Kraft vorgetragen gehört zu haben, so liegt selbe leider zu sehr in der Höhe, als daß Mad. Waldmüller so sehr darin hätte glänzen können, als bey ihrer ersten Erscheinung; dazu kam, daß sie dießmahl, nicht zufrieden, durch Kraft und Fülle zu imponiren, auch in Schmuck des Gesanges sich auszeichnen wollte, wozu es ihr an Gewandtheit fehlt. Wir übergehen die mimische Darstellung ihrer Rolle, in welcher es wohl schwer seyn möchte, mit der liebenswürdigen Munterkeit der Dlle. Brand in die Schranken zu treten. Mad. Grünbaum als Prinzessinn wurde mit rauschendem Beyfalle empfangen, der sich auch im Laufe der großen Arie nicht zu mäßigen vermochte, und die Künstlerinn mehrmahls unterbrach. Ihre Stimme scheint etwas weniges an Stärke verloren zu haben, dagegen hat sie doppelt so viel an Zartheit, Anmuth und Seele gewonnen, und ihr Gesang spricht mehr als je zum Herzen. Herr Zeltner, welcher den Seneschall zum ersten Mahle spielte, schien sich viele Mühe zu geben, dieser Rolle ein hohes Interesse zu ertheilen, und gleichsam alle seine Vorgänger zu überbiethen; leider gelang ihm weder das eine noch das andere – er blieb sich in Haltung des Charakters nicht gleich, und war bald Geck, bald Anstandsperson, und im zweyten Acte wurde er toll; am besten stellte er noch das Verhältniß zur Prinzessinn dar, und es schien, als werfe die Würde, mit der Mad. Grünbaum ihre Rolle durchführt, einen Abglanz auf ihren Seneschall. Was den Gesang betrifft, so muß er, wegen Mangel an Höhe, vieles transponiren, und wir müssen gestehen, daß wir den weggegangenen Herrn Siebert in dieser Rolle zum ersten Mahle sehr vermißten. – Herr Stöger sang seine Arie und die Romanze sehr schön; in den übrigen Stücken schien uns seine Stimme etwas schwächer als gewöhnlich.
Den 27.: Der Rothmantel, Volksmährchen in 4 Aufzügen von Kotzebue. Die Recensionen, welche über diese Dialogen in vier Theilen schon erschienen sind, ersparen uns die Mühe, unsere Meinung über das neue Werk des berühmten Verfassers ¦ auszusprechen, und wir begnügen uns mit der Anzeige, daß das Stück, trotz des braven Spiels des Herrn Polawsky (Franz), Mad. Liebich (Frau Trude), Dlle. Böhler (Meta) und Mad. Junghans (Ilse) gar nicht gefiel, und wohl nur noch einmahl auf die Bühne kommt, wenn es nicht etwa gar schon nach dieser ersten Vorstellung im Herrn entschläft.
Herr Löwe ist von seinem Ausfluge zurück gekommen, und wurde am 24. als Carl von Wild in der Schachmaschine mit all dem verdienten Beyfalle aufgenommen, den er durch seine lebendige und natürliche Darstellung dieser Rolle so sehr rechtfertigte. Am Schlusse wurde er wieder hervorgerufen.
Von Gästen hatten wir hier Herrn Hodiansky und Mad. Friedel. Ich habe jenen nur als Hamlet – von dem seine Ansicht etwas düster ist – und diese als Louise in Cabale und Liebe gesehen, wo eine gewaltig declamatorische Manier ihr sehr im Wege stand. Beyde erfreuten sich nur getheilten Beyfalls.
Den 3. Nov.: Die Vestalinn, Oper in 3 A. von Spontini. – Herr Siboni gab den Licinius als Gastrolle, und erntete, wie immer, den gerechtesten Beyfall, obschon er uns an manchen Stellen etwas zu hastig in seinen Bewegungen vorkam. Bewundernswerth ist die Gewalt, mit welcher er seine Stimme beherrscht; nur hätten wir sowohl bey ihm als bey Mad. Grünbaum etwas mehr Ökonomie in Verzierung des Gesanges gewünscht, obschon die Manieren, besonders jene der letzteren, ausgezeichnet geschmackvoll waren; jene des Herrn Siboni waren oft von allzu großem Umfang, und retardirten zu sehr. Mad. Waldmüller gab die Oberpriesterinn, und leistete weder in Spiel noch Gesang Genüge; ersterem fehlte es an aller Würde, und bey letzterem (besonders den Vortrag des Recitativs) zeigte sich mehr als jemahls der Mangel an gründlichem Kunststudium, zudem hatte sie noch eine höchst geschmacklose Bravour-Arie eingelegt, die, mit dem edlen Styl der Oper den grellsten Gegensatz bildend, nicht eben die beste Meinung von ihrem Geschmack erregte. – Herr Zeliner‡ war als Pontifex im ersten Acte grell, in den Finalen mangelte es an Deutlichkeit, und am besten gelang ihm das Duett mit Licinius im dritten Acte. Die Chöre waren besser als gewöhnlich besetzt, und unter dem weiblichen Personale befanden sich ein Paar unserer vorzüglichern Schauspielerinnen.
Editorial
Creation
–
Responsibilities
- Übertragung
- Jakob, Charlene
Tradition
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Text Source: Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt, Jg. 8, Nr. 153 (21. Dezember 1816), pp. 628