Carl Ferdinand Pohl an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Wien,
Donnerstag, 18. November 1875
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- 1875-11-25: to Jähns
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Aus Ihrem vortrefflichen „C. M. v. Weber in s. Werken“, welches Buch ich mir gleich bei seinem Erscheinen für unsere Bibliothek u. auch f. mich anschaffte, habe ich mir alsbald jene 2 Nummern, Rondo f. Tenor u Duett, notirt. Meines Wissens existirt von Jos. Haydn keine Oper oder Operette „Der Freybrief“, ich fand sie wenigstens nirgends von ihm selbst oder von Elssler, seinem Copisten, verzeichnet. Obwohl sie auch bei Michael Haydn nicht vorkommt, wäre es jedoch möglich, dass man sie diesem etwa zuschreiben könnte; auch dessen „Hochzeit auf der Alm“ wird oft dem Bruder Joseph zugeschrieben. In einem der Jahrgänge des Musical Directory (etwa 1864 oder 65) findet sich unter Record of Operas, compiled by Thomas Handley, of Southsea, in der alph. Reihenfolge auch „Der Freybrief“ (opta) [Operetta] …. Miller. Welcher Miller oder Müller dies war, kann ich nicht sagen. Ferner findet sich im Dictionnaire Lyrique ou histoire des opéras, par Clement & Larousse, S. 306: „Der Freibrief“ (le Privilége), opéra allemand, musique de J. Miller, representée ou théâtre de la Cour à Sleswig en 1802. – Gassner’s musik. Lexikon nennt einen Julius Miller, geb. 1782 zu Dresden, als Sänger wie als Componisten „ein Genie“. – Fernbach’s wohl unterrichteter Theaterfreund, Berlin 1830, giebt S. 97 „der Freibrief[“], Posse mit Ges. Berl. Lange 797. Endlich noch findet sich in der | Zeitschrift Caecilia, Band XIII, 1831, S. 53 (Intelligenzblatt) eine Anzeige von 13 Opern von Jos. Haydn; die 13t ist unser Freibrief. Woher aber Zulehner, der es nicht immer genau nahm, diesen Brief nahm, ist nicht gesagt*. So viel, oder besser so wenig weiss ich über diesen Punkt bis jetzt zu sagen. Fritz Weber wird Ihnen übrigens eine kleine aber erfreuliche Episode im Weiterleben Haydn’s bieten.
Nachdem ich somit das Geschäftliche abgemacht, lassen Sie‡ mich auch ein Wort des Dankes sagen für Ihre ehrenvollen Zeilen, die ich mir erst zu verdienen habe. Ein Wort der Anerkennung von solcher Hand erhebt und giebt zur Weiterfahrt Muth, und dieser ist nöthig, denn der Weg ist noch lang und die Aufgabe steigert sich mit jedem Schritt.
Meinen Haydn* Ihrer Milde und Nachsicht empfehlend zeichne ich
mit dem Ausdrucke vorzüglichster Hochachtung
Ihr ganz ergebener
C. F. Pohl.
Editorial
Summary
nennt ihm Lexika, die die Operette Der Freibrief aufführen, kennt keine solche von Joseph Haydn, würde sie eher dem Bruder zuordnen, aber auch das sei zweifelhaft
Incipit
“Aus Ihrem vortrefflichen “C. M. v. Weber in s. Werken””
Responsibilities
- Übertragung
- Frank Ziegler
Tradition
Text Constitution
-
“Sie”“mich” overwritten with “Sie”
Commentary
-
“… Brief nahm, ist nicht gesagt”Eine diesbezügliche Anfrage von Jähns beim Schott-Verlag blieb erfolglos; vgl. das Antwortschreiben vom 25. November 1875.
-
“… Meinen Haydn”Bd. 1 von Pohls Haydn-Monographie war 1875 in Berlin erschienen, Bd. 2 kam erst 1882 in Leipzig heraus.