Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 6. März 1817

Am 26. Februar. Ferdinando Cortez, von Spontini. Die zweite Aufführung dieser höchst schwierigen und angreifenden Oper gelang eben so schön und vollendet wie die erste, und Signora Sandrini war noch besser bei Stimme und sang mit noch innigerm Ausdruck. Diese ganze kunstvolle Musik ist voll Karakter, Kraft und Reichthum, aber sie muß auch mit solchem Feuer und solcher Pünktlichkeit ausgeführt werden, wenn Klarheit in dieser Harmonieenfülle herrschen soll! Es ist ein karakteristischer Zug in der Instrumentirung, daß die Violinen fast durchaus ein immer wiederkehrendes tremolando haben, auf diesem raschen, wellengleichen Beben der Saiten werden nun die kühnen Schwingungen und überraschenden Modulationen der weit stärker besetzten Blasinstrumente und Singstimmen gleichsam getragen, es bringt Haltung und Einheit in das Ganze und drückt zugleich sehr treffend die innere Unruhe und tiefe Seelenbewegung aus. Daß der geniale Spontini noch mehr Wirkung hervorbringen würde, wenn er nicht immer alle Mittel zu wirken zugleich aufböte, ist wohl nicht zu läugnen, indeß bleibt diese Oper dennoch ein bewundernswürdiges Werk. Zu den vielen Kontrasten welche den Sinn und Styl derselben bestimmen, und auf die wir schon neulich aufmerksam machten, gehören auch diejenigen Scenen, wo eine ferntönende verschiedene Musik zwischen den Gesang durchtönt, wie z.B. bei dem ersten Duett von Cortez und Amazilli. Diese sind eben so originell als ausdrucksvoll. Ganz hinreissend wirkt bei vielen Stellen das hier so meisterhaft ausgeführte Accelerando, dies passende, allmählig wachsende Beschleunigen des Zeitmaaßes entflammt Sänger und Zuhörer, so wie dagegen das fast verlöschende Piano beim Abschiedsduett von Cortez und Amazily auch tiefgreifend war. Freundliche Anerkennung verdient das ernste würdevolle Spiel des Signore Benincasa um so mehr da wir gewöhnlich ihn mehr in komischen Rollen zu sehen pflegen.