Carl Klein to Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Kopenhagen, Thursday, November 29, 1877
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- 1876-06-22: an Jähns
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- 1877-12-31: to Jähns
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- 1876-06-22: to Jähns
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- 1877-12-31: to Jähns
Mein lieber theurer Freund!
Empfangen Sie hiemit meinen herzlichsten Dank für Ihren lieben Brief v. 10 d. M. Mein Bruder Louis seine Eigenthümer sind jetzt durch‡ öffentlicher Auction verkauft worden, u zwar seine „Landstelle“‡ für 63700 Kron: (ohngefähr gegen 70000 Reichsmark). Die mir vermachten Möbel (NB nach meinen Eltern) habe ich jetzt empfangen, Hrn Rengert* bitte ich zu grüßen. Was Sie über die ihm gewordenen Verluste mittheilen thut mir sehr leid. Hoffentlich wird Ihr Fußleiden jetzt gehoben sein. Da ich vor einiger Zeit auch durch enge Stiefel am freien Gehen behindert worden bin, kenne ich ein solch unerträgliches Uebel aus Erfahrung.
Für das gesandte Liederheft meinen herzlichsten Dank; die Lieder gefallen mir sehr. Der Name des Malers, den ich in einem früheren Schreiben erwähnte, ist: „Blunk“*. –
Die Hoffnung hatte ich bereits ganz aufgegeben die Textbücher zum „Freischütz“ u. „Preciosa“ anzukaufen, indem beide seit über 20 Jahren nicht im Buchhandel zu haben sind. –
Gestern habe ich mich‡ in meines kleinen Carls Gesellschaft, aufs Neue einen Versuch gemacht u 15 verschiedene Buchhandlungen und Antiquariatshandlungen besucht, u. war dann so glücklich beide v. 2 verschiedenen Antiquaren‡ zu erlangen. Für „Preciosa“ zahlte ich 1 Krone; (ein weniges über einer Reichsmark) für Oehlenschläger’s „Freischütz“ 3 Reichsmark. Es hat von letzterem Text nie ein anderer existirt. Diese beiden folgen in Kreuz Convolut*. ‡Ich muß bemerken, daß die Scene in Oehlenschl „Jagerbruden“, Pag. 46 bis 51 (2 Linien‡) gedichtet ist, aber nicht hier benutzt wird bei der Aufführung*. Et afsides Sted i Skoven. deutsch: „Ein abgelegener Ort im Wald.“ Ich erwarte täglich einen schwedischen Text aus Stockholm. Gestern besuchte ich Berggreen, und wird er | mir die gewünschten Aufklärungen baldigst zustellen. Berggreen kränkelt, u. läßt herzlich grüßen‡ Professor J.P.E Hartmann traf ich Sonntag d. 18. d. M. in der Nähe meiner Wohnung, und begleitete ihn zur Frauenkirche. Ich überbrachte ihn einen Gruß von Ihnen, den er auf’s freundlichste erwiedern läßt. Er hat mir ebenfalls versprochen das Nähere mitzutheilen für Sie, über seinen Sohn Emil. Professor Paulli ist Capellmeister beim königl. Theater, und werde ich über ihn das Nähere mittheilen sobald ich vorerst mit Hartmann die Sache besprochen habe.
U[e]ber JPE Hartmann habe ich bereits Einiges niedergeschrieben, welches hinreichend sein dürfte*, so wie auch über F. Kuhlau, dessen „Schaffen“ sehr kurz behandelt ist in „Schuberth Lexikon“ welches ich besitze. U[e]ber Weyse wäre auch noch Einiges hinzuzu‡fügen, der doch ebenfalls als Componist einen bedeutenden Ruf hat. Fink hat in der „Cæcilia“ 23r Band, (Heft 90) 1844, einen Nekrolog über Weyse geschrieben der hinreichenden Stoff geben dürfte. Dies Heft besitze ich, aber Sie werden es ja leicht habhaft werden können in Berlin auf den Bibliotheken. In das Ihnen von Berggreen geschenkte Buch: „Biographie v. Weyse“ finden Sie am Schlusse ein vollständiges Verzeichniß seiner Compositionen.
Ich habe beschlossen die Bücher als Paquet abzusenden welches wahrscheinlich billiger ist, jedoch werde ich vorerst mit meinem Geschäftsmann, Axel, darüber mich verständigen, wenn er heute um 4 zum Mittag-Essen kömmt. Axel ist fortwährend fleißig und beliebt von seinem Principal. | Louis hat außerordentliches Interesse für sein mekanisches Geschäft. Obgleich nur 1 ½ Jahr im Geschäft und folglich noch immer Lehrling, so ist der merkwürdige Zufall eingetroffen‡, daß 4 der tüchtigsten Gesellen ihn als Lehrer in Mathematik und Geometri angenommen haben‡. Er verdient dadurch, u. durch den ihn jeden Sonnabend zukommenden kleinen Lohn, schon soviel, daß er sich selbst kleiden kann. Von Neujahr an erhält er noch mehrere Ehren. Dies scheint doch ein Beweis, wie Louis geachtet wird als Theoretiker. Als Praktiker hat er schon einen guten Namen.
Den Gesellen reicht es ja auch zur Ehre daß sie sich theoretisch ausbilden, und zwar — von einem Lehrling ihrer Werkstätte.
Ihrem Wunsche gemäß habe ich alles „franco“ gesandt. Bitte, lieber Freund, thun Sie es künftig auch so, denn Sie haben die ihrigen Sendungen voriges Mal‡ nicht hinreichend frankirt, weshalb ich noch 33 öre (gegen 40 Pfennige?) nachzahlen mußte. Die Post verdient dadurch ein „schmähliches“ Geld was ihr von Rechtswegen nicht zukömmt.
Anina läßt sich auf’s freundlichste bedanken für das kleine Blumenbouquet von Onkel Jähns. Sie hüpfte vor | Freude, und übersendet hiedurch einen Dank u. herzlichsten Gruß mit der Versicherung, daß Sie gelegentlich davon überzeugt werden sollen, daß s‡ie oftmals in Liebe mit ihren Gedanken in Berlin bei Ihnen verweilt.
Was Sie schon Schönes und Gutes für mich, meine Ida, so wie für meine Kinder aussprechen kömmt ja von einem guten und liebevollen Herzen, wird aber auch in dankbaren Herzen aufbewahrt.
In der Hoffnung daß ich Sie bald durch einen nacheilenden Brief, nebst Manuscript, erfreue, verbleibe ich mit den besten Grüssen Ihr allzeit
treuer Freund
Carl Klein
Editorial
Summary
schickt ihm Freischütz-Tb von Oehlenschläger u. Preciosa Tb, die er endlich im Antiquariat kaufen konnte, sonst nur persönliche Mitteilungen
Incipit
“Empfangen Sie hiemit meinen herzlichsten Dank”
Responsibilities
- Übertragung
- Frank Ziegler
Tradition
Text Constitution
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“durch”added above
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“„Landstelle“”uncertain transcription
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“mich”crossed out
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“v. 2 verschiedenen Antiquaren”added above
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“… folgen in Kreuz Convolut .”Ergänzung am Rand notiert mit Platzierungsvermerk: bis „Ort im Wald.“
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“zu”added above
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“eingetroffen”added above
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“haben”added above
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“Mal”added above
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“s”“S” overwritten with “s”
-
“als”added above
Commentary
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“… jetzt empfangen, H rn Rengert”Im Berliner Adressbuch für 1877 finden sich mehrere Namenträger; die Person ist nicht zuzuordnen.
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“… früheren Schreiben erwähnte, ist: Blunk”Detlev Conrad Blunck (1798‒1854).
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“… beiden folgen in Kreuz Convolut”Das übersendete Buch zu Preciosa aus „L. Jordans Forlag“ Kopenhagen (Druck von C. Lund) aus der Reihe „Theater-Repertoire“ Nr. 1, enthaltend die dänische Übersetzung von Caspar Johannes Boye, befindet sich heute in D-B, Weberiana Cl. VI [Kasten 1], Nr. 8b, jenes zum Freischütz in der dänischen Übersetzung von Oehlenschläger als Jaegerbruden (Kopenhagen: C. A. Reitzel, 1821) ebd. Weberiana Cl. VII, Bd. 69.
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“Linien”recte “Zeilen”.