Carl Klein to Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Kopenhagen, Monday, March 24, 1879

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Mein theurer Freund Jähns!

Ihr Brief v. 22 d. M. erhielt ich heute früh, und beeile mich denselben sofort zu beantworten. Sein Anfang setzte mich in Erstaunen, und betrübte mich, indem ich bereits d. 9 Novbr mein Antwortschreiben auf d. Ihrigen v. 28/10 auf d. Post abgab. Ich besitze keinen späteren v. Ihnen. In Kürze werde ich nochmals, der Erinnerung nach, den Inhalt hier wiederhohlen. Wie ich damals mit Gade sprach sagte er mir, daß die von Ihnen citirte Stelle im 3ten Act (22 Tacte)* in al der Zeit daß er Mitglied der kgl: Kapelle gewesen, gestrichen sei. Seiner Aufforderung zufolge sprach ich auch mit den Singmeister beim Theater, Gerlach, der in Verein mit mir die v. Weber übersandte Partitur ansah. Es ist ganz recht wie Gade mir berichtete; nur die 22 Takte sind übersprungen, und deshalb durchstrichen, u: wird die Oper sonst gegeben wie die Partitur es anzeigt. – Weber’s Brief an Zink, (mit Partitur) ist vom 11 Juli 1821., und habe ich eine Abschrift, Berggreen das Original. | In dem Briefe der verloren ist, habe ich wohl auch so viel ich errinnere darüber geschrieben, daß bei der ersten Aufführung des Freischützen nach Webers Tod eine Epilog declamirt, bestehend im Vortrag des Oelenschläger’schen Gedichts (wovon ich Ihnen die Uebersetzung veranstaltete*) u. ein Chor nach einer Melodie im Freischütz gesungen wurde. Haben Sie diese Mittheilung???

Ich wollte daß Sie den Freischützen einmal hier anhörten, denn unsere Capelle ist als vorzüglich anerkannt. Sobald ich Gade, Hartmann, Sanne und Berggreen treffe, werde ich Grüße bestellen. Letzterer ist sehr übel dran, da er nach Sanne seiner Aussage blödsinnig ist. Sanne sagte mir vor einiger Zeit daß Ihre Composition zur Aufführung kommen würde zu Ostern, u. zwar in d. Frauenkirche. Ich kann nicht faßen, daß Sie nicht schon im Besitz der Uebersetzung sind, da Sanne, wie ich ihn drum bat, mir die Antwortung gab, daß er sie an Berggreen gegeben zur weitern Beförderung an Sie. Hat Berggreen sie unter seinen Papieren, so kömmt sie nicht mehr an d. Tag, u. muß ich mir eine neue Abschrift erbitten. |

Olavesen hat die Stimmen vertheilt, aber es hat Schwierigkeiten sie die Künstler zu sammeln an einen Freiabend, weil sie alle 3. Mitglieder der Capelle sind. Ich hoffe wenn nicht früher, daß wir das Trio* in einem der Osterfeiertage hören werden. Von meiner Ida habe ich die herzlichsten Grüße, so wie auch von Axel, Carl und Anina, die sich sämtlich freuen wenn Nachrichten von Freund Jähns in Berlin arriviren.

Mein Louis ist jetzt angestellt im Zeichenbureau auf „Eulau-Wilhelmshütte.“ angestellt Die Maschinen Fabrik liegt in der Nähe von Sprottau zwischen Berlin und Breslau. Er reiste den 11 Januar von hier, kehrte ein in eine Hôtel in Berlin, u. ging sogleich am Abend mit einem kleinen kurzgefaßten Brief zu Ihnen. Ihr Mädchen sagte daß Sie in Gesellschaft wären, und erst spät zu nach Hause kommen würden. Den andern Vormittag reiste er weiter. Seine letztgenannte Nachricht: „daß Sie in Gesellschaft wären“, ließ uns hoffen daß Ihr Zustand sich gebessert, und Sie bei guter Gesundheit sein müssten. | Louis befindet sich wohl in seiner neuen Umgebung, u. nach seinen Briefen zu urtheilen kömmt er in mehreren Familien u. scheint sehr beliebt zu sein. Ohne Hülfe hätte er nicht reisen können, u. erhielt ich kgl. ReiseUnterstützung, da er auf’s beste empfohlen war von der hiesigen teknischen Schule. Seine ersten Zeichnungen auf „Wilhelmshütte“ haben viele Anerkennung gefunden. Der General Director A. Mestern* daselbst, hat in einen Brief sich dahin geäußert: „daß er (Louis) baldigst, seinen Leistungen entsprechend, salarirt werden würde.“ Gott gebe, daß wir bald die Freude haben dürften. Uebermorgen, Mittwoch d. 26sten ist sein 20jähriger Geburtstag, und haben wir alle heute Briefe abgesandt, die ihn sicherlich viel Freude machen werden. Von meinen ältesten Kinder[n] (3 Halbgeschwister v. Louis) erhält er auch Schreiben so wie von mehreren Freunden. Mein theurer Freund Jähns, nun bitte ich um baldige Nachricht ob die heutige Mittheilung neu ist, oder ob sie die schon besitzen? Gott gebe daß ich so glüklich sein könnte, Sie u Louis zu besuchen. Wann aber? Louis schrieb letzt: „daß er sich eine solche Freude gar nicht denken könnte.[]Die Berichtigung“ werde ich nächstens übersetzen, aber ich weiß nicht in wie fern ich Selbige veröffentlichen kann, da man hier mit solchen Bekanntmachungen sehr eigen ist. Als „Inserat“ würde es zu theuer werden.

|

Und nun mein theurer Freund schließe ich mit den herzlichsten Grüßen | von Ihrem stets treu ergebenen Freund Carl Klein. Bitte entschuldigen mein Geschmier, aber ich habe keine Ruhe zum Schreiben, da meine Frau, Carl, Anina, 2 Cousinen u. 1 Vetter meiner Frau, mich fortwährend stören.

Editorial

Summary

wiederholt seine Mitteilungen aus dem Brief vom 9. November, da er fürchtet, dass er verloren gegangen sei, sonst nur persönlicher Inhalt

Incipit

Ihren Brief v. 22 d. M. erhielt ich heute früh

Responsibilities

Übertragung
Frank Ziegler

Tradition

  • Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Shelf mark: Weberiana Cl. X, Nr. 331

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)

Text Constitution

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  • “sprach”added above
  • “daß”added above
  • “ist”sic!
  • “e”crossed out
  • “declamirt”added above
  • “ung”crossed out
  • “sie”crossed out
  • “die Künstler”added above
  • “angestellt”crossed out
  • “zu”crossed out
  • “nach”added above
  • “guter”added above
  • “Reise”added above
  • (Louis)added above
  • “20jähriger”added above
  • “v. Louisadded below
  • “… Berichtigung werde ich nächstens über”Fortsetzung auf der vierten, dritten und zweiten Briefseite am Rand:
  • “… Freund schließe ich mit den”ie überschrieben mit en
  • “… ich mit den herzlichsten Grüßen”n nachgetragen
  • “… ergebenen Freund Carl Klein .”auf der ersten Briefseite am Rand notiert:

Commentary

  • “… 3 ten Act (22 Tacte)”Der Freischütz, Finale III Nr. 16, T. 231‒252.
  • “… ich Ihnen die Uebersetzung veranstaltete”Kleins Übersetzung von Oehlenschlägers Gedicht Carl Maria Webers Minde „Den hulde Tone lyder“ (mit Jähns’ Datierung auf den Dezember 1872) befindet sich heute in D-B, Weberiana Vl. V [Mappe XX], Abt. 8. 6, Nr. 85c.
  • “… früher, daß wir das Trio”Vermutlich Jähns’ Trio op. 10.
  • “… Der General Director A. Mestern”Adolf Mestern (gest. August 1883).

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