Korrespondenz-Nachrichten aus Mannheim (Mai 1812)
Aus Mannheim.
Die diesjährige Maimesse, nicht eben besonders arm an Käufern und Verkäufern, hatte das Schicksal, daß ein eigner Befehl des jetzt hier residirenden Hofes diesmal allen Curiositäten, Savoyardenjungen, Orgelmännern und dgl. den Zutritt untersagte. Nur zwei Ausnahmen wurden gemacht, die eine zu Gunsten einer recht interessanten Sammlung ausländischer Thiere, die andre rücksichtlich eines weiblichen Zwergs*, 18 Monat alt und eben so viele Zolle groß, sonst aber gar nicht zwergartig, sondern ganz proportionirt gebaut; man konnte das Kind schön nennen, schielte es nicht mit dem einen Auge.
Der berühmte Sänger Brizzi hat vor kurzem hier ein Konzert* mit vielem Beifall gegeben; noch im Laufe des Mai’s wird er drei Vorstellungen in der italienischen Oper Achille* geben.
Die regierende Großherzogin hat seit ihrer diesmaligen Anwesenheit wieder einer musikalischen Aufführung und einer Damengesellschaft im hiesigen Museum beigewohnt. Zur Feier Ihrer Rückkehr wurde bei erster Gelegenheit eine Cantate von Gottfried Weber* aufgeführt.
Editorial
General Remark
Zuschreibung: zu G. Webers Texten in Jg. 12 der Zeitung für die elegante Welt vgl. Weber-Studien Bd. 4/1, Vorwort, S. 44f.
Creation
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Tradition
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Text Source: Zeitung für die elegante Welt, Jg. 12, Nr. 119 (15. Juni 1812), col. 952
Commentary
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“Brizzi hat vor … hier ein Konzert”Zu Antonio Brizzis Konzert vom 24. April 1812 vgl. Kom. 1812-V-23.
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“Cantate von Gottfried Weber”Zu dieser nicht erhaltenen Kantate vgl. auch den Bericht in: Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 6, Nr. 118 (16. Mai 1812), S. 472: Bey ihrem ersten Besuche [im Museum] begrüßte sie [Großherzogin Stephanie] die musikalische Sektion durch eine französische Kantate, gedichtet von Alexander von Dusch, und von G. Weber trefflich komponirt. Demnach handelte es sich nicht um die bei Lemke, S. 61, angegebene Kantate zum Empfange unserer liebenswürdigen Frau Großherzogin mit dem Text O schöner Tag!, zumal diese erst am 4. Oktober 1816 zum Empfang der Großherzogin Stephanie in Mainz aufgeführt wurde (vgl. Philipp Weber, Unsere Familie. Ein Lebensbild Gottfried Webers seiner Vorfahren Verwandten und Nachkommen, Darmstadt 1920, S. 36). Damit sind die bei Lemke, S. 61, unter 4) und 5) genannten Kantaten (entgegen der Vermutung in der Anm.) nicht identisch. G. Weber hatte Meyerbeer die französische Cantate zur Privatrezension zugeschickt, jedoch keine Anwort erhalten; vgl. den Brief von Wilhelm Beer an Meyerbeer mit einem Auszug aus einem Brief von Gottfried Weber an Carl Maria von Weber 12. Juli 1812 in: Becker (Meyerbeer), Bd. 1, S. 195.