Friedrich Wilhelm Jähns to Robert Musiol in Röhrsdorf
Berlin, Wednesday, March 18, 1885
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Mein dummer Schreibekrampf drückt mir wieder den Bleistift in die Hand, u. doch will ich Ihnen danken, herzlichst danken, daß Sie mir eine so große Freude mit dem schönen Bilde von Dichter des Freischützen* gemacht, von welchem Sie sich gewiß sehr schwer getrennt haben. Nur der Grund, daß Sie es mir schenkten, u. den Sie, da Sie doch ganz richtig annahmen, daß es sofort auf der K. Bibliothek in der großen Weber-Sammlung von mir niedergelegt werden würde – nur dieser Grund hat mich bewogen, Ihr so warm u. lieb dargebrachtes Geschenk anzunehmen, den Sie so‡ schön wahr und rührend mit dem Ausdrucke bezeichnen: „Ihnen gebe ich’s eben so gern. Gilt’s doch einem Besseren, Höheren, als wir Beide sind.“ – Ja, das ist wahr, rührend und so schön! | Und darum Dank, Dank, Dank Ihnen, lieber Musiol! – –
In den nächsten Tagen lege ich es in der Bibl. ein* denn für einige Tage u. einige liebe Menschen muß ich es noch allein besitzen! –
Ja, bei mir ist schlechte Zeit! Wir haben an dem Verstorbenen einen geliebten herrlichen Menschen verloren. Meine arme recht kranke Frau ist von diesem schweren Schlage doppelt getroffen, und so bange ich denn sehr um die treue Seele, mit der ich im Laufe dieses Sommers die goldne Hochzeit würde feiern können, wenn es‡ dem Einen oder dem Andern noch vergönnt sein sollte. – Vielleicht dass eine mir höchst nöthige Badereise mich überhaupt verhindert an dem Tage mit ihr zusammen | zu sein, da sie das Zimmer wegen Schwindel u. fast gänzlicher Unbeweglichkeit so gut wie gar nicht verlassen kann. – Noch weiß ich es nicht, wie das alles sich gestalten wird. Ich selbst bin vielfach leidend, aber ich kann noch arbeiten u. das ist ein großes Glück u. hält mich aufrecht. – Sein Sie nicht böse, daß ich das Benedicamus noch nicht zurücksendete. Jetzt hoffe ich an die Erledigung der Sache zu gehen, um welche ich mich bei meinen Besuchen der Bibl. wiederholt umgesehn u. nach u. nach die Überzeugung gewonnen habe, daß das Benedictus‡ doch wohl von Weber selbst herrühre zum speziellen Zweck für die Dresdner Hofkirche, was auch ganz mit Ihrer Ansicht zusammentrifft. – Haben Sie die andern 3 Stücke erkannt? Doch Sie haben keine Zeit an diese Frage zu | setzen, was ganz natürlich bei Ihrer vielseitigen u. vielgestaltigen Thätigkeit. Die Vorderseite u. auch die Rückseite‡ des Facsimiles* bringt ein Fragment von W.’s op. 38: Divertimento für Pfte. u. Guitarre. (J.-W. No 217.) Die Rückseite in das Benedictus‡ hineingeschrieben: die Singstimme des Liedes „Judäa, hochgelobtes Land“ op. 80. N. 2. (J.-W. No. 269) – ferner am Schluß des Facsmiles: 3 Tacte Wolfsschlucht-Motiv gleich nach dem Zwiegespräch zwischen Caspar u. Samiel nach den Worten: „Es sei! Bei den Pforten der Hölle! Er oder Du!“ – wonach das quaest. Motiv 4 mal in C, G, G u. Dmoll gebracht wird.
Die Erwähnung Ihres Cielchens habe ich mitempfunden. Hat ich’s ein wenig getroffen mit meinem Ihnen Neujahr 84 gesendeten Blättchen? – So hatte ich sie mir gedacht; eine Blüte, die sich selber gab, wo sie erschien. –
Herzliche Grüße an Ihre liebe Gattin von Ihrem getreuen F. W. Jähns.
Editorial
Summary
dankt für Stahlstich von Kind, kommt in die Weberiana-Sammlung auf der Kgl. Bibliothek, erläutert ihm, was auf dem Weberschen Skizzenblatt außer dem Benedicamus noch drauf ist
Incipit
“Mein dummer Schreibekrampf drückt wir wieder”
Responsibilities
- Übertragung
- Frank Ziegler
Tradition
Text Constitution
-
“so”added above
-
“es”added above
-
“Benedictus”sic!
-
“u. auch die Rückseite”added below
-
“Benedictus”sic!
Commentary
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“… Bilde von Dichter des Freischützen”Porträtstich von Friedrich Kind, ausgeführt von Johann Passini nach einer Vorlage von Moritz Michael Daffinger.
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“… es in der Bibl. ein”Heute in D-B, Weberiana Cl. VIII, Heft 2, Nr. 75a.
-
“… auch die Rückseite des Facsimiles”Gemeint ist die Musiol übersandte Fotografie des Weber-Skizzenblattes, auf dem sich auch das Benedicamus Domino befindet.